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Betriebsführung

Was die Spaziergängerin sagt und der Bauer versteht

Wir kommunizieren immer und überall. Ständig senden wir bewusst und unbewusst Signale aus, die von unserem Gegenüber interpretiert werden. Viele zwischenmenschliche Konflikte entstehen durch unklare Kommunikation. Wie wir Missverständnisse umgehen können, erklärt Kommunikations-Coach Tanja Pfannmüller.

Spazierweg am Hof

Wenn ein Spazierweg am Hof vorbeiführt, können Begegnungen mit Passanten regelmässig vorkommen. Sind diese negativ, lohnt es sich, respektvoll zuzuhören und freundlich zu bleiben.

(LID)

Publiziert am

Eine Spaziergängerin kommt am Schweinestall vorbei. Der Bauer ist gerade dabei, den Offenbereich zu säubern. Er grüsst, woraufhin die Spaziergängerin erwidert: «Hier riecht es nach Schwein». Bereits sind Spaziergängerin und Bauer mittendrin in der Kommunikation. Die vom Sender (Spaziergängerin) gesendete Botschaft kann beim Empfänger (Bauer) auf unterschiedliche Art und Weise verstanden werden.

Demnach ist vor allem wichtig, was beim Empfänger ankommt. Und da gilt nicht nur das gesprochene Wort. Auch Körpersprache, Gesichtsausdruck und Tonfall fliessen in eine Botschaft mit ein. Zusammen bildet sich eine Nachricht, die vier Ebenen hat. Das «Vier-Ohren-Modell» von Friedemann Schulz von Thun zeigt diese Ebenen auf.

Fünf Tipps für eine gute Kommunikation

  • Ich bin mir bewusst: Ich kommuniziere immer! 
  • Ich bin Botschafter / in für meinen Berufsstand. 
  • Ich wiederhole meine Botschaft gerne mehrmals. 
  • Ich darf auch sagen: «Nein», «Ich habe keine Zeit», «Das weiss ich nicht». 
  • Ich weiss, dass auch mein Gegenüber das Recht auf seine eigene Meinung hat.

Gute Kommunikation beginnt beim Sender

Die Spaziergängerin hat also eine Botschaft gesendet, die vier verschiedene Ebenen hat. Das ist einerseits die Sachebene, also «es riecht hier». Andererseits hat die Botschaft eine Appellebene, also «Machen Sie mal sauber, es stinkt!». Die Spaziergängerin gibt gleichzeitig auf der Selbstoffenbarungsebene von sich preis, dass ihr der Duft sofort auffällt und sie ihn den Schweinen zuordnen kann. Ausserdem zeigt sie auf der Beziehungsebene, dass sie den Bauern bevormunden will: «Ich fühle mich Ihnen überlegen, also muss ich Sie belehren».

Empfänger hört mit vier Ohren

Der Bauer erwidert auf die Aussage des Spaziergängers: «Ja, Schweinemist riecht ziemlich stark». Offensichtlich hat der Bauer die Aussage der Frau mit dem Sach-Ohr empfangen. Gemäss dem Modell von Schulz von Thun nimmt nämlich der Empfänger eine Nachricht immer mit einem der «Vier Ohren» entgegen. Das Appell-Ohr hört dabei nur den Vorwurf («Er will, dass ich den Schweinestall öfters sauber mache, sodass es weniger stinke»).

Das Selbstoffenbarungs-Ohr gibt Informationen zum Gegenüber («Sie ist wohl ein Städterin, die eine feine Nase hat»). Das Beziehungs-Ohr hört die Belehrung («Sie meint, mir dreinreden zu müssen obwohl sie keine Ahnung hat!»), und auf dem Sach-Ohr wird die blos se Sachinformation gehört («Sie sagt mir, dass es nach Schwein riecht»).

Sender und Empfänger auf unterschiedlicher Ebene

Es war nicht das erste Mal, dass der Schweinegestank die Spaziergängerin beim Vorbeigehen störte, denn sie ist der Überzeugung, dass der Stall zu wenig oft gereinigt wird. Als sie diesmal den Bauern bei der Arbeit sah, konnte sie sich einen Kommentar nicht verkneifen. Aufgebracht wollte sie den Bauern darauf ansprechen («Hier riecht es nach Schwein»). Die Frau wollte einen Appell aussprechen aber hat eine unklare Botschaft vermittelt. Diese wurde vom Bauern auf dem Sach-Ohr empfangen. Der Bauer hat die Botschaft nicht als Appell wahrgenommen.

