Landwirt L führt einen etwa 20 ha grossen Betrieb. Er plant den Bau einer neuen Geflügelmasthalle für bis zu 9000 Poulets. Die kantonalen Behörden erteilten ihm die dafür erforderlichen Bewilligungen. Mehrere Nachbarn wehrten sich dagegen bis vor das Bundesgericht. Grund dafür waren unter anderem die voraussichtlichen Geruchsstoff-Emissionen des geplanten Stalls.
Gemäss der Luftreinhalteverordnung des Bundes (LRV) müssen bei der Errichtung von Tierhaltungsanlagen bestimmte Mindestabstände zu bewohnten Zonen eingehalten werden. Seit 1995 stützten sich die Behörden bei der Berechnung dieser Mindestabstände auf den sogenannten FAT-Bericht 1995 der damaligen Eidgenössischen Forschungsanstalt für Betriebswirtschaft und Landtechnik (FAT, neu Agroscope). 2005 publizierte Agroscope zusammen mit dem Bundesamt für Umwelt (BAFU) einen Entwurf zur Revision dieses Berichts. Aufgrund der starken Opposition gegen den Entwurf wurde er wieder zurückgezogen, beeinflusste in der Folge aber trotzdem die kantonale Praxis. 2018 publizierte Agroscope neue Empfehlungen.
Das Bundesgericht bestätigte seine bisherige Rechtsprechung, wonach bei der Berechnung des Mindestabstandes grundsätzlich auf die neuen Empfehlungen Agroscope 2018 abzustellen sei. Es stellte fest, dass das Bauvorhaben von L weder den erforderlichen Mindestabstand nach den Empfehlungen Agroscope 2018 noch denjenigen nach dem Entwurf 2005 einhalte. Entsprechend sei das Projekt aktuell nicht bewilligungsfähig. Die Beschwerde der Nachbarn wurde gutgeheissen.
Das Bundesgericht hält es nicht für ausgeschlossen, dass die Geflügelmasthalle mit einem wirkungsvolleren Abluftreinigungssystem doch noch bewilligt werden könnte.
Allerdings hält das Bundesgericht es nicht für ausgeschlossen, dass die Geflügelmasthalle mit einem wirkungsvolleren Abluftreinigungssystem (einem DLG-geprüften Biowäscher), mit dessen Einbau sich L grundsätzlich einverstanden erklärt hatte, doch noch bewilligt werden könnte. Es wies die Sache deshalb zur neuen Beurteilung an die erste Instanz zurück und gewährte L die Möglichkeit, sein Bauprojekt entsprechend anzupassen.
Urteil 1C_113 / 2022 vom 13.4.2023