Über Jahrtausende, seit der Bronzezeit (etwa 2200 Jahre v. Chr.), war das Pferd ein treuer Begleiter des Menschen. Es diente als Zug-, Reit- und Arbeitstier, wurde im Kriegsdienst eingesetzt und lieferte Fleisch. Das Pferd war aber auch ein Prestigeobjekt. So kann sich manch einer an früher erinnern, als nicht jeder Bauer im Dorf eins besass und stattdessen Kühe oder Ochsen als Arbeitstiere vorgespannt waren.
Industrielle Revolution kontra Pferd
Weltweit rechnet man, dass auch heute noch etwa 300 Millionen Tiere (davon 40 Millionen Pferde) im Dienste der Menschen stehen. Im Jahr 1945 lebten auf Schweizer Bauernhöfen noch um die 150 000 Pferde. Nach dem Zweiten Weltkrieg wuchs die Wirtschaft stark und benötigte viele Arbeitskräfte. Dies führte zu einer Abwanderung aus der Landwirtschaft. Zudem entwickelte sich die Technik rasant und die Traktoren wurden zum vielseitig einsetzbaren Werkzeug. Der Arbeitspferde-Bestand nahm dramatisch ab. Zu langsam, zu wenig effizient, krankheitsanfällig, aufwendig in der Haltung, dies waren einige der Vorbehalte dem Arbeitspferd gegenüber. So machte etwa der Traktorenhersteller Hürlimann schon vor 90 Jahren Reklame, dass sein Kleintraktor kein Heu frisst, wenn er nicht arbeitet.
Arbeitspferde in der Schweiz
Ende 2018 gab es in der Schweiz rund 75 000 Pferde (nebst etwa 37 000 weiteren Equiden, wie Kleinpferde unter 1,4 m Stockhöhe, Ponys, Esel, Maulesel und Maultiere). Zwar handelt es sich dabei meist um Hobby- oder Sportpferde, traditionelle Arbeiten mit Pferden erfreuen sich aber als Nische wachsender Beliebtheit. Die Arbeit mit Pferden in der Natur macht vielen Freude. Man rechnet heute in der Schweiz mit rund 600 bis 800 Arbeitspferden, davon etwa die Hälfte bei der Armee. Geeignet sind die meisten Kaltblüter mit ihrem ruhigen Gemüt. Während früher das Wissen und Können beim Arbeiten mit dem Pferd vom Vater an den Sohn überging, müssen diese Fähigkeiten heute an Kursen erworben werden. Dies, um die alte Bauerntradition aufrechtzuerhalten und zu stärken.
Geeignet sind die meisten Kaltblüter mit ihrem ruhigen Gemüt.
Eine Tradition lebt wieder auf
Schon seit längerer Zeit ist zu beobachten, dass im Wald bei der Holzernte immer grössere und schwerere Maschinen zum Einsatz kommen. Dies mit Schäden an Boden und stehenden Bäumen. Otto Schmid, Landwirt und Förster, geht hier schonender vor. Seit seiner Jugendzeit schleppte er Holz mit seinen Freibergern und dies macht er noch heute mit seinen 87 Jahren. Er gab die Inspiration, diese den Wald schonende Arbeit am Landwirtschaftlichen Zentrum Liebegg als einen zwei- oder dreitägigen Kurs «Holzschleppen mit Pferden» zu vermitteln. Der Kurs wurde gut besucht und nach einigen Jahren in ein Modul der Betriebsleiter schule umgewandelt. Das Thema «Holzrücken» blieb bestehen, es kamen aber weitere Kursteile dazu (siehe aktuelles Kursprogramm). Seit dem Jahr 2014 wird nun der fünftägige Kurs «Schaffe met Ross» am LW Zentrum Liebegg, in der gemeinsamen Organisation mit der IG Arbeitspferde, angeboten.
Als Ergänzung zur Maschine macht der Pferdeeinsatz Sinn.
Ausbildungsthemen sind Holzrücken, Transportarbeiten und der Einsatz von Maschinen und Geräten für Acker- und Futterbau. Ein Einführungstag dient dazu, alle Teilnehmenden auf den gleichen Wissensstand zu bringen. An Abendveranstaltungen werden weitere Themen behandelt, wie die Theorie zur Haltung und Fütterung der Arbeitspferde sowie eine Übersicht über die Maschinen. Im Vordergrund steht aber die praktische Arbeit mit erfahrenen Instruktoren und ebenso geeigneten Pferden. Die Kursteilnehmenden bringen ihre Pferde nicht mit, es geht um die Grundlagen. Das Gelernte gilt es dann daheim zu üben und umzusetzen.
Pferdeeinsatz hat einige Vorteile
Als Ergänzung zur Maschine macht der Pferdeeinsatz Sinn, verursacht das Pferd doch kaum Bodenschäden und die stehenden Bäume werden geschont. Dies zeigt das Beispiel Holzrücken, wo Schwachholz bis maximal 40 cm Durchmesser zu den Rückegassen gezogen wird. Zudem ist das Pferd CO 2 -neutral und nutzt den «Treibstoff» Futter zu 30 Prozent aus, gegenüber etwa 12 Prozent des Kraftstoffs beim Traktor. Grundsätzlich könnten viele landwirtschaftliche Arbeiten, aber auch weitere Tätigkeiten im Bereich Landschaftspflege, Müllabfuhr oder touristische Angebote mit Arbeitspferden bestritten werden.
IG Arbeitspferde
Der Verein IG Arbeitspferde wurde vor 30 Jahren gegründet und umfasst heute 140 Mitglieder. Weil in den letzten Jahrzehnten rund um die Arbeitspferdehaltung viel Wissen und Können verloren ging und auch die geeigneten Maschinen verschwanden, tat man sich zusammen, um dieser umwelt- und ressourcenschonenden Arbeitsweise eine Zukunft zu geben. Man will die Haltung und den Einsatz von arbeitsfähigen Pferden fördern, neue Maschinen entwickeln sowie Weiterbildung und Öffentlichkeitsarbeit betreiben. Nicht zuletzt sollen die ökologischen Vorteile des Arbeitspferdes aufgezeigt und das kulturelle Gedankengut erhalten werden.
Unser Tipp
Kurs «Schaffe met Ross»
Das Landwirtschaftliche Zentrum Liebegg und die IG Arbeitspferde bieten gemeinsam einen Kurs für Arbeitspferde-Liebhaber an. Vom 11. bis 15. April 2023 können während fünf Tagen Holzrücken, Transporte, Futter- und Ackerbauarbeiten mit Pferd und Zubehör praktisch erlernt werden. An den Abenden gibts Theorie zur Haltung und zur Fütterung von Arbeitspferden, Filme und gemütliches Beisammensein. Es ist möglich, auch nur einzelne Tage zu besuchen.
Anmeldeschluss ist der 28. März 2023 unter 062 855 86 15 oder www.liebegg.ch / weiter bildung.
Weitere Informationen bei Ernst Rytz, Präsident IG Arbeitspferde, unter 079 522 34 84, me.rytz@teleport.ch oder bei Karin Schuler, LW Zentrum Liebegg, karin.schuler@ag.ch.