Wird Fleisch von Nutztieren gewonnen, erfolgt dies entlang gesetzlicher Bestimmungen in dafür eingerichteten und überwachten Schlachtanlagen. Nutztiere werden zudem – im Gegensatz zum Wild – vor der Schlachtung betäubt und sofort ausgeblutet. Nach der Schlachtung erfolgt eine fachtechnische Fleischbeschau. Kranke Tiere werden separat geschlachtet und in Zweifelsfällen Labortests angeordnet. So ist gewährleistet, dass nur einwandfreie Tierkörper zur Verarbeitung gelangen. Jagdliche Gewinnung von Wildbret dagegen vollzog sich früher in einem recht freiheitlichen Rahmen. Doch das hatte sich schon seit Jahren geändert, was dem Tierarzt und Jäger Franz-Joseph Schawalder aus Mosnang (SG) zu verdanken ist. Er ist Initiant der Wildbrethygiene in der Schweiz. Die Regelung der Schweizer Wildbrethygiene ist unbürokratisch, aber sowohl zweck- als auch verhältnismässig.
Zweierlei Fleischgewinnung
Während sich beim Nutztier Tötung, Ausschlachten und Zerlegung von der Anlieferung der Tiere bis zum Beginn der Kühlkette für das gewonnene Fleisch innerhalb von hochtechnisierten Schlachtanlagen unter kontrollierten Bedingungen vollzieht, ist dies auf der Jagd ein improvisiertes Freiluftunterfangen mit diversen möglichen Störfaktoren.
Jagdliche Wildbretgewinnung, die das Privileg des Ausweidens ausserhalb von Schlachtanlagen geniesst, bewegte sich früher in einem nicht genau definierten Freiraum. Das generierte Kritik von der Nutztierseite der Fleischgewinnung, die sich an strikte Vorgaben halten muss und kontrolliert wird, aber auch von Konsumentenseite, weil diese nach immer mehr Sicherheit verlangt.
Deshalb hat man schon vor Jahren beschlossen, auch die Wildbretgewinnung zu reglementieren. «Man setzte richtigerweise auf die Eigenverantwortung des Jägers und erweiterte dessen anspruchsvolle Ausbildung dementsprechend», meint Franz-Joseph Schawalder, «so funktionierte das seither gut».
Die Gesetzesdichte ist gross
Jagd und Wildbretgewinnung unterliegen neben der Jagdgesetzgebung sowohl der Tierschutz- und Tierseu-chen- als auch der Lebensmittelgesetzgebung. Tierschutzgesetz und -verordnung verpflichten zur fachgerechten Tötung, das heisst ohne Qualen für das Tier. Tierseuchengesetz und -verordnung bezwecken – wie auch die Jagdgesetzgebung – die Verhinderung der Übertragung von Krankheiten vom Tier auf den Menschen (Zoonosen). Deshalb die Meldepflicht schon bei blossem Seuchenverdacht.
Das Lebensmittelgesetz (LMG) schliesslich dient dem Gesundheitsund Täuschungsschutz, aber auch der Hygiene durch entsprechende Vorschriften bezüglich Gewinnung, Lagerung, Transport sowie Rückverfolgbarkeit.
Das LMG regelt die Selbst- sowie die übergeordnete amtliche Kontrolle. Für den Jäger ist das LMG nur dann nicht relevant, wenn das Wildbret allein für den Eigenverbrauch im eigenen Haushalt (ohne Abgabe an Verwandte oder Drittpersonen) verwendet wird. Zum Gesundheitsschutz des Konsumenten darf nur einwandfreies Wildbret von gesunden Tieren in Verkehr gebracht werden.
Neu: Kennzeichnungspflicht
Aufgrund der Revision des Schweizer Lebensmittelrechts wurde nun ab Beginn der Jagdsaison 2018 eine Neuerung beim Schalenwild eingeführt, die die Rückverfolgbarkeit garantiert: Jedes Tier wird sofort nach dem Erlegen eindeutig gekennzeichnet mit einer Plombe an der Achillessehne und einem Wildbegleitschein (Anhang 14 der Verordnungen über die Hygiene beim Schlachten VHyS).
Entsprechend den Beobachtungen vor dem Schuss (Verhaltensstörungen, Abmagerung, stumpfes Fell) und beim Aufbrechen des Wildkörpers (krankhafte Veränderungen an den Organen) beurteilt der Jäger, ob dieses Wildbret für den menschlichen Konsum unbedenklich ist (= A-Tier) oder nicht (= B-Tier). B-Tiere müssen in einem bewilligten Wildverarbeitungsbetrieb einer Fleischbeschau durch den Amtstierarzt zugeführt werden.
