In der Schweiz hatte der Hanfanbau lange Tradition. Verdrängt wurde er in erster Linie durch günstigere Rohstoffe wie Baumwolle und Nylon zur Herstellung von Textilien. Die Revision des Betäubungsmittelgesetzes Mitte der 1970er-Jahre liess die Kultur schliesslich fast ganz von den Schweizer Äckern verschwinden.
Anspruchslos und vielseitig
Obwohl der Anbau als Faser-, Nahrungsund Medizinpflanze seit rund zehn Jahren ein Revival erlebt, ist das Potenzial der Kultur noch lange nicht ausgeschöpft. Dies möchte Martin Klöti ändern. Nicht nur, weil er davon überzeugt ist, dass es sich bei Hanf um einen vielseitig verwertbaren Rohstoff handelt, sondern vor allem auch deshalb, weil er beweisen will, dass eine ökologische und nachhaltige Kreislaufwirtschaft auf dieser Basis funktioniert: Landwirtschaftsbetriebe pflanzen das robuste Gewächs, das keinen Dünger benötigt, an und verarbeiten die Ernte zu Halbfabrikaten, welche sie mit Gewinn verkaufen können. In der Region angesiedelte Gewerbebetriebe verarbeiten die Bestandteile des Hanfs zu Textilien oder Isolationsstoffen, und aus den Samen des Sommerhanfs können zudem Lebensmittel und Kosmetika hergestellt werden.
Technische Tücken überwunden
Um es nicht bei guten Absichten bewenden zu lassen, gründete Martin Klöti 2017 in Glarus die Genossenschaft Glärnisch Textil und begann mit der Verarbeitung der Hanfpflanzen, die ihm aus mehreren Teilen der Schweiz geliefert wurden. Eine Staubexplosion mit anschliessendem Grossbrand machten diese Pläne im Oktober 2020 vorerst zunichte, doch Martin Klöti gab nicht auf.
Von der Genossenschaft zur GmbH
Die «Glärnisch Textil» war bis vor Kurzem eine Genossenschaft. Angesichts des breiten Tätigkeitsbereichs des Unternehmens, aber auch, um mehr Investorinnen und Investoren zu gewinnen, wurde Glärnisch Textil im September 2023 in die Simsal GmbH umgewandelt. In diesem Zusammenhang hatte Martin Klöti den bisherigen Genossenschafterinnen und Genossenschaftern das Angebot gemacht, sämtliche Anteilscheine zum vollen, seinerzeit bezahlten Betrag zurückzukaufen. Umgekehrt waren und sind Investitionen oder verzinsbare Darlehen von bisherigen und neuen Geldgebern willkommen. Die Simsal GmbH ist nun als zentrale Institution zuständig für Organisation, Koordination und Befähigung zum Aufbau der dezentralen Regionen.
Die grosse Maschine steht mittlerweile still. Die Gefahr einer zweiten Staubexplosion ist zu gross, und der Stromverbrauch ist hoch. Zudem musste Martin Klöti feststellen, dass sich die riesige Maschine für die Verarbeitung nur bedingt eignet. Daher setzt er nun auf eine dezentrale Erstverarbeitung auf den Betrieben. Für die maschinelle Ernte des Sommerhanfs stehen bereits alte Mähdrescher zur Verfügung. Für die Ernte des ersten Winterhanfs im nächsten Februar werden handelsübliche Mähbinder angeschafft. Um die Finanzierung zu vereinfachen, wurde die Genossenschaft im September zudem zur Simsal GmbH umgewandelt (siehe Kasten).
Regional lokale Kreisläufe
Die Aufgabe des Unternehmens besteht darin, engagierte Landwirtinnen und Landwirte auszubilden und sie mit allem Notwendigen auszustatten, damit Ihnen der Hanfanbau ein Einkommen generiert. Weil beim Hanf die Nachfrage grösser ist als das Angebot, garantiert Martin Klöti Landwirtschaftsbetrieben die Abnahme ihrer Ernte.
Martin Klöti, Simsal GmbH«Für viele Landwirtschaftsbetriebe ist der Hanf auch eine interessante Winterkultur.»
Das Konzept der lokalen Kreislaufwirtschaft beschränkt sich dabei nicht mehr nur aufs Glarnerland. Innerhalb der Schweiz arbeitet Martin Klöti inzwischen mit interessierten Landwirtinnen und Landwirten gegenwärtig in der Linthebene, rund um Bern, im Zürcher Unterland und rings um den Bachtel im Zürcher Oberland zusammen. Im letzten August sind in der ganzen Schweiz insgesamt 15 Hektaren Winterhanf angesät worden. Aus Italien und im Tessin steht laut Martin Klöti eine funktionsfähige Technologie zur Verarbeitung feiner, langer Hanffasern zu Garnen und Textilien bereit.
Manchmal macht ihm einzig die Finanzierung Sorgen. Es beginne damit, dass viele Landwirtschaftsbetriebe Hemmungen hätten, Hanf anzupflanzen, weil die Pflanze noch immer mit Drogenkonsum in Verbindung gebracht würde, sagt Martin Klöti. Der Pionier ist aber zuversichtlich, dass sich viele noch überzeugen lassen. Dabei ist die Absatzgarantie gemäss Martin Klöti nicht das einzige Argument: «Für viele Landwirtschaftsbetriebe ist der Hanf auch eine interessante Winterkultur. Sie können deshalb nur gewinnen.»
Start-up
2023 zeigt der Landwirtschaftliche Informationsdienst mit seiner Serie Start-up, wie Landwirtschaftsbetriebe und Jungunternehmen gegen seitig von innovativen Geschäftsmodellen profitieren und welchen Herausforderungen sie sich stellen müssen.
Unterstützung und Tipps zu Öffentlichkeitsarbeit und Kundenkontakt auf www.lid.ch/bäuerinnen und bauern