Macht ein Traktor keine 700 Betriebsstunden pro Jahr, ist mieten günstiger als kaufen. Nach dieser Faustregel entscheidet Lohnunternehmer Thomas Estermann von der Thomas Estermann AG aus dem luzernischen Eschenbach, wenn bei ihm zusätzliche Zugkraft notwendig wird.
Thomas Estermann, LohnunternehmerMacht ein Traktor keine 700 Betriebs stunden pro Jahr, ist mieten günstiger als kaufen.
Mit seinen 15 Mitarbeitenden bedient sein Unternehmen einige Hundert Betriebe in einem Umkreis von 30 bis 150 Kilometern, je nach Auftrag und Art der Arbeit. Bei Veredelungsbetrieben punktet die Firma mit ihrem Vollservice. In der Zentralschweiz sind Rindvieh- und Schweinehaltungsbetriebe, die von der Saat bis zur Ernte alles auslagern, überdurchschnittlich häufig anzutreffen. «Wir haben die Augen offen für die Kulturen und reagieren, wenn eine Pflegemassnahme angezeigt ist», beschreibt der Geschäftsführer die Dienstleistung, welche Betriebsleitenden den Rücken frei hält, damit sie sich auf Milch und Fleisch konzentrieren können.
Gewinn dank besserer Arbeits organisation
Für Veredelungsbetriebe geht die Rechnung sogar auf, selbst wenn sie einen grossen Traktor gut auslasten könnten. Dabei muss der Frankenbetrag auf dem Angebot nicht einmal tiefer sein als das Endergebnis der innerbetrieblichen Vollkostenrechnung. In den Worten von Estermann klingt das so: «Wenn ich als Landwirt zu Hause zwei Ferkel verliere, weil ich auf dem Traktor sitze, verliere ich Geld. Wenn ich Feldarbeiten auslagere, gewinne ich Zeit, die ich im Stall einsetzen kann.» Die frei werdenden Ressourcen, die einfachere Arbeitsorganisa tion, weniger Hektik und das besser kalkulierbare Risiko auf dem Feld ergeben für Landwirtschaftsbetriebe unter dem Strich einen indirekten Gewinn (siehe Betriebsbeispiele).
Arthur Röösli, Landwirt, Günikon bei Hohenrain (LU)
Um Mais, Dinkel, Raps und Weizen kümmert sich mein Lohnunternehmer weitgehend autonom. Mit meinen 14 Hektaren Ackerland könnte ich grössere Maschinen gar nicht auslasten. Das Frontmähwerk, den Kreiselheuer und den Schwader brauche ich, damit ich flexibel bleibe. Bei der Vollkostenrechnung kippt die Rechnung ins Minus, sobald ich mir für die Feldarbeit einen Stundenlohn einsetze. Wenn ich den ganzen Ackerbau abgebe, habe ich einen anderen Preis – auch für Dünger, Saatgut und Spritzmittel. Würde ich alles selber machen, leidet irgendetwas immer.
«Würde ich alles selber machen, leidet irgendetwas immer»
Die freie Zeit, die mir neben der Stallarbeit bleibt, nutze ich für die Instandhaltung der Gebäude und der technischen Einrichtung. Auf diese Weise erreiche ich eine höhere Leistung mit den Tieren und kann die grosse Maschinenhalle erst noch vermieten.
Ein weiterer Pluspunkt für Landwirtschaftsbetriebe liegt im Einkauf von Flüssigdünger und Pflanzenschutzmitteln. «Wir kaufen diese Hilfsstoffe in grösseren Mengen ein als ein Einzelbetrieb», bestätigt Estermann. Von diesen Grossverbraucherpreisen würden alle seine Kunden profitieren.
Präzision verlangt Routine
Auch wer mit den Standardzahlen aus dem Kosten katalog spitz rechnet, muss sich als Selbstbewirtschafter sputen, um mit Lohnunternehmen mitzuhalten. Denn die jährliche Auslastung einer Maschine ist die grösste Stellschraube, wenn es um die Rentabilität geht. Alain Bütler von der landwirtschaftlichen Forschungsanstalt Agroscope berechnet jedes Jahr die Maschinenkosten für die Schweizer Landwirtschaft und sieht, aufgrund der gesteigerten Nachfrage nach Präzision im Ackerbau, ein zusätzliches Argument für die überbetriebliche Zusammenarbeit. «Die Anbauverfahren und die dafür notwendigen Maschinen werden komplexer.
