Abkürzungen sind praktisch. Warum also über den Dorfplatz am Hirschen vorbeifahren, wenn man am Bach entlang über das Grundstück des Nachbarn in einem Bruchteil der Zeit zum Rinderstall gelangt? Nutzt man die kürzere Strecke bereits seit Jahren im Wissen des anderen, stützt man sich dabei gerne aufs Gewohnheitsrecht.
Michael Riboni, AgriexpertDie Bezeichnung «Recht» im Wort Gewohnheitsrecht stellt kein Recht im heutigen juristischen Sinn dar.
Michael Riboni, stellvertretender Bereichsleiter Bewertung & Recht bei Agriexpert, winkt bei diesem Begriff allerdings ab: «Spätestens bei Streitigkeiten merken Betroffene, dass ihr Anspruch vor Gericht keinen Bestand hat.» Der Begriff stamme aus Zeiten, als die Gesellschaft das geschriebene Recht noch nicht kannte. Die Bezeichnung «Recht» im Wort Gewohnheitsrecht stelle deshalb gar kein Recht im heutigen juristischen Sinn dar, ergänzt er. In der heutigen Zeit greift das Gewohnheitsrecht gemäss Riboni nur ganz selten. Im Bereich der Dienstbarkeiten wie Weg-, Quell- oder Wohnrecht gar überhaupt nicht, da das ZGB für die gültige Errichtung solcher einen Grundbucheintrag vorschreibt.
Um sicherzugehen, einigt man sich mit Nachbarn also am besten in einem vom Notar beurkundeten Vertrag und lässt diesen im Grundbuch eintragen. Nur dann hat man einen rechtsgültigen Anspruch. Der Umweg über den Dorfplatz bleibt einem so auch bei Eigentümerwechsel weiterhin erspart.