Die Methode der Hof- und Weidetötung ist eine interessante Alternative für Betriebe mit Fleischproduktion und Direktvermarktung sowie für regionale Metzgereien, die sich mit einer Gruppe von Landwirten zusammenschliessen. Auch bei Einzelbewilligungen von Landwirtschaftsbetrieben muss ein nahegelegener Schlachtbetrieb, der den Schlachtkörper entgegennimmt und weiterverarbeitet, vorhanden sein. Um die Hof- oder die Weidetötung anzuwenden, braucht ein Landwirtschaftsbetrieb in jedem Fall eine Bewilligung des zuständigen kantonalen Veterinäramtes (siehe Infobox). Die Hoftötung unterscheidet sich von der Weidetötung in der Art der Betäubung. Die darauffolgenden Abläufe sind aber bei beiden Methoden weitgehend identisch. Ein wichtiger Unterschied besteht jedoch in Bezug auf die Anwendung: Während die Hoftötung für alle Nutztiere infrage kommt, darf die Weidetötung nur bei Rindern angewendet werden.
Tiere zeigen wenig Reaktion
Bei der Hoftötung befindet sich das Tier alleine oder zusammen mit anderen Tieren in einem Fressgitter, das es bereits kennt. Während dem Fressen wird das Tier mit dem Bolzenschuss betäubt. Die Weidetötung erfolgt hingegen in einem begrenzten Areal auf der Weide oder auf dem Hof, dem sogenannten Korral. Entweder wird für den Schuss ein Jäger aufgeboten oder der Landwirt besitzt selbst das Jagdpatent. Das Tier wird aus einer Distanz zwischen fünf bis sechs Metern aus einem Hochstand aus der Herde geschossen. Das Kaliber und die Munition sind genau vorgeschrieben. Es wird mit einem Reflexpunkt-Visier geschossen. Durch das Reflexvisier erfasst der Schütze oder die Schützin das Ziel mit beiden Augen. Es wird eingesetzt, wenn über kurze Distanzen schnell und präzise anvisiert werden soll.
Die Tiere werden vorher an den Schusslärm gewöhnt. Allgemein zeigt sich bei beiden Betäubungsmethoden auf Versuchsbetrieben, dass die anderen Herdentiere wenig bis gar nicht auf die Tötung reagieren. Im Falle einer Fehlbetäubung gibt es einen Nachschuss mit dem Gewehr oder mit einem Bolzenschussgerät. Letzteres muss vorschriftsgemäss bereitstehen.
Der Ablauf ist genau geregelt
Bei der Hoftötung setzt der Metzger den Bolzenschuss. In der Regel ist das dieselbe Person, die den Schlachtkörper anschliessend verarbeitet. Bei behornten Tieren hat es sich gezeigt, dass zumindest der Fressplatz des Schlachttiers technisch angepasst werden muss, damit sich die Hörner nach dem Zusammensacken des Tiers nicht in den Gitterstäben verfangen können. Denn nach dem Schuss muss bei beiden Betäubungsmethoden alles sehr schnell gehen. Das Gesetz schreibt vor, dass bei der Hoftötung von der Betäubung bis zur Entblutung maximal 60 Sekunden vergehen dürfen. Bei der Weidetötung sind es 90 Sekunden. Dies geschieht, indem der Landwirt den Körper mittels Kette an den Hinterbeinen an der Gabel eines Frontladers befestigt und aufzieht. Es ist deshalb zwingend, dass alles Material vorher bereitsteht. Der Entblutungs-Schnitt wird danach erneut vom Metzer durchgeführt. Die Gewässerschutzbestimmungen verlangen, dass alles Blut aufgefangen und danach in einem geschlossenen Behälter – wie beispielsweise einem Fass – ebenfalls in den Schlachthof gefahren und dort entsorgt wird. Das Entbluten dauert ungefähr vier bis fünf Minuten.
