Mit der reinen Holzernte verdienen private Waldbesitzer heute nicht mehr viel Geld. Der Grund liegt im Überangebot auf dem Holzmarkt aufgrund der Winterstürme und der Trockenheit der letzten Jahre. Vielerorts beschränkt sich heute das «Holzen» im Privatwald vermehrt auf die Räumung von Schadholz sowie auf die Brennholzgewinnung für den Eigengebrauch und für einen überschaubaren Kreis von Kunden. Den grossräumigen Holzschlag verschieben Private deshalb vielerorts auf später in der Hoffnung, dass sich der Holzpreis irgendwann erholen wird. Das ist weiterhin auch kein Problem. Denn gesetzlich ist die Bewirtschaftung des Waldes für deren Eigner nicht vorgeschrieben, ausser es handelt sich um Schutzwald. Auch bei Erholungssuchenden kommt eine gewisse «Verwilderung» des Waldes im Sinne der Biodiversität meist gut an. Schwierig wird es erst dann, wenn im Wald wegen Schadholz Gefahr für Holzer und Erholungssuchende droht. Diese Erfahrung macht Förster und Revierleiter Claude Engeler vom Forstrevier Sirnach im Kanton Thurgau seit vielen Jahren. Er beaufsichtigt eine Waldfläche von 867 Hektar und weiss deshalb die Aufmerksamkeit des Publikums zu schätzen: «Oft sind es Spaziergänger, Wanderer und Biker, die der Revierleitung melden, wenn irgendwo im Wald ein Baum den Weg versperrt oder umzufallen droht. Die Bevölkerung macht Gebrauch vom freien Betretungsrecht des Waldes und verlangt nach sicheren Wander- und Spazierwegen.»
Waldarbeit im öffentlichen Interesse
Nach Angaben des Verbandes der Schweizer Waldeigentümer «Wald Schweiz» wird der Wert der «Erholungsleistung» des Schweizer Waldes auf zwei bis vier Milliarden Franken pro Jahr geschätzt. Die öffentliche Hand beteiligt sich deshalb nicht selten an den Massnahmen zugunsten der allgemeinen Waldfunktionen wie Nutzung, Schutz, Erholung und Biodiversität. Durch diesen Anreiz kann es für Landwirte wieder interessant werden und sie können Waldarbeiten teilweise wieder lohnender ausführen. Nicht selten tun sie dies zusätzlich im Auftrag jener, denen der Umgang mit Motorsäge und Seilwinde nicht geläufig ist oder denen die Zeit oder das Interesse fehlt, selbst ins Holz zu gehen.
Mindestanforderungen
- Das Mindestalter für eine Teil nahme an den erwähnten Kursen beträgt 18 Jahre.
- Landwirtschaftslernende mit einem Lehrvertrag können die beiden Ausbildungseinheiten bereits ab 15 Jahren absolvieren und dürfen danach Holzerntearbeiten im Auftragsverhältnis ausführen.
- Sämtliche Kursteilnehmer müssen bereits Erfahrung im Umgang mit der Motorsäge mitbringen. Im Idealfall haben sie vorgängig bereits einen Motorsägen-Kurs absolviert.
Weitere Informationen zur Mindest ausbildung, Kursangeboten und Anmeldung sind auf der folgenden Website zu finden: www.holzerkurse.ch
Hohes Unfallrisiko im Wald
Dieses Auftragsverhältnis ist oftmals informell. Unterschiedlich sind deshalb auch die Fähigkeiten von Holzern, die gemeinsam mit anderen im eigenen und benachbarten Waldstück fällen, aufrüsten und rücken. Das hat Auswirkungen auf die Unfallstatistik. Zwischen 2010 und 2019 starben gemäss der Beratungsstelle für Unfallverhütung in der Landwirtschaft (BUL) 43 Landwirte bei der Waldarbeit. Somit belegt das «Holzen» nach Fahrzeugunfällen den zweiten Platz auf der Rangliste der tödlichen Unfälle in der Landwirtschaft. Förster wie Claude Engeler sind deshalb froh darüber, dass mittlerweile schweizweit eine einheitliche Mindestrichtlinie betreffend Ausbildung für Privatholzer gilt.
