Die Natur hält einiges für unsere Hausapotheke bereit. Viele Wildpflanzen können als Heilkräuter verarbeitet und angewendet werden. Vertiefte Einblicke in die Welt der Heilpflanzen bekommt man bei Brigitte Waser-Bürgi (siehe Portrait Seite 76). Die ausgebildete Phytotherapeutin bietet Kurse und Spaziergänge an für alle, die sich für Kräuter und Wildpflanzen interssieren. Dabei gibt sie ihr Wissen zum Sammeln, Verarbeiten und über die Heilwirkung von Wildpflanzen weiter. Auf die Frage, welches ihre Lieblingspflanze ist, antwortet sie: «Je nachdem, was gerade an gesundheitlichen Problemen anfällt, habe ich verschiedene Lieblingspflanzen. Eine von mir oft gebrauchte ist die Schafgarbe, da ich sie bei verschiedenen Problemen anwenden kann und sie fast das ganze Jahr in der Natur zu finden ist. Wenn die Blüten noch nicht da sind, findet man schon die Blätter. Natürlich nur da, wo nicht gedüngt wurde und die Heilpflanzen trotz der intensiven Landwirtschaft auch noch einen Stellenwert haben». Frau Waser-Bürgi hat der UFA-Revue einige hilfreiche Tipps zum Sammeln und Verarbeiten von Wildpflanzen verraten. In jedem Fall gilt: Nur Pflanzen sammeln, die man kennt und sicher bestimmen kann. Keine geschützten oder giftigen Pflanzen pflücken!
Wo sammelt man nicht?
Man sammelt keine Pflanzen in Naturschutzgebieten, an Strassenrändern, Ackerrändern, Bahnstrecken und Industriegebieten sowie nicht in der Nähe von Deponien, militärischen Übungsplätzen, frisch gedüngten oder mit Herbizidbehandelten Feldern und an Hundespazierwegen.
Wie sammelt man Kräuter?
Man geht in einer dankbaren Haltung der Natur gegenüber auf die Kräutertour und benutzt dafür einen Korb oder für die Trennung der Sorten Papier- beziehungsweise Stoffsäcke. Man benötigt Messer oder Schere, um bei festen Stängeln die Wurzeln nicht zu beschädigen. Ebenso braucht man Handschuhe für Brennnesseln, Disteln etc. sowie einen Spaten, um Wurzeln auszugraben. Angepasste Kleidung je nach Sammelgegend und Pflanzen (zum Beispiel für Brennnesseln) nicht vergessen. Es lohnt sich, ein Bestimmungsbuch oder eine App mitzunehmen.
Wann sammelt man Kräuter?
Kräuter sammelt man am besten an sonnigen Vormittagen, wenn der Tau getrocknet ist, bis Anfang Nachmittag. Samen sollen reif, aber noch nicht vertrocknet sein. Auch Früchte müssen ausgereift sein. Blüten sammelt man beim Aufblühen. Blätter enthalten vor dem Blühen der Pflanze die meisten Wirkstoffe. Rinden schält man im Frühling, wenn der Saft steigt, von jungen Zweigen. Wurzeln und Knollen werden entweder im Frühjahr oder im Spätherbst gesammelt. Für eine gute Qualität sammelt Brigitte Waser-Bürgi die Kräuter nach den Angaben von Maria Thun im Büchlein «Aussaattage».
Wie viel Kräuter sammelt man?
Man sammelt nur so viel, wie man am selben Tag verarbeiten und im selben Jahr verwenden kann. Und nur so viel, dass die Pflanzen nicht gefährdet sind und weiterwachsen können.
Tee mit Schafgarbe
Die ESCOP* anerkennt die Schafgarbe (Achillea millefolium) innerlich bei Appetitlosigkeit, Magen-Darm- Beschwerden, krampfartigen Unterleibsbeschwerden sowie äusserlich bei kleinen Wunden, Haut- und Schleimhautentzündungen und für Sitzbäder bei Unterbauchkrämpfen. Brigitte Waser-Bürgi empfiehlt sie zusätzlich bei Erkältung, Kopfschmerzen, Grippe, zum Schlafen, bei Übelkeit, im Klimakterium (nervöse Herzbeschwerden, Wallungen), bei Menstruations-Schmerzen und -Störungen (zu stark/zu schwach) sowie bei Unfruchtbarkeit.
