Die landwirtschaftliche Fläche, die in der Schweiz für Gemüseanbau genutzt wird, hat in der letzten Dekade zugenommen. Durch den Einsatz von Hilfsstoffen wie Pestiziden oder Dünger ist der Anbau vergleichsweise ressourcenintensiv. Gleichzeitig steigt aber auch der gesellschaftliche Druck auf die gesamte Landwirtschaft.
«Es erstaunt nicht, dass im Gemüseanbau intensiv nach Lösungen gesucht wird, um die Umwelteinflüsse zu reduzieren.»
Allein sieben Initiativen wurden seit 2016 eingereicht, die allesamt landwirtschaftliche oder ernährungspolitische Themen behandeln. Es erstaunt deshalb nicht, dass intensiv nach Lösungen gesucht wird, um die Umwelteinflüsse der Landwirtschaft zu reduzieren. Insbesondere die Gemüsebaubetriebe versuchen bewusst, dieses Ziel mittels digitaler Technik zu erreichen. Es ist deshalb von grossem Interesse, besonders vielversprechende Technologien zu identifizieren und Massnahmen aufzuzeigen, mit denen deren Einsatz gefördert wird.
Expertenbefragung liefert Antworten
Um eine Prognose über die Technologienutzung im Schweizer Freilandgemüsebau zu erstellen, hat die Forschungsgruppe Automatisierung und Arbeitsgestaltung von Agroscope Ende 2020 eine Expertenbefragung in Form einer sogenannten Delphi-Online-Umfrage mit insgesamt 34 Expertinnen und Experten durchgeführt.
«Bei Delphi-Befragungen ist es wichtig, dass die Expertinnen und Experten anonym bleiben.»
Der Personenkreis wurde aufgrund seines Wissens in den Bereichen Freilandgemüsebau und digitale Technologien ausgewählt und umfasste verschiedene Bereiche wie Anbau, Forschung und Beratung. Bei Delphi-Befragungen ist es wichtig, dass die Expertinnen und Experten anonym bleiben, um Meinungen möglichst frei äussern und überdenken zu können. Die Delphi-Befragung bestand aus zwei Runden, wobei den einzelnen Expertinnen und Experten in der zweiten Befragungsrunde die Durchschnittswerte der Gruppeneinschätzung rückgemeldet wurden.
Potenzial beim Hacken und bei der Bewässerung
Die Befragten sahen besonders viel Potenzial für die Nutzung elektronischer Messsysteme im Bereich des Hackens und der Bewässerung. In beiden Bereichen schätzten sie, dass in zehn Jahren mehr als 50 Prozent der Freilandgemüsebetriebe diese Technologien nutzen werden (Grafik 3). Noch im Jahr 2018 lag der Anteil bei rund zehn Prozent.
Fahrerassistenzsysteme wie beispielsweise Tempomaten oder automatische Lenksysteme sind schon vergleichsweise stark in der Praxis verbreitet. Die befragten Expertinnen und Experten prognostizieren, dass sich diese Systeme auch künftig auf einem hohen Niveau verbreiten werden. Kaum Potenzial sehen die Befragten hingegen in der Nutzung von Spritzdrohnen für den Gemüsebau. Bereits in der ersten Befragungsrunde schätzten 70 Prozent der Experten die Verbreitung in zehn Jahren nicht höher als zehn Prozent ein. Aus diesem Grund wurde bei der zweiten Fragerunde der Drohneneinsatz nicht mehr abgefragt und ist deshalb in der Grafik 3nicht ersichtlich.
Ressourcen als grosser Treiber
Bei den fördernden Faktoren der Technologienutzung zeigt sich, dass insgesamt 88 Prozent der Befragten das Einsparen von Ressourcen als wichtigsten Grund sehen, um digitale Technologien zu nutzen (Grafik 1).Je die Hälfte der Befragten hat zudem angegeben, dass der Einsatz von digitaler Technik es Gemüsebaubetrieben ermöglicht, die gesetzlichen Vorgaben besser einzuhalten, die Kosten tiefer zu halten und somit höhere Einnahmen zu erzielen. Ebenfalls positiv werteten sie, dass mit diesen Technologien Zeit oder Arbeit eingespart werden könne.
Kosten und Zuverlässigkeit als Hürde
Als mögliche Gründe gegen den Einsatz von Digitaltechnik spielen insbesondere die hohen Investitionen und der technische Reifegrad eine wichtige Rolle (Grafik 2).Viele Anwendungen werden als noch zu wenig ausgereift oder zu anfällig auf Störungen und Ausfälle wahrgenommen. Als weiteres Hindernis wurde fehlendes Wissen oder eine fehlende Ausbildung bei möglichen Anwenderinnen und Anwendern aufgeführt.
Wissenstransfer für Fortschritt
Die Erkenntnisse aus der Befragung bieten eine weitere Grundlage, um auch Bildungsangebote im Bereich Smart Farming weiterzuentwickeln (siehe Box).Der Wissensaustausch zwischen Produktion, Beratung und Forschung bildet die Voraussetzung für den technischen Fortschritt in der Landwirtschaft.
Weiterbildung Smart Farming
Um digitale Technologien in der landwirtschaftlichen Produktion erfolgreich einzusetzen, muss für jeden Bereich spezifisches Wissen aufgebaut werden. Einige Grundlagen gelten jedoch überall. Verschiedene landwirtschaftliche Bildungszentren vermitteln dieses Basiswissen zusammengefasst im Weiter-bildungs-Modul Smart Farming (BF30). Das Modul wird primär im Rahmen der Betriebsleiterschule angeboten. Sind genügend freie Plätze vorhanden, steht das Angebot auch Fachhörerinnen und Fachhörern offen, die über das Kompetenzniveau EFZ im Berufsfeld Landwirtschaft verfügen.
Das Modul vermittelt die Möglichkeiten des Datenmanagements. Weitere Schwerpunkte liegen in den Bereichen Sensorik, globales Navigationssatellitensystem (GNSS) und Geographisches Informationssystem (GIS).
Weitere Informationen unter www.agri-job.ch
- höhere Berufsbildung ➞ Moduldrehscheibe (Kursausschreibung)
- höhere Berufsbildung ➞ Modulbeschriebe (BF30, pdf)