Alain Bütler, Agroscope«Ob es sich lohnt, hängt nebst den Maschinenkosten stark vom Stundenansatz ab.»
Das schlägt sich nicht nur in einem höheren Anschaffungspreis nieder, sondern macht auch das Handling anspruchsvoller», sagt er. Als Beispiele nennt er die GPS-unterstützte Teilflächenspritzung oder die Streifenfrässaat. Beides sind Verfahren, die nach Routine verlangen, um den technischen Fortschritt wirksam auf und in den Boden zu bringen.
«Teure Arbeiten» selber machen
Bütler beobachtet zudem, dass Landwirtschaftsbetriebe es mit dem Wert ihrer Arbeitszeit teils zu wenig genau nehmen. «Ob es sich eher lohnt, wenn man alles selber macht oder vieles machen lässt, hängt nebst den Maschinenkosten stark vom Stundenansatz ab, den man für die eigene Arbeit einsetzt», sagt er und gibt zu bedenken, dass die eigenen geleisteten Stunden oft zu tief oder gar nicht bewertet werden. Dazu sei es wichtig, dass man die Stunden, die das Lohnunternehmen aufschreibt, für eine Tätigkeit mit gleichem oder noch besser höherem Wert einsetzen kann.
Franz Schürch, Landwirt, Rotenburg (LU)
Die Tierhaltung lastet mich und meinen Sohn (in Teilzeit), meinen Mitarbeiter und meinen Lernenden aus. Mit der überbetrieblichen Zusammenarbeit brechen wir die Arbeitsspitzen. Mir geht es hauptsächlich auch um mehr Lebensqualität. Dank Vollservice im Acker- und Futterbau konnte ich seit vielen Jahren auch meinen Hobbys Joggen und Biken nachgehen und schon mehrere Jungfrau- sowie verschiedene Städtemarathons machen.
«Die Arbeitsorganisation wäre viel aufwendiger und hektischer»
Da wir immer möglichst alles zusammen mähen, wäre es für uns unmöglich, die Arbeiten alleine zu bewältigen. Dazu bräuchten wir zusätzliche Maschinen, die wir übers Jahr hinweg nicht auslasten könnten. Moderne Anbautechniken brauchen aber auch hochqualifiziertes Personal, das in der heutigen Zeit schwierig zu finden ist. Die Arbeitsorganisation wäre also viel aufwendiger und hektischer. Mit unserem relativ kleinen Maschinenpark kommen wir so gut zurecht und sind dennoch sehr schlagkräftig. Wichtig ist für mich nicht in erster Linie der Preis des Lohnunternehmers, sondern die Qualität seiner Dienstleistung und seine Verlässlichkeit.
Bei der grosszügigen Vergabe an Dritte bleibt eine Grösse jedoch immer kritisch. Die Direktzahlungsverordnung verlangt, dass Selbstbewirtschaftende mindestens die Hälfte der SAK-relevanten Arbeiten selbst ausführen. Fährt man in Sachen Auslagerung am Limit, kann es bei einer kleinen betrieblichen Veränderung bereits kritisch werden. Ansonsten macht die Vergabe von landwirtschaftlichen Feldarbeiten an Dritte Sinn, wenn man sich konsequent auf innenwirtschaftliche Arbeiten konzentriert, in denen man so kompetent ist, dass man sie nicht durch andere erledigt haben möchte.
Kaufschwelle
Die Fixkosten für eine Maschine ergeben sich aus der Abschreibung, dem Zins (gebundenes Kapital oder Leasinggebühren), der Versicherung und dem Gebäudebedarf. Wie das Beispiel eines Mittelklasse-Traktors zeigt, sinken die Fixkosten je Betriebsstunde (Arbeitseinheit AE) mit zunehmender Auslastung. Die variablen Kosten (Unterhalt, Reparatur) bewegen sich linear zur Auslastung und bleiben pro AE gleich hoch. Den Kosten je AE werden die Mietkosten (grüne Gerade) je Einsatzstunde gegenüber gestellt. Am Schnittpunkt der Geraden mit der Kurve liegt die Kaufschwelle. Ab hier wird es für den Betrieb interessant, den Traktor zu kaufen.
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