Im Zweifelsfall nachfragen

Neben den unterschiedlichen Botschaften, die zwischen Sender und nen weitere Störungen auftreten, Empfänger hin und her fliegen, könweiss Tanja Pfannmüller, Mediatorin und Coach. Sie nennt zum Beispiel Lärm, undeutliche, mehrdeutige oder falsch verstandene Sprache, Ablenkung oder eine negative Haltung gegenüber der Information als Hauptgrund für Störungen. «Es reicht nicht, wenn ich überzeugt bin, alles richtig gesagt zu haben. Wenn meine Botschaft beim Empfänger nicht so ankommt, wie ich es möchte, ist alle Mühe vergebens». Wenn es wichtig sei, dass der Empfänger die Botschaft richtig versteht, lohne es sich nachzufragen: «Habe ich mich verständlich ausgedrückt?»

Sich selber überprüfen

Als Empfänger einer Nachricht soll man sich bewusst werden, mit welchem Ohr man die Botschaft gerade gehört hat. «Wenn beispielsweise mein Beziehungs-Ohr stark ausgeprägt ist, fühle ich mich dauernd verletzt und muss mich rechtfertigen. Vielleicht geht es dem Gegenüber aber ja tatsächlich nur um die Übermittlung einer Sachinformation».

Nonverbale Unterstützung

Für Pfannmüller ist Kommunikation nicht gut, wenn sie irreführend, verwirrend oder gar respektlos ist, und sie ergänzt: «Auch eine vermeintliche Nicht-Kommunikation ist schlecht, also wenn zum Beispiel jemand sagt:»Ich habe doch gar nichts Negatives gesagt!«, aber gleichzeitig mit Körper, Blick und Stimme den ganzen Unwillen über diese Person zum Ausdruck gebracht hat». Der Sprachwissenschaftler Schulz von Thun verwendet für solche Situationen den Begriff «inkongruente Nachrichten». Im besten Fall ergänzen sich der sprachliche und nichtsprachliche Anteil einer Nachricht und unterstützen sich gegenseitig, im schlechtesten Fall widersprechen sie einander und stiften so Verwirrung.

Wir kommunizieren immer, auch unbewusst

Das Schwierige ist dabei, dass Kommunikation auch unbewusst passieren kann. «Kommunikation findet statt, sobald sich mindestens zwei Lebewesen begegnen», sagt Pfannmüller und ergänzt: «Bereits mit unserer Körperhaltung, durch einen Blick oder ein Geräusch sagen wir ganz viel, ohne überhaupt ein Wort zu benutzen.»

Missverständnisse vermeiden

Wie aber kann ein Missverständnis ähnlich der Spaziergängerin-Situation vermieden werden? Tanja Pfannmüller rät zu einer klaren Kommunikation: «Unmissverständliche Worte, mit denen ich mein Gegenüber direkt anspreche». Dazu gehören auch Aussagen wie «Das weiss ich nicht» oder «Ich habe im Moment keine Zeit». Ein respektvoller Umgang sei dabei das A und O. Nicht das Alter, das Geschlecht oder die politische Ausrichtung des Gegenübers sollen im Zentrum stehen, sondern der Mensch mit seinen Ängsten, Sorgen, Hoffnungen und Wünschen.

Wissen, wann genug ist

Manchmal wolle das Gegenüber auf einem Standpunkt beharren, wird unfreundlich oder sogar aggressiv. «Das hat eventuell überhaupt nichts mit der Begegnung oder mit dem Thema selbst zu tun, manchmal liegen die Gründe anderswo», sagt Pfannmüller. «Gute Kommunikation funktioniert nicht immer, das ist die Realität. Freundlich bleiben und sich verabschieden ist dann die beste Option.» Die nächste gute Gelegenheit kommt bestimmt. 

Zur Person

Tanja Pfannmüller ist Coach und Mediatorin für Frauen und Männer aus der Landwirtschaft. Nebst ihrem Engagement beim Netzwerk Hofkonflikt (www.hofkonflikt.chbietet sie mit ihrem Unternehmen Leenan Coachings an (www.leenan.net; hallo@leenan.netund unterstützt Frauen in der Landwirtschaft mit einer Facebook-Gruppe.

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