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Betriebsführung

Der Landwirtschaftsbetrieb als Aktiengesellschaft

Die meisten Landwirtschaftsbetriebe in der Schweiz werden von Einzelpersonen oder Personengesellschaften geführt. Vermehrt machen sich Betriebsleiterinnen und Betriebsleiter Gedanken, ob die Gründung einer juristischen Person nicht vorteilhaft sein könnte. Claudia und Franz Dober haben den Schritt gewagt und eine AG gegründet.

Claudia und Franz Dober bewirtschafteten ihren 60 Hektaren grossen Munimast-, Schweinemast- und Zuchtsauen-Betrieb seit jeher partnerschaftlich. Seit de...

Claudia und Franz Dober bewirtschafteten ihren 60 Hektaren grossen Munimast-, Schweinemast- und Zuchtsauen-Betrieb seit jeher partnerschaftlich. Seit der Gründung ihrer AG ist Claudia nun CEO und Ehemann Franz ihr Mitarbeiter.

(Bild: Stefan Gantenbein)

Publiziert am

Aktualisiert am

Rechtsanwalt, Ritter Koller AG

Landwirtschaftsbetriebe befinden sich meistens im Eigentum einer natürlichen Person. Die Bewirtschaftung kann ebenfalls durch eine Einzelperson oder aber durch eine Personengesellschaft erfolgen. Beispiele von Personengesellschaften sind Generationengemeinschaften, Ehe- oder Konkubinatspaare, die den Betrieb gemeinsam führen, oder Betriebsund Betriebszweiggemeinschaften. Personengesellschaften wählen als Rechtsform meistens die einfache Gesellschaft gemäss Art. 530 ff. OR.

Verschiedene Organisationsformen denkbar

Denkbar sind aber auch andere Rechtsformen wie beispielsweise eine juristische Person. So könnten sich mehrere Bewirtschafterinnen und Bewirtschafter um einen Pachtbetrieb bewerben und diesen in der Folge als Aktiengesellschaft (AG) oder als Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) führen. Als weitere Möglichkeit kann der Landwirtschaftsbetrieb in eine juristische Person überführt werden. Die Aktionärin oder der Aktionär ist in diesem Fall Eigentümerin oder Eigentümer der Aktien. Demgegenüber befinden sich die Vermögenswerte (Liegenschaft, Betriebsinventar) im Eigentum der juristischen Person. Relativ häufig kommt es vor, dass eine Landwirtin oder ein Landwirt nichtlandwirtschaftliche Tätigkeiten in eine AG oder eine GmbH auslagert. Beispiele dazu sind Lohnunternehmen, Handelsunternehmen oder private Immobilien.

Merkblatt gibt ersten Überblick

Was aber müssen Betriebsleiterinnen und Betriebsleiter wissen, wenn sie ihren Landwirtschaftsbetrieb oder einen nichtlandwirtschaftlichen Nebenbetrieb in eine juristische Person einbringen wollen? Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein und welche rechtlichen Konsequenzen sind zu erwarten? Und nicht zuletzt: Wo liegen die Vorteile? Das sind Fragen, mit denen sich Landwirtinnen und Landwirte immer öfter beschäftigen. Damit Betriebsleiterinnen und Betriebsleiter einen ersten Überblick über die für Landwirtschaftsbetriebe als AG oder GmbH im Agrarrecht geltenden Sonderbestimmungen und über die Unterschiede einer AG beziehungsweise GmbH zu natürlichen Personen erhalten, hat das Landwirtschaftliche Zentrum Liebegg in enger Zusammenarbeit mit der Kanzlei Ritter und Koller AG und der Bütler Treuhand AG kürzlich ein Merkblatt herausgegeben (siehe Kasten).

Juristische Personen in der Landwirtschaft

Der Vollzug in den Bereichen Bodenrecht und Direktzahlungen ist in den einzelnen Kantonen unterschiedlich. Es empfiehlt sich deshalb, sich rechtzeitig bei den kantonalen Ämtern zu informieren. Im Kanton Aargau gilt:

Bodenrecht. Damit eine Erwerbsbewilligung erteilt werden kann, müssen 90 Prozent der Gesellschafter Selbstbewirtschafter sein. Aktienkäufe sind bewilligungspflichtig. Da dies ausserhalb des Grundbuchs erfolgt, braucht es eine entsprechende Regelung in den Statuten. Damit ein Gewerbe dem bäuerlichen Bodenrecht auch bei Zukauf nichtlandwirtschaftlicher Aktiven unterstellt bleibt, muss das landwirtschaftliche Gewerbe Hauptaktivum der juristischen Person bleiben. Dieser Grundsatz ist in den Statuten festzuhalten.