Für den Transport müssen die vorgeschriebenen Hygieneregeln eingehalten werden: Die Ladefläche muss also leicht gereinigt und desinfiziert werden können. Die Stichstelle darf nicht verschmutzt werden, und der Schlachtkörper muss vor Insekten und anderen Verunreinigungen geschützt bleiben. Ebenfalls ist darauf zu achten, dass während des Transportes keine Flüssigkeiten aus dem Fahrzeug ausläuft.
Kleinräumige Anwendung
Bei beiden Tötungsmethoden (oder Schlachtungsmethoden) muss auf dem Hof eine Veterinärin oder ein Veterinär anwesend sein, um vor der Tötung des Tiers die Lebendtierschau durchzuführen und den korrekten Ablauf der Tötung zu überwachen und zu bescheinigen.
«Nach dem Schuss muss alles sehr schnell gehen» Eric Meili
Ursprünglich durften zwischen Betäubung und der Entnahme der Eingeweide maximal 45 Minuten verstreichen. Rechnet man für die Betäubung, das Aus bluten und Verladen des Schlachtkörpers 15 Minuten, musste der Transport und das Abladen beim Schlachthof in weniger als einer halben Stunde möglich sein. Alleine diese Vorgabe beschränkte die beiden alternativen Tötungsverfahren auf eine nur lokale oder regionale Anwendung und bedeuten zudem auch einen höheren Arbeitsaufwand in der Fleischgewinnung. Ab 1. Februar 2024 wurde die Frist zwischen Tötung des Tiers auf dem Betrieb und Ausweidung im Schlachtlokal von 45 auf 90 Minuten erhöht. Durch die Neuregelung erhält eine deutlich steigende Anzahl von Landwirtschaftsbetrieben die Möglichkeit, das tierfreundliche Verfahren umzusetzen.
Ein Landwirtschaftsbetrieb muss bei der Hoftötung zudem mit Investitionen im Bereich des Fressgitters in der Höhe von rund 1000 Franken rechnen. Bei ausreichender Raumhöhe beschränken sich die technischen Massnahmen auf kleine Anpassungen beim bestehenden Gitter. Ansonsten ist ein spezielles Gitter im Auslauf einzurichten. Bei der Weidetötung ist bei der Einrichtung des Korrals aufgrund der Querschlägersicherheit mit etwas höheren Kosten zu rechnen. Hinsichtlich der laufenden Kosten kommt der Landwirtschaftsbetrieb in beiden Fällen zusätzliche für die Lebendtierschau auf dem Betrieb, den aufgebotenen Metzger oder den Jäger sowie für die Anhängermiete selber auf.
Tierwohl steht im Zentrum
Hinter der Hof- und Weidetötung stehen in erster Linie nicht finanzielle Interessen, sondern die Anliegen des Tierschutzes, die Lebendtransporte von Schlachttieren zu verhindern. Die Tiere haben beim Verladen, Abladen und im Schlachthof grossen Stress, was durch Messungen des Cortisolwertes belegt werden konnte. Cortisol gilt als eigentliches Stresshormon, das in der Nebenniere hergestellt und in der Leber abgebaut wird. Es gehört zu der Gruppe der Glukokortikosteroide und hat zahlreiche Funktionen im Körper. So nimmt es unter anderem Einfluss auf den Kreislauf und die Ausscheidungsfunktion der Niere, was zum Beispiel die erhöhte Harnausscheidung bei Tiertransporten bewirkt. Für Konsumentinnen und Konsumenten bedeutet das stressfreie Ableben der Tiere zudem eine bessere Fleischqualität. Zusammen mit der Direktvermarktung kann die Methode ein zusätzliches sehr einleuchtendes Argument für die Vermarktung sein und rechtfertigt es auch, die zusätzlichen Aufwände entsprechend zu verrechnen. Als Nebeneffekt lässt die Hof- und Weidetötung das traditionelle Metzgerhandwerk wieder aufleben.
Weitere Informationen
Merkblatt Hof- und Weidetötung, Forschungsinstitut für biologischen Landbau FiBL
Verordnung 817.190 über das Schlachten und die Fleischkontrolle (VSFK)