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Betriebsführung

Im Wettlauf mit dem Wolf

Der Wolf stellt vor allem die Schafsömmerung vor grosse Herausforderungen. Die letzte Alpsaison hat die Grenzen des Herdenschutzes aufgezeigt. Um ein unerwünschtes Wettrüsten zu vermeiden, hilft nur eine Kombination aus Herdenschutz, gezielten Wolf-Abschüssen und einer Regulierung der Population.

Die Wolfpräsenz hat den freien Weidegang weitgehend verdrängt. Der heute kompakte Umtrieb der Herde ist aufwendiger und bildet gleichzeitig auch die Gru...

Die Wolfpräsenz hat den freien Weidegang weitgehend verdrängt. Der heute kompakte Umtrieb der Herde ist aufwendiger und bildet gleichzeitig auch die Grundlage für den wirksamen Einsatz von Herdenschutzhunden. 

(Bild: Agridea)

Publiziert am

 

Die exponentielle Ausbreitung des Wolfes in Frankreich und Deutschland hat aufgezeigt, dass die entscheidenden Faktoren im Herdenschutz vor Grossraubtieren sowohl deren Lebensraumvoraussetzungen wie auch die landwirtschaftlichen Strukturen sind. Die Berglandwirtschaft ist deshalb doppelt betroffen: Einerseits hat sich der Lebensraum für Wolf, Luchs und Bär teils durch Nutzungsänderungen, teils durch ein attraktiveres Beuteangebot ausgeweitet. Andererseits basiert die Berglandwirtschaft hauptsächlich auf der Tierhaltung, die von der traditionellen Weidewirtschaft geprägt ist. Seit drei Jahren erleben wir auch im Schweizer Berggebiet, dass die rasante Entwicklung der Wolfspopulation sowohl umwelt- wie auch agrarpolitische Anpassungen erfordert.

Grenzen und Anforderungen in der Schafsömmerung

Dank der Einführung von zusätzlichen Sömmerungsbeiträgen für die gelenkte Weideführung bei den Schafen im Jahr 2000 ist der freie Weidegang vor allem auf den grösseren Alpen von den Umtriebsweiden und den behirteten Alpen abgelöst worden.

Betriebe mit kleineren Herden müssen entscheiden, wie viel Aufwand sie selber noch tragen können.

Da erst ab einer Herdengrösse von 400 bis 500 Tieren das Personal für eine konsequente Herdenführung finanziert werden kann, hat sich der Systemwandel jedoch verlangsamt. Betriebe mit kleineren Herden müssen entscheiden, wie viel Aufwand sie für Zäune und Herdenschutzhunde selber noch tragen können oder ob es möglich ist, mit einer grösseren Alp zusammenzuarbeiten. Ansonsten besteht die Gefahr, dass bei konstantem, erhöhtem Wolfsdruck die kleinen, unerschlossenen und nur mit Kleinvieh zu bewirtschaftenden Flächen aufgegeben werden. Wie viele Flächen bisher aufgrund dieser Situation bereits aufgegeben wurden, ist nicht einfach zu evaluieren, da bei einer Nutzungsänderung oder -aufgabe meistens verschiedene Faktoren mitspielen.

Qualifiziertes Personal als Voraussetzung

Neben diesen strukturellen Voraussetzungen hat sich auf den Alpen, die ihre Weidesysteme angepasst haben, herausgestellt, dass bei konstantem und erhöhtem Wolfsdruck die Arbeitsbelastung für Hirten sowie Hüte- und Schutzhunde ansteigt. Die kompakte Herdenführung wie auch der sorgfältige Einsatz von Herdenschutzhunden ist anspruchsvoller und bewirkt vermehrte Kontrollgänge und längere Arbeitstage. Dies führt zu einem erhöhten Bedarf an erfahrenen Hirten sowie zu erhöhten Anforderungen an die Qualität von Hüte- und Herdenschutzhunden.

Sorgfältiger und gezielter Einsatz von Elektrozäunen

Der Einsatz von Elektrozäunen für die Koppelhaltung von Kleinvieh und die Umtriebsweiden gehören in der Schweiz zur langjährigen üblichen Praxis. Wenn diese Zäune nun nicht nur das Ausbrechen der Tiere und die Weideführung bestimmen sollen, sondern auch Grossraubtiere davon abhalten müssen, in die Weiden einzudringen, erhöhen sich auch hier die Anforderungen. Es gilt beim Unterhalt und beim Aufbau, immer aus der Sicht dieser zwei Perspektiven zu planen und zu arbeiten. Dies bedeutet, dass für die Effizienz der Zäune ein besonderes Augenmerk auf allfällige Schwachstellen wie Bachläufe, Wegdurchgänge oder Waldränder und steiles oder verbuschtes Gelände zu richten ist. Während auf der Alp vor allem Zaunmaterial für Nachtpferche dem Herdenschutz dient, ist es im Talgebiet die Verstärkung bestehender Zaunsysteme.