Direktzahlungen. Die Beitragsberechtigung einer juristischen Person (Art. 3 Abs. 2 Direktzahlungsverordnung) wird primär bei deren Erstregistrierung geprüft. Grundlage für die Prüfung bilden der Handelsregistereintrag sowie allfällige weitere Gründungsdokumente. Zudem wird vorausgesetzt, dass alle Gesellschafter mit 10 oder mehr Prozent Beteiligung die Anforderungen bezüglich Ausbildung, Alter und Wohnsitz erfüllen. In den Folgejahren findet keine systematische Überprüfung mehr statt. Eine Neubeurteilung erfolgt jedoch in jedem Fall bei Veränderung der Gesellschafterstruktur.

Merkblatt: Juristische Personen in der Landwirtschaft

Entscheidungsraster

Die Überführung eines Landwirtschaftsbetriebes oder eines nichtlandwirtschaftlichen Nebenbetriebes in eine juristische Person kann aus unterschiedlichen Gründen erfolgen. Für eine erste Einschätzung, ob die Gründung einer juristischen Person wesentliche Vorteile gegenüber der aktuellen Rechtsform (Einzelperson, Personengesellschaft) brächte, enthält das Merkblatt ein Entscheidungsraster. Ergibt sich nach dem Ausfüllen des Entscheidungsrasters eine positive Gesamtsumme, ist die Gründung einer juristischen Person prüfenswert. Ein negativer Wert hingegen lässt vermuten, dass eine juristische Person gegenüber der aktuellen Rechtsform keinen namhaften Nutzen bringt.

Für die Gründung einer juristischen Person ist genügend Zeit einzurechnen.

Schritt für Schritt zur Gründung

Für die Gründung einer juristischen Person ist genügend Zeit einzurechnen. Viel Zeit beansprucht der strategische Entscheid, ob eine juristische Person gegründet werden soll, welcher sorgfältig zu fällen ist. Wenn sich anhand des Entscheidungsrasters ergibt, dass die Gründung einer juristischen Person prüfenswert ist, ist zusammen mit kompetenten Beratungspersonen (Betriebsberatung, Treuhänder, Anwalt / Notar usw.) der Gründungsentscheid zu fällen. Danach sind die Gründungsdokumente zu erstellen, die nötigen Vorabklärungen zu treffen und schliesslich die juristische Person zu gründen und das Vermögen (Bilanz) an die juristische Person zu übertragen. Nicht zu unterschätzen ist der nebst der Gründung entstehende administrative Aufwand für den neuen Auftritt im Geschäftsverkehr als AG oder GmbH. Im Merkblatt wird schematisch dargestellt, wie ein Landwirtschaftsbetrieb Schritt für Schritt in eine AG oder GmbH eingebracht wird und mit welchem Zeitaufwand dafür zu rechnen ist. 

Die Gründung einer AG ist ein Generationenprojekt

Wie kommt es, dass Sie am Ende Ihres Erwerbslebens eine Aktiengesellschaft gründen?

Franz Dober: Ich habe das Rentenalter bereits erreicht, die Hofnachfolge ist jedoch noch nicht geregelt. Mit der Gründung der AG gewinnen wir Zeit und Flexibilität und können den Betrieb trotzdem wie gewohnt weiterführen, ohne Handänderung. Der einzige Unterschied ist, dass meine jüngere Frau nun als Betriebsleiterin und Geschäftsführerin fungiert und ich ihr Mitarbeiter bin.

Wie muss man das mit der Flexibilität verstehen?

Claudia Dober: Der ganze Betrieb gehört jetzt nicht mehr uns, sondern der AG, bei der wir beide gegen einen Lohn angestellt sind. Die Besitzverhältnisse ändern sich nun nicht mehr, unabhängig davon, ob wir den Betrieb weiter bewirtschaften oder später verpachten. Nach einer Sperrfrist von fünf Jahren können wir Aktien verkaufen oder an Nachkommen oder Dritte übertragen, ohne dass dies unsere private Steuersituation beeinflusst.

Was geschieht mit dem Betrieb oder mit der AG, wenn sie beide einmal nicht mehr sind?

Claudia Dober: Die Gründung einer AG war aufwendig und lohnt sich nur als Generationenprojekt. Nach unserem Tod gehen die Aktien an die nächste Generation über. Wenn jemand aus der Familie den Betrieb selbst bewirtschaften will, geschieht dies wie sonst zum Ertragswert.

Franz Dober: Unsere Nachfolger können den Betrieb aber auch verpachten. Die AG hat dann anstelle eines Ertrags aus der landwirtschaftlichen Tätigkeit einen Liegenschaften-Ertrag und kann weiterbestehen.

Interview: Stefan Gantenbein

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