Auch Landwirte, die einen modernen, grossen Betrieb in der Landwirtschaftszone haben, sollten bei Bauabsichten all die weiteren möglichen Abstandseinschränkungen nicht vergessen. Denn Bauabstände gelten nicht nur gegenüber Nachbarbauten oder in Dorfund Kernzonen. Auch gegenüber Strassen, Gewässern und dem Wald sind gesetzlich vorgeschriebene Abstände einzuhalten.
Grenzabstand teilweise privatrechtlich verhandelbar
In vielen Kantonen ist im kantonalen Baugesetz ein genereller minimaler Grenzabstand von drei Metern oder vier Metern festgelegt, welcher zumindest mit Gebäuden nicht unterschritten werden darf. Häufig erhöht er sich jedoch in Abhängigkeit der Gebäudehöhe oder der Gebäudelänge. Ergänzend können in Baureglementen, den Bauordnungen oder in Zonenvorschriften der Gemeinden grössere Abstände vorgeschrieben sein. Umgekehrt gelten häufig separate kleinere Abstände für Anbauten, Kleinbauten, unterirdische Bauten und Anlagen in der Umgebung. In mehreren Kantonen dürfen diese mit privatrechtlicher Vereinbarung verkleinert oder ganz aufgehoben werden.
Das Zusammenbauen von Gebäuden direkt auf der Grenze wird auch «geschlossene Bauweise» genannt und muss in der entsprechenden Zone explizit zugelassen sein. Ein privates Grenzbaurecht reicht dafür meist nicht aus. Hingegen ist vielerorts auch die private Vereinbarung einer ungleichen Verteilung der beiden notwendigen Grenzabstände (Einhaltung Gebäudeabstand) möglich.
Abstand zu Strassen funktionsbedingt
Für Strassen bestehen nicht überall eigene Grundstücke. Je nach Funktion sind diese im Eigentum von Bund, Kanton, Gemeinde oder Privaten. Die einzuhaltenden Abstände sind deshalb meist in Spezialgesetzen für die entsprechenden Strassen festgelegt und können sehr unterschiedlich sein. Meist liegen die Regelabstände zwischen drei Metern und sechs Metern. Teilweise werden diese ab der Parzellengrenze und andernorts ab dem Strassenrand (ohne Gehweg) gemessen.
Bei landwirtschaftlichen Güterwegen und Flurstrassen lässt sich die Abstandsfrage meist einfach bestimmen.
Für wichtige öffentliche Strassen und für Quartiererschliessungen in der Bauzone sind häufig auch Sondernutzungspläne – sogenannte Erschliessungspläne – vorhanden. In diesen Plänen sind anstelle von gesetzlichen Abständen Baulinien definiert. Bei landwirtschaftlichen Güterwegen und Flurstrassen lässt sich die Abstandsfrage meist einfach bestimmen. Hier gilt es, vorab bei der örtlichen Verwaltung zu klären, ob es sich um eine öffentliche Strasse handelt.
Für Bauten und Anlagen zwischen Gebäude und Strasse ist auch zu berücksichtigen, dass die Behörden bei Strassenverzweigungen und Ein- und Ausfahrten nebst dem eigentlichen Abstand aus Verkehrssicherheitsgründen zusätzlich konkrete Freihaltebereiche (Sichtzonen) verfügen müssen.
Nutzungspläne regeln Gewässer abstände
Seit 2011 ist im Gewässerschutzgesetz des Bundes (GSchG) und in der Gewässerschutzverordnung (GSchV) verankert, dass die Kantone den Raumbedarf der Gewässer mit der Ausscheidung eines Gewässerraumes grundeigentümerverbindlich nach den bundesweit vorgegebenen Kriterien neu regeln müssen. Auch die möglichen Ausnahmen, in denen die Kantone auf eine Ausscheidung verzichten dürfen, ist bundesweit geregelt. Eine Delegation der Planungsaufgabe an die Gemeinden war zulässig. Die Neuregelung mit konkret und individuell in Nutzungsplänen ausgeschiedenem Gewässerraum löst frühere kantonale Bestimmungen mit anderen, weniger strengen Abstandsregelungen ab.
Es gibt Kantone und Gemeinden, die noch immer nicht über eine vollständige, rechtsverbindliche Ausscheidung der Gewässerräume verfügen. Dort gelten nach wie vor die folgenden sehr strengen Übergangsbestimmungen (siehe Kasten).
Gewässerabstände ohne Nutzungsplan
Übergangsbestimmungen zur Änderung vom 4. Mai 2011 (GSchV)
- Die Kantone legen den Gewässerraum gemäss den Artikeln 41a und 41b bis zum 31. Dezember 2018 fest.
- Solange sie den Gewässerraum nicht festgelegt haben, gelten die Vorschriften für Anlagen nach Artikel 41c Absätze 1 und 2 entlang von Gewässern auf einem beid seitigen Streifen mit einer Breite von je:
a) 8 m plus die Breite der bestehenden Gerinnesohle bei Fliessgewässern mit einer Gerinnesohle bis 12 Meter Breite;
b) 20 m bei Fliessgewässern mit einer bestehenden Gerinne sohle von mehr als 12 Meter Breite
c) 20 m bei stehenden Ge wässern mit einer Wasserfläche von mehr als 0,5 Hektaren.
Waldabstand kantonal sehr unterschiedlich
Nach Art. 17 des Waldgesetzes (WaG) legen die Kantone angemessene Mindestabstände für Bauten und Anlagen gegenüber dem Waldrand fest. Zumindest entlang von Bauzonen ist der Waldrand mit einer Waldgrenze in den Nutzungsplänen festgehalten. Andernorts kann mit entsprechendem Interessennachweis zur Klärung der Lage ein Waldfeststellungsverfahren verlangt werden. Die gesetzlichen Minimalabstände für Gebäude in den einzelnen Kantonen variieren sehr stark. Im Kanton Schwyz beträgt der Mindestabstand 15 m. Im Kanton Bern hingegen beträgt er 30 m.
Viele Kantone legen jedoch insbesondere für Kleinbauten, Strassen und andere Anlagen differenzierte kleinere Abstände fest oder verzichten bei einzelnen Strassenkategorien vollständig auf eine Abstandsvorschrift. Auch bestehen in den kantonalen Baugesetzen Regelungen, in welchen Fällen allenfalls Ausnahmebewilligungen möglich sind. Bei Ausweichmöglichkeiten sind jedoch Ausnahmebewilligungen generell kaum erhältlich.
Umweltrecht bestimmt Immissionsabstand
Bei landwirtschaftlichen Stallbauten kommt bei der Suche nach einem geeigneten, bewilligungsfähigen Standort nebst den vorerwähnten Abständen noch der Aspekt der zulässigen Immissionen auf benachbarte Wohnbauten und Bauzonen dazu. Die hierfür notwendigen Abstände müssen anhand der Tierzahlen individuell berechnet werden. Grundlage bildet das schweizweit gültige Umweltrecht.
Diese Auslegeordnung betreffend Abstandvorschriften zeigt auf, dass es auch für landwirtschaftliche Bauten häufig nebst der grundsätzlichen Klärung der Betriebsnotwendigkeit und der Zonenkonformität eines Bauvorhabens schon sehr früh einer konkreten Klärung der örtlich zu beachtenden Abstände bedarf. In jedem Fall empfiehlt es sich, vor der Einreichung eines Baugesuches diesbezüglich erfahrene Planer und Berater beizuziehen.