Minimalausbildung für mehr Sicherheit
Seine Erleichterung bezieht sich auf Artikel 21 a des Eidgenössischen Waldgesetzes. Dort heisst es, dass Auftragnehmer, die Holzerntearbeiten im Wald ausführen, nachweisen müssen, dass sie und die eingesetzten Arbeitskräfte über eine minimale Ausbildung bezüglich Holzernte verfügen müssen (siehe Kasten). Diese Ausbildung muss vom Bund anerkannt sein. Wer den fünftägigen «Basiskurs Holzernte» (ehemals Modul E28) und zusätzlich den nochmals fünftägigen «Weiterführungskurs Holzernte» (ehemals Modul E29) absolviert hat, kommt dieser Nachweispflicht nach. Die Gesetzesänderung ist bereits in Kraft getreten, jedoch gilt bis Ende 2021 eine Übergangsfrist.
Vorschrift aufgrund des Schweizer Waldgesetzes, Artikel 21 a (WaG):
• Für Personen, welche Holzernte arbeiten im Wald in einem Auftragsverhältnis ausführen, ist das Absolvieren eines vom Bund anerkannten Holzerntekurses (mindestens zehn Tage) obligatorisch.
• Alle Arbeitgeber sind nach dem Unfallversicherungsgesetz dazu verpflichtet, die Arbeitnehmer so auszubilden, dass diese ihre Tätigkeit sicher ausüben können.
• Für die Umsetzung der Gesetzesvorlage sind die Kantone zuständig. Deren Forstdienste legen darüber hinaus individuell fest, ob sie in Einzelfällen eine langjährige Erfahrung mit Holzerntearbeiten als gleichwertig im Sinne der gesetzlichen Mindestanforderung anerkennen («Gleichwertigkeitsanerkennung»).
• Der Kursnachweis muss spätestens ab Januar 2022 erbracht werden.
Das Auftragsverhältnis ist weit gefasst
Basis- und Weiterführungskurse werden schweizweit angeboten. Forstingenieur Stefan Flury von der Fachstelle für das forstliche Bildungswesen (Codoc) rät allen, die sich bis heute noch nicht angemeldet haben, jetzt aktiv zu werden. Erste Kurse für dieses Jahr sind bereits ausgebucht. Flury ist bei Codoc für den Fachbereich «Koordination Kompetenzförderung Waldarbeit» zuständig. Seinen Aufruf richtet er darüber hinaus auch an jene Privatwaldbesitzer, die ohne Auftrag im eigenen Wald tätig sind, auch wenn für sie die gesetzliche Mindestanforderung betreffend Ausbildung nicht vorgeschrieben ist. «Es gilt der Grundsatz, dass Holzerntearbeiten im Wald nie alleine durchgeführt werden dürfen», sagt Flury. Vor diesem Hintergrund kann es eng gesehen schnell einmal zu einem Auftragsverhältnis kommen. Als Entgelt für geleistete Arbeit werden bereits auch Gegenleistungen in Form von Brennholz oder anderen materiellen Werten angesehen, heisst es auf dem Flyer «Sichere Mortorsäge- und Holzerntearbeiten im Privatwald», der bei Codoc bestellt oder auf der Webseite heruntergeladen werden kann (siehe Kasten weiterführende Informationen).
Im «Holz» wird es immer anspruchsvoller
Zehn Tage Ausbildung für Arbeiten in einer der gefährlichsten Tätigkeiten der Schweiz? Das tönt nicht gerade beruhigend. Das ist sich auch Revierleiter Engeler bewusst, der in seinem Revier die anerkannten Holzerntekurse selber durchführt: «Diese Minimalausbildung reicht für das Fällen und Aufrüsten von Bäumen im Rahmen normaler Holzerntearbeiten. Als Holzerntearbeiten gelten gemäss Definition Arbeiten an Bäumen ab einem Brusthöhen-Durchmesser von 20 cm und schliessen das Fällen, Entasten, Einschneiden oder Rücken von Bäumen und Baumstämmen ein. Geht es um Arbeiten in schwierigem Gelände oder um das Entfernen von Schad- und Sturmholz, stösst man mit diesem Grundwissen schnell an seine Grenzen». Spätestens dann, wenn es um die erschwerte Holzernte geht, schlüpft der Förster in die Vermittlerrolle und sucht zusammen mit Waldbesitzern, dem ortansässigen Forstbetrieb oder einem Forstunternehmen nach individuellen Lösungen. Sehr oft rät er den Waldbesitzern seines Reviers in diesen anspruchsvollen Situationen: «Lass hier besser den Profi ran.»
Weiterführende Informationen
- Fachstelle des Bundes für die Aus- und Weiterbildung in der Waldwirtschaft (Codoc) www.codoc.ch
- Verband der Schweizer Waldeigentümer (WaldSchweiz) www.waldschweiz.ch
- Schweizerische Unfall-Versicherungsanstalt (SUVA) www.suva.ch
- Beratungsstelle für Unfallverhütung in der Landwirtschaft (BUL): www.bul.ch