Als Leberwickel zubereitet kann Schafgarbe bei Verdauungsschwäche, Verstopfung, Völlegefühl, Appetitlosigkeit, Erschöpfung, chronischem Müdigkeitssyndrom (Chronic-Fatigue-Syndrom) und depressiver Verstimmung helfen.
Er kann auch die Leber anregen während der Chemotherapie und bei der Fastenkur unterstützend wirken.
Aber Vorsicht: Die Schafgarbe kann Nebenwirkungen haben, wenn man zu viel davon einnimmt. Dies sind Umkehrreaktion wie Schwindel, Kopfschmerzen, Nasenbluten oder Nierenbluten. Frische Schafgarbe kann beim Pflücken Hautausschläge hervorrufen. Keine Schafgarbe verwenden sollen Personen, die eine Korbblüten-Allergie haben.
* ESCOP = European Scientific Cooperative on Phytotherapy; erstellt seit 1989 wissenschaftlich anerkannte Heilpflanzenbeschreibungen)
Tee-Zubereitung
1 EL frische oder 1 TL getrocknete Schafgarbe (Blätter und Blüten) mit kochendem Wasser übergiessen und max. 5 Min ziehen lassen. Drei Mal Täglich eine Tasse Tee trinken. Nach drei Wochen eine Pause einlegen.
Wickel mit Wallwurz
Bei Beinwell (Symphytum officinale) – auch Wallwurz genannt – werden vor allem die Wurzeln verwendet. Im Oktober/November ist die richtige Zeit, um nach Wurzeln zu graben.
Von der ESCOP* ist die Beinwellwurzel nur zur äusserlichen Anwendung anerkannt und zwar bei Schmerzen und Schwellungen der Muskeln und Gelenke, Gelenkarthrose, Rückenmuskelschmerzen, Zerrungen, Quetschungen, Verstauchungen, Sehnenscheidenentzündung und Arthritis.
In der traditionellen Volksmedizin braucht man Beinwellwurzeln äusserlich aufgetragen auch bei Ischias, Knochenhautentzündungen, Narbenschmerzen, Phantomschmerzen, Sport- und Unfallverletzungen, bei Sehnenscheiden- und Schleimbeutel-Entzündungen, Splitterbrüchen, Wachstumsschmerzen sowie als Wundheilmittel bei verhärteten, schlecht heilenden Narben/Wunden, offenen Beinen, Hämorrhoiden, Ekzemen und Psoriasis.
Brigitte Waser-Bürgi stellt aus den Wurzeln des Beinwells Urtinktur und Salbe her. Die Urtinktur verwendet sie unter eine Emulsion gemischt zum Einreiben bei den oben genannten Einsatzgebieten. Beinwellsalbe nutzt sie für eine kalte oder leicht angewärmte Salbenauflage.
* ESCOP = European Scientific Cooperative on Phytotherapy; erstellt seit 1989 wissenschaftlich anerkannte Heilpflanzenbeschreibungen)
Kalte Salbenauflage
Ein doppelt gelegtes Leinenplätzli mit Salbe messerrückendick (3mm) bestreichen, dabei 3 cm Rand frei lassen. Die bestrichene Fläche direkt auf die Haut legen. 1 – 3 Haushaltpapier auflegen, da die Salbe durchschlagen kann. Die Auflage gut befestigen, je nach Körperteil mit einer Binde oder zum Beispiel mit zerschnittenen defekten Damenstrumpfhosen.
Expertin für Heilpflanzen
Brigitte Waser-Bürgi ist auf einem Bauernhof aufgewachsen und betreibt heute eine eigene Heilpflanzenschule in Sattel SZ. Sie ist ausgebildete Dipl. Heilpflanzen- und Pflegefachfrau HF und Dipl. Berufsfachschullehrerin HB. Ihr Wissen über die Verarbeitung von Wildpflanzen und Kräutern in der Küche sowie zur Herstellung von Heilmitteln gibt sie in Kursen weiter. Ihr breites Angebot reicht vom kleinen Kräuter-Spaziergang bis hin zum Phytotherapie-Lehrgang Heilpflanzenfachperson TEN. Zudem ist Frau Waser-Bürgi seit Jahren Autorin im Wildpflanzenmagazin.
Das Kursangebot von Brigitte Waser-Bürgi und weiter Informationen sind auf ihrer Webseite zu finden unter www.heilpflanzenfrau.ch.