Eine fachgerechte Beratung im Fachhandel hilft dabei, das richtige Material auszuwählen.

Inzwischen sind einige neue Zauntypen auf dem Markt etabliert, die mit schwarz-weissen und blau-weissen Litzenfarben für Tiere besser sichtbar sind. Ebenso kommen verschiedenartige Netze, bezüglich Maschengrösse, Gewicht und Pfahlmaterialien, zum Einsatz. Eine fachgerechte Beratung im Fachhandel hilft dabei, das richtige Material auszuwählen. Zudem bieten die Beratungsstelle für Unfallverhütung in der Landwirtschaft (BUL) und die Agridea Weiterbildungen zum effizienten und zielführenden Einsatz von Zäunen an.

Auf alle Fälle ergibt sich daraus ein Mehraufwand bezüglich Material und Unterhalt. Auf den Talbetrieben gilt es, beim Erstellen der Zäune sowohl die Risikoperiode wie auch den Aspekt der Weidegeburten zu berücksichtigen – dies insbesondere auch beim Rindvieh in Gebieten mit konstantem Wolfsdruck.

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Hirtenstelle: Damit auch in Zukunft kompetentes Hirtenpersonal auf den Sömmerungsbetrieben anpackt, stehen die heutigen Rahmenbedingungen bezüglich Infrastruktur, Ausbildung und gerechten Alplöhnen zur Diskussion. 

(Bild: Agridea)

Häufung von Angriffen auf Rindvieh

Falls sich bei den Wölfen Lernprozesse abzeichnen, welche auf die Überwindung von Zäunen hindeuten, gilt es, frühzeitig zu reagieren und die Weideführung gegebenenfalls anzupassen oder Abschussbewilligungen einzuleiten.

Als zumutbare Schutzmassnahme für die Sömmerung gilt eine Abkalbekoppel mit zwei Litzen für die ersten zwei Lebenswochen.

Da sich Angriffe auf Rindvieh bisher sehr selten ereignet haben, gab es bis 2020 keine Schadensquoten. Dies hat sich im letzten Jahr geändert, ereigneten sich doch während des vergangenen Alpsommers ebenso viele Rindviehrisse wie in den letzten 20 Jahren zusammen. Seit Inkrafttreten der angepassten Jagdverordnung im letzten Sommer können ab zwei gerissenen Rindern Wölfe legal geschossen werden. Als zumutbare Schutzmassnahme für die Sömmerung gilt dabei eine Abkalbekoppel mit zwei Litzen, die dazu dient, dass der Schutz durch die Mutter geleistet werden kann. Bei älteren Jungtieren wird für allfällige Abschussbewilligungen keine weitere Schutzmassnahme verlangt.

Mit korrekt erstellten Zäunen, mit vier bis fünf Litzen, ist es trotzdem möglich, Kälber und Jungvieh ohne Mütter zu schützen. Allerdings ist der Schutz durch einen Elektrozaun nur auf kleineren Flächen wirtschaftlich und arbeitstechnisch tragbar. Für die oft sehr weitläufigen Sömmerungsweiden der Jungviehherden taugen Schutzzäune meistens nicht.

Obwohl es einzelne Betriebe in der Schweiz gibt, die Herdenschutzhunde zum Rindviehschutz einsetzen, ist auch diese Variante meistens nicht praktikabel. Nach heutigem nationalen und internationalen Wissenstand gibt es keinen wirksamen Schutz für Jungvieh in der Sömmerung ohne Mutterschutz in Abkalbekoppeln oder in kleinen Kälberweiden. 

Schutzmassnahmen und Schadschwellen

Anerkannte Schutzmassnahmen des Bundesamtes für Umwelt (BAFU) 

  • Für Schafe und Ziegen im Talgebiet (LN-Flächen): korrekt erstellte Elektrozäune mit mindestens 3000 V Stromspannung und vier Litzen oder mindestens 90 cm hohe Weidenetze. 
  • Für Schafe und Ziegen im Sömmerungsgebiet: Herden mit mindestens 2 Herdenschutzhunden oder korrekt eingezäunter Übernachtungsplatz. 
  • Für Rindviehherden in der Sömmerung: Abkalbekoppel mit zwei Litzen während der ersten zwei Wochen nach der Geburt.

Schadensschwellen zum legalen Abschuss von Wölfen, wenn Schutzmassnahmen umgesetzt wurden 

  • Bei Schafen und Ziegen: 25 tote Tiere innerhalb von 4 Monaten, 15 tote Tiere innerhalb von 1 Monat oder 10 tote Tiere, wenn früher bereits Schäden auftraten. 
  • Bei Rindern, Pferden und Neuweltkameliden: 2 tote Tiere innerhalb von 4 Monaten

Gesetzliche Grundlage ist die seit 1. Juli 2021 gültige Eidgenössische Jagdverordnung (JSV).

Weitere Informationen für die Tierhalter (Merkblätter Agridea) 

www.protectiondestroupeaux.ch

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