Bekömmliches Wildbret
Der ernährungsphysiologische Wert des Wildbrets basiert auf hohem Eiweissgehalt (21 – 23 %), geringem Fettanteil (1 – 8 %, abhängig von Wildart und Fleischteil), hohem Mineralstoff-Anteil (vor allem Calcium, Phosphor und Eisen) und hohem Vitamin-Gehalt (besonders der Vitamin-B-Gruppe). Allerdings variieren in der wissenschaftlichen Literatur die Zahlen bezüglich Fettanteil stark, je nachdem, ob rein das Muskelfleisch untersucht wurde, oder auch das Binde- und Fettgewebe miteinbezogen wurde. Daher sagt Wildbretspezialist Dr. Armin Deuz von der Veterinärmedizinischen Universität Wien: «Vor allem aufgrund gezielter Zucht und kürzerer Mastdauer bei landwirtschaftlichen Nutztieren kann man heute nicht mehr behaupten, Schweinefleisch sei generell fett und Wildbret generell fettarm. Reines Magerfleisch enthält – unabhängig von der Tierart – nur etwa ein bis zwei Gramm Fett.»
Worauf es speziell ankommt
Entscheidend für einwandfreies Wildbret sind ein optimaler Schuss, sofortiges Aufbrechen und eine raschmögliche Kühlung. Als geeignete Jagdmethoden gelten Ansitz, Pirsch und kurze Bewegungsjagden, damit das Wild angesprochen – das heisst schon vor dem Schuss beurteilt – und ohne viel Stress erlegt werden kann.
Der sichere Tod des Tieres bedingt einen gut platzierten Blattschuss, das wiederum ist eine Frage der Übung. Der Ein- und Ausschuss sollte vor dem Zwerchfell liegen, damit die Bauchhöhle nicht mit Mageninhalt und Darmbakterien verunreinigt wird. Stark kontaminiertes Wildbret darf nicht in den Verkauf gelangen (Eigengebrauch oder Entsorgung). Auch Tiere von Nachsuchen bei der Jagd oder bei Verkehrsunfällen, sind kritisch zu beurteilen, und zwar durch einen Spezialisten. «Sie gehören nicht in die Hotelküche und nicht auf den Ladentisch des Metzgers», mahnt Franz-Joseph Schawalder.
Entscheidend ist in jedem Fall das rasche Aufbrechen und Ausweiden, idealerweise hängend; bei grossem Wild oder im Gebirge notgedrungen liegend. Die Organe werden auf einmal vom Weidloch (After) bis zum Lecker (Zunge) entnommen. Eine saubere Arbeitsweise ist Pflicht. Falls ein Raum mit Wasseranschluss innerhalb einer Stunde nach dem Erlegen erreichbar ist, spricht nichts dagegen, diese Variante fürs Aufbrechen zu wählen. Wichtig bei allen Arbeitsschritten ist, auf Auffälligkeiten zu achten wie Farbabweichungen, Entzündungen, Gewebeveränderungen oder Parasiten. Beim Schwarzwild (Wildschwein) muss zudem eine Muskelprobe auf Trichinen (= auf den Menschen übertragbare Nematodenwürmer) untersucht werden. Dies gilt auch für Dachs- oder Fuchspfeffer, der ohnehin nur in privaten Kreisen überhaupt auf den Tisch kommt.
Selbstkontrolle bewährt sich
Beim Abtransport der erlegten Tiere ist darauf zu achten, dass es nicht zum Verhitzen der Wildkörper kommt. Also auf und nicht im Rucksack transportieren, nicht im geschlossenen Kofferraum und nicht gestapelt auf einem Fahrzeuganhänger. Vor allem aber geht es jetzt darum, die Tierkörper so rasch wie möglich auf die vom Gesetz vorgeschriebene Kerntemperatur zu kühlen: Schalenwild auf vier Grad Celsius, Hasen und Federwild auf zwei Grad Celsius. Weil der Einstieg in diese nicht mehr zu unterbrechende Kühlkette möglichst ohne Verzug einsetzen muss, sollte bei Bewegungsjagden auch auf die abendliche Streckenlegung verzichtet werden.
Der Wildtierkörper darf in der Decke (nicht abgehäutet) provisorisch in einem Kühlraum gelagert werden, in dem sich keine anderen Lebensmittel befinden. Besser jedoch ist der sofortige Bezug eines professionellen Kühlraums mit genügend Luftfeuchtigkeit. Hier empfiehlt sich, das Wild sofort aus der Decke zu schlagen und alle Verunreinigungen (inklusive Einund Ausschuss) zu entfernen.
Mit all diesen auf Eigenverantwortung basierenden Massnahmen der heute praktizierten Wildbrethygiene ist es gelungen, Image und Qualität des hochwertigen Nahrungsmittels Wildbret weiter zu verbessern.