Im Kern besteht ein Gespräch aus dem Stellen und Beantworten von Fragen. Fragen beispielsweise zur aktuellen Stimmung oder zur Anreise ergeben Smalltalk, offene Fragen (was, wann, wo, warum) helfen beim Einstieg ins Gespräch. Auch wenn man den Gesprächspartner auf neue Möglichkeiten aufmerksam machen und ihn anregen will, die eingefahrenen Bahnen zu verlassen, können Fragen eingesetzt werden.
Insbesondere bei konfrontativen Fragen in der Landwirtschaft sind Gegenfragen Gold wert, sagt Bauer Willi. Willi Kremer-Schillings hat knapp 40 Jahre als Ingenieur in der Zuckerbranche gearbeitet, während er im Nebenerwerb in Deutschland einen Ackerbetrieb führte.
Parallel hat er sich mit dem Pseudonym Bauer Willi in der Öffentlichkeitsarbeit engagiert. Seit seiner Pensionierung vor fünf Jahren bespielt er regelmässig seinen Blog mit Artikeln und seinen Youtube-Kanal mit Videos. Sein oberstes Ziel ist es, mehr Respekt für die Arbeit von Landwirten zu erreichen.
Sein Erfolgsrezept: Er stellt Fragen, die zum Nachdenken anregen. Das regt die Diskussion auf seinem Blog an, und wenn besonders kritische Kommentare auf einen Beitrag folgen, gibt ihm das den Anstoss für den nächsten Artikel.
Fünf Tipps wie man Konsumenten zum Nachdenken anregt
- Überhaupt mit Konsumenten ins Gespräch kommen. Proaktiv auf die Leute zugehen und nicht warten, bis man angesprochen wird. Beispielsweise eine Aktion für Leute vom Dorf machen und so ins Gespräch kommen.
- Nicht erklären, sondern erzählen. Die Leute fragen lassen und aus dem eigenen Betrieb erzählen.
- Mit dem Ziel ins Gespräch gehen, die Leute zum Nachdenken anzuregen. Nicht glauben, sie von einer Meinung überzeugen zu müssen.
- Eine einfache Sprache verwenden, Fachbegriffe ausführen.
- Ruhe bewahren und geduldig sein. Den anderen ausreden lassen, nach fragen. Das Gegenüber soll das Gefühl erhalten: «Hey, der interessiert sich für mich!»
Nicht aufregen, Gegenfrage stellen!
Konsumentinnen und Konsumenten zum Nachdenken anregen, könne jeder Landwirt, sagt Bauer Willi. Als Beispiel schildert er das folgende Gedankenspiel: Ich bin auf einem Geburtstag eingeladen und der einzige Landwirt. Ein anderer Gast setzt sich zu mir und fragt, was ich beruflich mache. Ich erzähle ihm, dass ich Landwirt bin und 500 Mastschweine halte. Darauf sagte mein Gegenüber: «Ah, dann bist du auch so ein verdammter Tierquäler!»
Natürlich ärgere sich der Landwirt und wolle sogleich Paroli bieten, sagt Bauer Willi. Statt so richtig in Fahrt zu kommen, könne er aber mithilfe von Fragen dem Kern des Problems auf den Grund gehen. «Schlussendlich bringt es viel mehr, in einer solchen Situation ruhig zu bleiben», ist Willi überzeugt und empfiehlt, zuerst dem Gegenüber das Gesagte nochmals so wiederzugeben: «Du bist also der Meinung, dass ich ein verdammter Tierquäler bin?» Die harten Worte plötzlich an sich selber gerichtet, realisiert der Gesprächspartner womöglich, dass er sich im Ton vergriffen hat.
Dem Problem auf den Grund gehen dank Fragen
Entweder entschuldigt sich der Gesprächspartner oder er bekräftigt seine Meinung. «Egal wie das Gegenüber reagiert, ich kann die Situation nutzen, um nachzufragen», sagt Bauer Willi. Zum Beispiel so: «Bist du der Meinung, dass Schweine in unseren Ställen nicht genug Platz haben? Wie viel Platz bräuchte ein Schwein deiner Ansicht nach?» Das Gegenüber hat sich wohl noch nie richtig Gedanken gemacht zur Fläche, die ein Schwein benötigt und sagt vielleicht in einem trotzigen Ton: «Das weiss ich jetzt nicht, aber ich bin der Meinung, dass alle Schweine frei rumrennen können.»
Statt sich daraufhin über das Unwissen des Gegenübers aufzuregen, könne man gemeinsam die Rechnung durchgehen: «Das klingt interessant, aber wie stellst du dir das denn vor, wenn die Schweine frei rumrennen? Ich habe ja Zuhause Mastschweine, lass uns das einmal durchspielen. 10 Quadratmeter pro Schwein wären schön, aber das hat das Tier bereits nach einer Woche umgeackert. Besser wären 100 Quadratmeter.» Der Landwirt könne dann erklären: «100 Quadratmeter pro Tier wären etwa 7 Fussballfelder. Dann muss ich noch einen Zaun bauen, der wolfssicher ist. Was würdest du mir denn freiwillig mehr bezahlen, wenn ich die Tiere so halten würde?»
Gegenüber zum Nachdenken anregen
Das Gespräch sei zwar nicht gewonnen, aber der Konsument gehe nach Hause und überlege sich immer noch, welchen Preis er bezahlen würde, meint Bauer Willi. Man überrasche den Gesprächspartner, wenn man ihn auf seiner Ebene abholt. Gleichzeitig führt man das Gespräch, ohne dass man dem anderen das Wort abschneidet. Es eignen sich Perspektivenwechsel («Wie sieht die Situation aus Sicht von X aus?»), hypothetische Fragen («Was würde passieren, wenn …?»), Wunderfragen («Was wäre, wenn das Problem morgen gelöst wäre?») oder Begründungsfragen («Wann sind Sie zu dieser Ansicht gekommen?»), die in jeder Situation das Gegenüber reflektieren lassen. «Die Leute müssen verstehen, warum ich so produziere wie ich produziere. Sie müssen wissen, dass ich auch anders produzieren kann, aber dass ich vom Bedürfnis der Konsumenten abhängig bin», sagt Bauer Willi.
Zur Person
Willi Kremer-Schillings bezeichnet sich selbst als Blogger, Bauer und Buchautor. Nach 40 Jahren in der Zuckerindustrie hat er den Brief «Liebe Verbraucher» auf dem Blog eines Bekannten veröffentlicht. Der Beitrag ging viral, seither ist er unter dem Pseudonym Bauer Willi oft für Vorträge unterwegs. Sein Buch «Sauerei» erschien im Piper Verlag.
Internet www.bauerwilli.com
Facebook /derbauerwilli
Twitter @BauerWilli_org
Kommunizieren, aber richtig
Der Landwirtschaftliche Informationsdienst (LID) zeigt 2020 mit der Serie «Kommunizieren, aber richtig» in jeder Ausgabe der UFA-Revue, wie Landwirtinnen und Landwirte mit der richtigen Kommunikation die Landwirtschaft an die Öffentlichkeit tragen können. Hilfreiche Tipps finden Sie im Praxishandbuch «Kommunikation für den Hof» auf www.lid.ch.