Beat und Claudia Hermann führen einen Familienbetrieb in Risch (ZG). Vor einem Jahr waren sie noch einer Betriebsgemeinschaft angeschlossen. Dessen Auflösung stellte die Familie Hermann vor die Frage, wie sie in Zukunft ihren Betrieb bewirtschaften wollen.
Ausgangsituation
Bis Ende 2017 war der Hof der Familie Hermann Teil einer Betriebsgemeinschaft mit insgesamt drei Parteien. In den 18 Jahren, in welchen die BG existierte, verfolgten die Partner verschiedene Betriebszweige wie Pferdepension oder Lohnarbeiten. Auch betrieben sie Milchwirtschaft mit rund 70 Milchkühen und 35 Rindern. Der Stall für die Milchkühe stand auf dem Betrieb der Hermanns. Einer der Partner beschloss, etwas Neues zu beginnen und aus der Betriebsgemeinschaft auszusteigen. Daraus folgend löste sich die Betriebsgemeinschaft per Ende 2017 auf.
Neustart – aber was?
Für die Familie Hermann war klar, dass sie weiterhin Landwirtschaft betreiben möchten. Nun standen sie vor der Frage, wie sie weitermachen möchten. «Wir wollten nicht mehr melken – ohne Betriebsgemeinschaft mit geregelter Sonntagsablösung ist man stark angebunden», erzählt Beat Hermann. Oswald Arnold, UFA-Rind-vieh-Spezialist im Kanton Zug und Schwyz und rund um die Rigi tätig, ist der Fütterungsberater von Beat Herrmann: «Er kennt seinen Betrieb und seine Fähigkeiten am besten und machte sich genau die richtigen Überlegungen», erläutert Arnold. Die Familie prüfte nun verschiedene Betriebszweige, wobei Arnold den Hermanns die verschiedenen Spezialisten der UFA vermittelte. Als erste Option betrachteten die Hermanns die Pouletmast. Schnell mussten sie feststellen, dass es zu diesem Zeitpunkt keinen passenden Abnehmer gab. Sie entschieden sich also aufgrund marktorientierter Gedanken schnell dagegen.
Guter Verdienst ist nicht alles
Als nächste Option prüfte die Familie Legehennen. «Bei Legehennen hätten wir auf biologische Produktion umgestellt, da es in der konventionellen Produktion schwierig ist, eine Baubewilligung für einen Stall zu erhalten», erzählt Hermann. Gemeinsam mit dem Geflügelspezialisten der UFA AG besichtigte Hermann Ställe. Für ihn war klar: Wenn er einsteigt, dann richtig. Dement sprechend war ein Stall mit 2000 Legehennen und einer mit 4000 Aufzuchthennen geplant. Die ge schätzten Kosten pro Stall lagen zwischen 700 000 und 800 000 Franken. Der Stundenlohn lag gemäss Berechnungen der UFA bei rund 30 Franken und die Amortisation der Ställe hätte gut 20 Jahre gedauert. «Eigentlich klang alles sehr gut. Da wir aber kurz vorher noch ein Haus renoviert hatten, wollten wir den Betrieb nicht noch mehr verschulden. Auch stellten wir fest, dass unsere Kinder nicht richtig für Hühner zu begeistern waren», erklärt der 49-jährige Betriebsleiter.
Vom Markt abhängig
Als nächstes prüften die Hermanns die Option zur Munimast. Auch bei diesem möglichen Betriebszweig begutachteten sie Ställe. Die Kosten waren berechnet, die Stallplanung gemacht. Auch wäre die Familie mit der Munimast nicht mehr so angebunden gewesen. Fast alles sprach für die Munimast, aber leider nur fast. Die grösste Herausforderung war die Beschaffung der Tränker aufgrund der immer tieferen Kuhzahlen in der Schweiz. Somit war die Wirtschaftlichkeit des Betriebszweiges je nach Saison nicht immer überzeugend. Damit lösten sich auch diese Pläne in Luft auf.
Umfangreiche Überlegungen
Auch Schweinemast hatten die Hermanns in Betracht gezogen: Hier wären die Kosten zu hoch gewesen. Dies insbesondere für einen Markt, der bereits gesättigt sei, erklärt Hermann. Nebst Kriterien, die den Markt betreffen, stand für die Hermanns immer ihre Familie im Mittelpunkt. Dementsprechend war ihr Ziel, den Betrieb «à jour» zu halten, dass man nicht irgendwann alles aufs Mal ersetzen müsse – immer im Hinblick auf eine Betriebsübernahme eines ihrer Kinder Silvan (15) oder Sarina (13).
