Unter einem vorzeitigen Bezug der Vorsorgegelder versteht man den ganzen oder teilweisen Bezug des Sparguthabens vor der Pensionierung. Ein solcher Bezug ist nur unter bestimmten, durch Gesetz oder Rechtsprechung definierten Voraussetzungen möglich. Als Barauszahlungsgrund gilt die Auflösung des Vorsorgeverhältnisses, wenn der Vorsorgenehmer die Schweiz endgültig in ein Nicht-EU/EFTA-Land verlässt, eine selbstständige Erwerbstätigkeit aufnimmt und nicht mehr der obligatorischen beruflichen Vorsorge untersteht oder die Austrittsleistung weniger als einen Jahresbeitrag beträgt.
Barauszahlung bei Investitionen in Betrieb
Ausserdem kann eine Barauszahlung der Vorsorgegelder der 2. Säule für eine betriebliche Investition verlangt werden. Zulässige Investitionen für landwirtschaftliche Betriebe sind beispielsweise der Kauf eines Landwirtschaftsbetriebes, der Kauf von Landwirtschaftsland, der Neu- oder Umbau von Betriebsgebäuden oder die Errichtung von Fotovol taikund Biogasanlagen zur Energieerzeugung.
Bei einem WEF-Vorbezug wird das Vorsorgeverhältnis nicht aufgelöst.
Damit die Barauszahlung für betriebliche Investitionen verlangt werden kann, muss die versicherte Person bei der zuständigen Ausgleichskasse als selbstständigerwerbend registriert sein. Hat sie ausserdem Einkäufe in die 2. Säule getätigt, darf sie frühestens nach Ablauf von drei Jahren nach dem Einkauf einen entsprechenden Antrag auf die Barauszahlung stellen. Grundsätzlich darf die Barauszahlung während der Ausübung der selbstständigen Erwerbstätigkeit nur einmal und bis fünf Jahre vor dem Rücktrittsalter des massgebenden Reglements verlangt werden. Es gelten keine Mindest- oder Höchstbeträge, da das gesamte Vorsorgeverhältnis inklusive mitversicherter Risikoleistungen aufgelöst wird.
Einfluss des Vorbezugs auf die Altersvorsorge und den Risikoschutz
Eine Barauszahlung hat immer zur Folge, dass das gesamte Vorsorgeverhältnis, das heisst Altersvorsorge und Risikoschutz, aufgelöst wird. Eine freiwillige Rückzahlung des Guthabens ist daher nicht möglich. Aufgrund dieser einschneidenden Konsequenz sollte sowohl die private als auch die betriebliche Situation im Vorfeld evaluiert werden. Es empfiehlt sich, die Altersvorsorge und den Risikoschutz im Rahmen der freien Vorsorge (Säule 3b) zu prüfen.
Beim WEF-Vorbezug führt das tiefere Guthaben in jedem Fall zu einer Reduktion der aktuellen und zukünftigen Vorsorgeleistungen aus der Altersvorsorge. Dieses Guthaben kann durch eine freiwillige Rückzahlung des Vorbezugs in die 2. Säule zurückgeführt werden und ist bis drei Jahre vor Erreichen des Rücktrittsalters möglich. Es ist ferner zu beachten, dass Einkäufe in die 2. Säule erst wieder getätigt werden können, wenn der Vorbezug vollständig zurückbezahlt wurde.
Vorbezug für Wohneigentum (WEF)
Ferner kann die Altersleistung im Rahmen der Wohneigentumsförderung (WEF) vorzeitig ausgerichtet werden für selbstgenutztes Wohneigentum. Das heisst, für den Erwerb und die Erstellung von Wohneigentum, für eine wertvermehrende oder werterhaltende Investition am Wohneigentum, für eine Rückzahlung von Hypothekardarlehen auf dem Wohneigentum oder für den Erwerb von Beteiligungen an einem Wohneigentum. Die versicherte Person muss das betreffende Wohneigentum bereits vor oder unmittelbar nach dem Vorbezug bewohnen. Hat sie ausserdem Einkäufe in die 2. Säule getätigt, dürfen die daraus resultierenden Leistungen innerhalb von drei Jahren nicht als Vorbezug entnommen werden. Ein Vorbezug für Wohneigentum kann ansonsten alle fünf Jahre geltend gemacht werden.
Nach dem Vorbezug sinken die Risikoleistungen.
Im Gegensatz zur Barauszahlung wird bei einem WEF-Vorbezug das Vorsorgeverhältnis nicht aufgelöst, und der Vorsorgenehmer bleibt im Bereich der Risikovorsorge grundsätzlich weiter versichert. Sind die Risikoleistungen im Beitragsprimat versichert, werden sie auf der Grundlage des vorhandenen Altersguthabens festgesetzt und hängen von den bezahlten Beiträgen inklusive Verzinsung ab. Nach dem Vorbezug sinken die Risikoleistungen wegen des tieferen Guthabens.
Alter beeinflusst Höchstbetrag
Im Rahmen der 2. Säule ist der Vorbezug bis drei Jahre vor dem Rücktrittsalter des massgebenden Reglements möglich. In der 2. Säule gelten für die Höhe des Vorbezugs Mindest- und Höchstbeträge. Die minimale Vorbezugssumme beträgt 20 000 Franken. Die maximale Summe ist abhängig vom Alter der versicherten Person zum Zeitpunkt der Auszahlung. Bis Alter 50 ist der Höchstbetrag gleich dem aktuellen Altersguthaben. Ab Alter 50 ist der Höchstbetrag entweder das Altersguthaben mit Alter 50 oder die Hälfte des aktuellen Guthabens zum Zeitpunkt des Bezugs, falls dieser Betrag höher ist.
Bei verheirateten oder in eingetragener Partnerschaft lebenden Personen ist die vorzeitige Ausrichtung der Altersleistungen bei sämtlichen Barauszahlungsgründen sowie für selbst genutztes Wohneigentum nur zulässig, wenn der Ehegatte, die eingetragene Partnerin oder der eingetragene Partner schriftlich zustimmt.
Unabhängig davon, ob es sich um eine Barauszahlung oder einen Vorbezug handelt, empfiehlt sich eine Überprüfung und gegebenenfalls eine Anpassung der Vorsorgesituation.
Verpfändung als Alter native zum Vorbezug
Es ist möglich, anstelle eines Vorbezugs das Pensionskassenguthaben der Bank als Sicherheit für eine Hypothek zu verpfänden. Dadurch verringert sich das Guthaben nicht, da es zu keiner Auszahlung kommt. Die Risikoleistungen sind nicht davon berührt. Im Gegensatz zum Vorbezug erhöhen sich bei der Verpfändung die Hypothek und entsprechend auch die Hypozinsen. Es gilt deshalb, die Vor- und Nachteile beider Möglichkeiten abzuwägen.