In der öffentlichen Wahrnehmung leben die Bauernfamilien zu einem grossen Teil von den Direktzahlungen des Staates. Die Realität sieht anders aus. Die einheimischen Bauernfamilien produzieren jährlich Güter im Wert von knapp 11 Milliarden Franken. Gesamthaft erhalten sie 2.8 Milliarden Direktzahlungen. Sprich: Vier von fünf Franken ihrer Einnahmen generieren die Landwirtschaftsbetriebe über den Verkauf ihrer Produkte. Entsprechend wichtig sind angemessene Produzentenpreise für ihre wirtschaftliche Lage.
Direktvermarktung ist für Bauernbetriebe ein Weg, um durch die Umgehung des Flaschenhalses von Verarbeitung und Handel die Wertschöpfung auf dem Betrieb zu erhöhen. Sie sind dadurch auch nahe am Markt und können so sehr flexibel und innovativ auf Konsumentenbedürfnisse eingehen. Diese schätzen die so sichergestellte Saisonalität und Rückverfolgbarkeit, die Informationen zur Produktionsweise, die Margentransparenz und dass dort auch Produkte gekauft werden können, die nicht den gängigen Handelsnormen entsprechen. Mit dem Corona-Ausnahmezustand entdeckten neue Menschen dieses Angebot, wie der Ansturm auf die Hofläden zeigte. Gemäss einer Umfrage der Fachhochschule Luzern möchte die Bevölkerung auch nach Corona beim Einkaufen mehr auf Regionalität achten und mehr in Bauernhofläden einkaufen. Das zeigt, dass sie Vertrauen in die lokalen Bauernbetriebe hat, die regionale Produktion schätzt und – sofern sie genügend Zeit hat – gerne nutzt. Und auch wenn die Nachfrage wieder abflacht, zeigte die Erfahrung, dass zusätzliches Marktpotential vorhanden ist.
Der Schweizer Bauernverband will dieses gezielt nutzen. Er hat verschiedene Projekte und Zusammenarbeiten z.B. mit Gastro- und Hotelleriesuisse, TWINT oder Too Good To Go lanciert, um die Bauernfamilien in der Direktvermarktung zu unterstützen. Zentrale Anlaufstelle für alle Angebote ist die Webseite vomhof.ch. Dort können die Betriebe auch geeignetes Verpackungsmaterial bei uns bestellen. Direktvermarktung ist ein wertvolles Tor zu den Konsumenten. Sie schafft Nähe und gegenseitiges Verständnis. Damit dient sie der gesamten Landwirtschaft und hilft mit, angemessene Produzentenpreise auch in den übrigen Absatzkanälen zu erzielen.
Fakten rund um die Direktvermarktung
Gemäss der letzten Statistik waren 2016 knapp 22 % der Betriebe in der Direktvermarktung aktiv. Setzt man die Entwicklung linear fort, dann ist es heute jeder vierte Betrieb. Zirka 7 % des Gesamtertrages der Schweizer Landwirtschaft von knapp 11 Milliarden Franken wird in Hofläden, an Wochenmärkten oder im Abo direkt vermarktet. Der Anteil ist je nach Produkt unterschiedlich gross. Besonders bedeutsam ist die Direktvermarktung bei Kirschen (geschätzt 40 %), Eiern (geschätzt 30 %), Beeren (geschätzt 20 %), anderem Obst und Wein (geschätzt 10 %). Gemüse, Kartoffeln oder Rindfleisch dürfte sich im durchschnittlichen Bereich bewegen, während sie bei Milch, Getreide, Geflügel- oder Schweinefleisch kaum ins Gewicht fällt (geschätzt <1 %). In bevölkerungsreichen und stadtnahen Regionen wird generell mehr direkt vermarktet.
Quelle: Schweizer Bauernverband