Gespannt lauschen Kinder Erwachsenen zu, wenn diese eine Geschichte erzählen. Sie malen sich die Situation aus und fiebern mit dem Helden mit. Geschichten haben die Menschen schon immer fasziniert; der neuenglische Begriff «Storytelling» knüpft daran an. Weil eine Geschichte mit Emotionen verknüpft ist, verankert sie sich besser im Gedächtnis und schafft Nähe. Clever ist, wer dieses vertraute Gefühl für die Vermarktung nutzt.
Helden stehen im Zentrum
Eine Geschichte hat viele Elemente, extrem vereinfacht kann man sich aber auf einen Helden und einen Spannungsbogen konzentrieren: Dadurch, dass der Held (oder Antiheld!) Hoch- und Tiefpunkte durchläuft, identifiziert sich der Zuhörer mit dem (Anti-)Helden und wird unbewusst von der Produktwerbung beeinflusst. Denn das Produkt steht nicht im Fokus, sondern die Geschichten und Emotionen rundherum. Solche Geschichten, die den Hintergrund eines Produktes erklären oder von Personen erzählen, die etwas damit machen, sind bestens geeignet für den Social-Media-Auftritt.
Spielerisch Interesse wecken
Storytelling hat auch beim Social-Media-Auftritt von Ovomaltine einen hohen Stellenwert. «Wir versuchen, spannende Geschichten zu erzählen oder unterhaltsame Momente zu kreieren und nicht einfach nur Werbung für unsere Produkte zu machen», sagt Corinne Marti, Managerin Online Marketing bei der Wander AG. Konkret sind dies Beiträge von Events, wo Ovomaltine Sponsor war, Ratespiele oder Rezepte mit Ovo-Produkten.
Wenn auf Instagram oder Facebook eine unterhaltsame Story erzählt wird, setzen sich die Social-Media-Nutzer auf spielerische Art freiwillig mit der Marke auseinander. Der Vorteil ist, dass der Inhalt nicht unbedingt als Werbung wahrgenommen wird. Wichtig ist ein Content (Inhalt), der die Zielgruppe interessiert und sich mit dem Interesse des Unternehmens schneidet. Diesen Mehrwert für die Zielgruppe zu generieren, sei aufwendig, lohne sich aber, ist Marti sicher.
Bild und Video besser als Text
Die Marketing-Expertin legt bei Ovomaltine besonders Wert auf knackige, unterhaltsame Geschichten. Die ersten zwei Sekunden müssten den Zuschauer packen. Das brauche nicht teuer oder mit grossem Aufwand verbunden zu sein: «Wir setzen auch bewusst günstige Mittel ein, zum Beispiel ein Handyvideo», sagt Corinne Marti. Das erzeuge den Eindruck, dass die Geschichten möglichst spontan aus dem Leben gegriffen seien. Auf alle Fälle seien Bild und Video besser als reiner Text, ergänzt Marti.
Auf Zielgruppen ausrichten
In der Landwirtschaft herrsche enormes Storytelling-Potenzial, ist die Fachfrau sicher. «Landwirte haben viel zu erzählen. Sie haben einen spannenden und abwechslungsreichen Beruf, bewegen sich in der Natur und sind in Kontakt mit Tieren, Pflanzen und Maschinen. Da ergeben sich zahlreiche Geschichten!», sagt sie.
Wichtig sei, dass man sich überlegt, für wen der Content produziert werde, also «Wer sind meine Kunden? Was biete ich ihnen an?». Bei einem Lohnunternehmen sind das beispielsweise andere Landwirte. Das könnten aber auch Privatkunden sein, die im Hofladen einkaufen sollen oder solche, die einen Kindergeburtstag buchen oder im Stroh übernachten sollen. Marti ermuntert: «Je nachdem kann dann eine interessante Geschichte erzählt werden, die auf das eigene Angebot zutrifft.» Dabei gilt: keine Geschichte ist zu banal, die meisten Leute haben keine Ahnung, wie der Alltag auf einem Bauernhof aussieht.
Immer neue Geschichten
Einfacher wird die Social-Media-Präsenz gemäss Marti, wenn man sich fixe Themenfelder definiert und diese dann regelmässig wieder bringt. «Wenn beispielsweise ein Hofladen jede Woche etwas veröffentlichen will, kann er monatlich ein Rezept, ein Ratespiel, ein Bild von der Arbeit und ein aktuelles Gemüse oder eine Frucht aus dem Hofladen posten», sagt die Expertin. Wer sich so ein Schema zurechtlegt, kann mehr Zeit für die Kreation der Geschichte aufwenden.
Je intensiver die Geschichte die Sinne der Social Media-Nutzer anspricht, desto stärker wird der Nutzer an die Geschichte gebunden und kann sich in die Situation hineinversetzen. Die Details eines aufgezeigten Bildes malt sich der Zuhörer selbst aus.
Fünf Tipps zum Storytelling auf Social Media
- Erzählen Sie Geschichten, die Ihre Kunden interessieren – sie müssen nicht lang sein (z. B. bietet sich in der Kürbissaison ein Kürbisrezept im Facebook-Feed oder ein Bild mit einer Zierkürbis-Deko bei Instagram inklusive einer Anekdote an).
- Geben Sie Einblick in Ihren Alltag und teilen Sie schöne und weniger schöne Momente. Es muss nicht täglich sein; mit einem Beitrag pro Woche bleiben Sie Ihren Kunden regelmässig in Erinnerung.
- Seien Sie authentisch und kommunizieren Sie nur zu Themen, die auch zu Ihrem Beruf passen und worüber Sie etwas zu erzählen wissen; das macht Sie glaubwürdig.
- Greifen Sie auch einmal Randthemen auf, wenn Sie wissen, dass diese im Moment viele Ihrer Kunden beschäftigen (z. B. eine Käferplage, extreme Wetterphänomene, Zurückschneiden von gewissen Bäumen).
- Vorausplanen hilft: Setzen Sie sich jeden Monat zehn Minuten hin und überlegen Sie, was in den nächsten vier Wochen ansteht. Dann planen Sie die Themen im Voraus und achten im Alltag auf passende Geschichten, die Sie erzählen können.