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Betriebsführung

Betreutes Wohnen als Chance für Mensch und Betrieb

Das Schlimmste in Sachen Corona scheint im Moment vorbei zu sein. Doch die Pandemie hat vielen Menschen zugesetzt. Psychische Probleme, Burnouts und persönliche Krisen haben Hochkonjunktur. Was oft hilft sind eine geregelte Tagesstruktur und ein einfaches, geerdetes Leben auf dem Bauernhof. «Carefarming» kann Gutes bewirken, gerade in den Bergen. Das zeigen zwei Beispiele aus dem Emmental und dem Kanton Obwalden.

Die betreuten Personen sind im Alltag des Bauernhofs im Emmental integriert. So wie hier bei den Vorbereitungen für eine Hochzeitsfeier.

Die betreuten Personen sind im Alltag des Bauernhofs im Emmental integriert. So wie hier bei den Vorbereitungen für eine Hochzeitsfeier.

(Bild:Yannick Andrea, Schweizer Berghilfe)

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«Eine Zeit lang war es sehr heftig», sagt Salome Wieland, wenn sie an die Zeiten von Lockdown und Einschränkungen zurückdenkt. Die Bergbäuerin aus dem Emmental bewirtschaftet zusammen mit ihrem Mann Thom in Röthenbach den nicht ganz alltäglichen Bio-Betrieb «Wielandleben». Man kann dort vor wunderschöner Kulisse heiraten, im uralten Spycher übernachten oder im Hofladen diverse selbstgemachte Produkte kaufen. Oder auch ein bisschen vor dem medialen Dauerfeuer in Sachen Pandemie flüchten. Wielands bieten auf ihrem Hof drei Plätze für betreutes Wohnen sowie bis zu acht Plätze für betreute Tagesstruktur an. Für die Familie einer von vielen Betriebszweigen und die Möglichkeit, der Gesellschaft etwas zurückzugeben. Hauptsächlich leben und arbeiten bei Wielands Menschen mit leichter Behinderung oder kognitiven Einschränkungen, seit Corona sind es aber klar mehr Menschen mit psychisch bedingten Problemen.

«Es waren Leute querbeet aus allen Gesellschaftsschichten, die ihr Leben vorher im Griff hatten.» 

Salome Wieland, Bäuerin

Bereits kurz nach Beginn des ersten Lockdowns kamen die ersten Anfragen von Menschen, die mit der Pandemie und deren Auswirkungen nicht klarkamen. «Es waren Leute querbeet aus allen Gesellschaftsschichten, die ihr Leben vorher im Griff hatten», so Salome Wieland. Personen, denen es in der Stadt zu eng wurde und die Angstzustände bekamen, aber auch Manager mit Burnout, die plötzlich keinen Sinn mehr in ihrem Leben sahen. «Wir hätten doppelt so viele Leute aufnehmen können wie zuvor.» Doch die maximale Anzahl Betreuungsplätze auf ihrem Hof ist beschränkt.

Neue Angebote geschaffen

Wielands könnten nicht so ohne weiteres mehr Menschen bei sich aufnehmen. Denn ihr Aufwand hat sich vervielfacht. Die Pandemie mit ihren Unsicherheiten und Einschränkungen hat den Klientinnen und Klienten zugesetzt. «Wir mussten ständig Krisenintervention betreiben, ein normales gemeinsames Mittagessen hatte plötzlich Seltenheitswert», so Salome Wieland. Als Konsequenz führten sie einen wöchentlichen Spielnachmittag ein sowie regelmässige Gesprächsrunden. «Das hat viel gebracht.» Für die Leitung dieser neuen Angebote konnten Wielands Freiwillige gewinnen. Alleine hätten sie es nicht geschafft. Sie haben ja nebenbei noch einen Hof zu führen.

Salome und Thom Wieland konnten ihren Betrieb mit Unterstützung der Schweizer Berghilfe laufend ausbauen. Die rein spendenfinanzierte Stiftung hat somit auch das «Carefarming» bei Wielandleben im Emmental ermöglicht. Noch direkter dem Betreuungsangebot zugute kam die Berghilfe-Unterstützung bei Familie Gasser in Lungern.

Aus Wochenend- wird Dauergast

Gassers bewirtschaften am Brünigpass einen kleinen Bergbauernbetrieb. Schon seit Jahrzehnten nehmen sie jeweils Pflegekinder in ihrer Familie auf. Vor fünf Jahren unterstützte die Schweizer Berghilfe Mutter Fränzi bei einer Weiterbildung. Der Studiengang «Coaching in Alltag, Therapie und Beratung» brachte ihr das theoretische Wissen, das sie in den Jahren zuvor trotz viel Praxiserfahrung manchmal vermisst hatte.

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Fränzi Gasser beim Büffeln für ihre Weiterbildung im Bereich Coaching. Bei deren Finanzierung wurde die Bergbäuerin von der Schweizer Berghilfe unterstützt.

(Bild: Yannick Andrea, Schweizer Berghilfe)

Als der erste Lockdown verkündet wurde, sass bei Gassers am Küchentisch auch ein Primarschüler, der eigentlich in einem Heim lebte, aber jeweils an den Wochenenden bei Gassers ein bisschen normalen Familienalltag erleben durfte. Das Heim wurde vorübergehend geschlossen, der Junge blieb vorläufig bei Gassers. Heute wohnt er immer noch dort und ist schon fast ein Teil der Familie geworden. «Rückblickend kann man wohl sagen, dass für ihn die Pandemie ein Glücksfall war», sagt Fränzi Gasser. Er habe sich in dem liebevollen und strukturierten Umfeld fangen können, habe grosse Fortschritte gemacht und sei viel gefestigter als zuvor.

«Wenn es aus eigener Kraft nicht reicht, kann die Berghilfe einspringen.»

Patrick Zollinger, Schweizer Berghilfe

Die Betreuung von Menschen in schwierigen Lebenssituationen auf Bauernhöfen in den Bergen ist eine für die Gesellschaft wichtige Dienstleistung. Und die Bauernfamilien können sich damit einen wichtigen Zustupf verdienen. «Die Investitionen, die zur Schaffung von Betreuungsplätzen nötig sind, können jedoch schnell einmal das Budget einer Bergbauernfamilie sprengen», sagt Patrick Zollinger, Projektleiter bei der Schweizer Berghilfe und verspricht: «Wenn es aus eigener Kraft nicht reicht, kann die Berghilfe einspringen.»

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Zu Familie Gasser gehören immer auch einige Pflegekinder. Sie sind im Familienalltag voll integriert, sei es am Znachttisch oder beim Heuen. 

(Bild: Yannick Andrea, Schweizer Berghilfe)

Schweizer Berghilfe

Die Schweizer Berghilfe ist eine ausschliesslich durch Spenden finanzierte Stiftung mit dem Ziel, die Existenzgrundlagen und Lebensbedingungen der Schweizer Bergbevölkerung zu verbessern. Die Unterstützung trägt dazu bei, der Abwanderung aus dem Berggebiet entgegenzuwirken. Die Unterstützung der Schweizer Berghilfe löst ein Mehrfaches an Investitionen aus, die primär beim lokalen Gewerbe Wertschöpfung und Arbeitsplätze schaffen. Die Schweizer Berghilfe trägt das Gütesiegel der Stiftung Zewo.

Quelle: Schweizer Berghilfe

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