Liebe für die Kühe
Nach umfangreichen Diskussionen innerhalb der Familie, wuchs die Freude ihrer Kinder an den Kühen weiter. Und trotz ursprünglicher Bedenken, in der Milchwirtschaft zu bleiben, fingen die Hermanns an, die Vorteile zu sehen: Der Stall war bereits vorhanden, sie mussten am wenigsten investieren, aber der Verdienst ist vermutlich am tiefsten. «Ich gehe davon aus, dass sich die Marktlage bei der Milch eher verbessern wird», erklärt Arnold. Trotz der neu gefundenen Euphorie für Milchkühe war für die Familie naheliegend, dass sich etwas ändern muss. Für Beat Hermann war die Lösung klar: die Investition in einen Melkroboter.
Vorteile nutzen
«Mit dem Melkroboter rechne ich gegenüber dem Melkstand mit einer Zeiteinsparung beim Melken von rund 50 Prozent», erläutert Hermann. Das Ziel sei, pro Tag eine Stunde Arbeitszeit einzusparen. Weiter sind die Hermanns mit dem Roboter nicht mehr an so fixe Zeiten gebunden. «Damit die Zeit wirklich eingespart werden kann und wir uns wirklich weniger angebunden fühlen, müssen wir dem Melkroboter vertrauen», erklärt Hermann. «Wichtig ist aber, dass die erhobenen Daten angeschaut und analysiert werden und dementsprechend agiert wird», so Arnold weiter. Dank der zahlreich erhobenen Daten sieht der Betriebsleiter, welche Kühe Probleme haben und intensiver beobachtet werden müssen.
Entscheid gefällt
Sobald klar war, dass die Hermanns in der Milchproduktion bleiben und in einen Melkroboter investieren würden, stand der Entscheid an, welcher Roboter angeschafft werden soll. «Wir haben uns für einen Roboter von DeLaval entschieden – unter anderem, weil der Händler gleich vor Ort ist», erklärt Hermann. Ende Oktober wurde nun das neueste Modell von DeLaval, der V300, installiert. «Die Ansetztechnik ist schneller und genauer», erzählt Hermann begeistert. Für die Tiere sei es wichtig, dass der Melkroboter an einem gut zugänglichen Ort sei, der genügend hell ist, erklärt Hermann weiter. Dafür musste er drei Liegeplätze aufgeben und etwas anbauen. «Ein genügend grosser Durchgang ist enorm wichtig, damit auch rangtiefere Kühe zum Melken kommen, wenn eine ranghohe im Weg steht», erklärt Hermann.
Lebensqualität vor Finanzen
Die gesamte Installation kostete die Familie rund 270 000 Franken. Die Investition werde nach den Berechnungen in rund 15 Jahren amortisiert sein. Für Hermann ist klar, dass sie mit dem Entscheid, in der Milchwirtschaft zu bleiben, vielleicht nicht den rentabelsten Weg gewählt haben. «Für uns war es wichtiger, in die Lebensqualität zu investieren: Die Arbeitszeit sinkt, die gesundheitliche Belastung wird kleiner und wir können zum Beispiel Ausflüge mehr geniessen», erzählt Hermann. «Das Gefühl, dass wir genau zur Melkzeit zuhause sein müssen, gibt es nicht mehr. Das entlastet sehr», so Claudia Hermann. Trotzdem ist ihr Ziel klar die Produktion, angestrebt ist eine Milchleistung von 8500 kg. «Wir wollen Kühe, die etwas leisten», so Hermann abschliessend.
Tipp Verschiedene Kriterien prüfen
Grundsätzlich gilt, dass die Planung eines Betriebs ein rollender Prozess ist und ständig stattfindet. Wenn sich die Betriebsleiterfamilie verändern muss oder möchte, muss aber für eine Entscheidung sicherlich genügend Zeit eingerechnet werden. Denn, wenn eine grössere Umstrukturierung des Betriebs geschehen soll, ist dies im Normalfall mit hohen Investitionen verbunden, die wieder über einen längeren Zeitraum amortisiert werden müssen.
Wenn die Betriebsleiterfamilie noch nicht genau weiss, wie sie in Zukunft ihren Betrieb bewirtschaften will, ist zu empfehlen, dass verschiedene Entwicklungsmöglichkeiten professionell geprüft werden. Dabei müssen unterschiedliche Kriterien beachtet werden:
Persönlich: Was will die Betriebsleiterfamilie? Was sind deren berufliche Fähigkeiten und Neigungen? Hat das Betriebs leiterehepaar Freude an der kommenden Arbeit? Ist eventuell bald eine Übergabe geplant und stimmt der neue Betriebszweig auch für die folgende Generation?
Produktionstechnik: Was hat die Investition für Auswirkungen auf die Arbeitszeit? Wie wird sich die neue Arbeit auf die Gesundheit auswirken, respektive, wie sind die Arbeitsbedingungen? Gibt es auch hier eine Verbesserung oder ist eine Verbesserung in diesem Bereich zwingend?
Finanzen: Wie hoch ist der künftige Verdienst? Wie sind die heutigen und zukünftigen Marktchancen für das Produkt? Wie werden allfällige Investitionen finanziert? Reichen die Eigenmittel oder braucht es eine Fremdfinanzierung (siehe Seite 12)?