Nach einem Jahr Zwangspause sei es um so schöner, wieder eine grosse Schar an Teilnehmenden am Tag der Bäuerin begrüssen zu können, erklärte Petra Fäh vom Organisations-Team zum Auftakt der Veranstaltung. Sie sprach das Thema an, welches den Inhalt der fünf Referate und der anschliessenden Podiumsdiskussion bildete. Es lautete: «Was mich nicht umhaut, macht mich stark. Frauenpower in der Landwirtschaft.»
Durch die Gesprächsrunde führte Claudio Agustoni, Redaktor beim Schweizer Radio und Fernsehen. Er stellte die vier Referentinnen Priska Wismer, Margrith Loretz, Carina Rohner und Andrea Joss sowie den Referenten Peter Kopp, Geschäftsleitungsmitglied Schweizer Bauernverband und Generalsekretär der Agrisano-Unternehmungen, vor. Die Lebensgeschichten der vier Bäuerinnen berührten, zeigten aber auch, dass sich selbst in scheinbar unlösbaren Situationen alles zum Guten wenden kann.
Bäuerin als Traumberuf erfahren
Sie habe im Laufe der Jahre viele schwierige Situationen erlebt, berichtete Andrea Joss. Die Probleme hätten kurz nach der Heirat begonnen, da die Schwiegereltern sie nicht akzeptiert hätten. Nach 15 Jahren habe sie gewusst, dass sie den Hof verlassen müsse, um zu überleben. Mit einem Burnout und ohne Job und Geld seien die Hürden zunächst unüberwindbar erschienen. Schliesslich habe sie sich aufgerappelt und eine Ausbildung als Sachbearbeiterin Treuhand absolviert. Später sei eine Weiterbildung zur Mediatorin gefolgt.
Weil sie die Landwirtschaft stets vermisste, verbrachte Andrea Joss im Jahre 2019 einen Sommer auf der Alp. Kurze Zeit später erfuhr sie von der schweren Erkrankung ihres Ex-Mannes. Nach seinem Tod habe sie sich entschlossen, auf den in der Zwischenzeit heruntergewirtschafteten Hof zurückzukehren. Ziel sei es, die Landwirtschaft in einigen Jahren dem Sohn und die Hofbäckerei einer ihrer zwei Töchter zu übergeben. «Es war hart, den Hof wieder auf die Beine zu bringen», betonte die Bäuerin, die ihre Tätigkeit in der Landwirtschaft als Traumberuf bezeichnete. Die grossen Herausforderungen habe sie nur gemeistert, weil ihre drei Kinder, sie und ihr neuer Lebenspartner stets zusammengehalten hätten. Zum Glück habe sich auch das Verhältnis zum Schwiegervater entspannt.
«Nimmst du das Glück selber in die Hand, kommt es gut» sei stets ihr Leitspruch gewesen. Zudem habe sie durch die Schicksalsschläge lehrreiche Erfahrungen gemacht. So sei ihr heute bewusst, dass es nie zu früh sei, in schwierigen Situationen Hilfe anzunehmen. «Mit meinem heutigen Wissen hätte ich damals als junge Bäuerin eine Meditation mit meinem Ex-Mann und den Schwiegereltern angestrebt.»
Energie in der Familie tanken
Sie habe bei ihrer Arbeit auf dem Familienbetrieb einige Situationen erlebt, die nicht ganz einfach gewesen seien und sie doch stärker gemacht hätten, erklärte Carina Rohner. Sie und ihr Mann Heinz führen im Rheintal erfolgreich einen Betrieb, der auf Milchwirtschaft und Gemüseanbau spezialisiert ist. Zudem betreiben sie einen weit herum bekannten Hofladen. Anfangs hätten ihr typische Generationenkonflikte das Leben erschwert, da ihre Schwiegermutter und sie nicht immer gleicher Meinung gewesen seien. Beide, vor allem aber sie selber, hätten aus den anfänglichen Reibereien viel gelernt. Heute schmunzelten sie über die anfänglichen Schwierigkeiten.
Erfahren habe sie auch, dass Glück und Leid oft nah beieinander liegen. Mit Stolz habe sie 2020 für ihren Hofladen die Krone des Trägervereins Culinarium entgegengenommen. Nur einen Tag später sei ihr der Boden unter den Füssen entzogen worden, als ihre Schwester gesagt habe, sie wolle den Hof verlassen und neue Wege gehen. In solch schwierigen Situationen helfe ihr eine positive Einstellung. Sehr viel Kraft tanke sie aber auch im Kreis ihres Mannes und der Kinder.
Priska Wismer erzählte von ihrer Doppelbelastung als Bäuerin und als Nationalrätin. Die Arbeit als Politikerin und auf dem Hof seien zwei total verschiedene Sachen, die aber doch auch miteinander verwoben seien. Beides sei nicht selten mit langen Arbeitstagen verbunden. Auch sie erklärte, dass sie als Mutter von fünf erwachsenen Töchtern und stolze Grossmutter viel Energie von der Familie erhalte. Ausserdem finde sie in Hobbies willkommene Erholung. Beim Singen und Jassen finde sie ideale Abwechslung vom Alltag.
Krebsdiagnose verändert alles
Das Leben von Margrith Loretz veränderte sich schlagartig, als sie vor dreieinhalb Jahren erfuhr, dass sie an Krebs erkrankt ist. Mit ihrem Referat wolle sie anderen Mut und Hoffnung machen, betonte sie. Sie selber habe trotz der Diagnose immer die Kraft und den Glauben behalten, dass alles wieder gut werde. Sei es ihr nach Chemotherapien, Bestrahlungen und Operationen sehr schlecht gegangen, habe ihr ein Gedanke sehr viel Symbolkraft verliehen. «Mir war klar, dass ich einen Gipfel besteigen muss und ihn auch erreichen werde.»
In der schweren Zeit habe sie in der Familie und im Freundeskreis sehr viel Unterstützung erfahren. Eineinhalb Jahre nach der Diagnose sei sie zusammen mit der Tochter auf einen Berg gestiegen. «Es war ein unglaubliches Gefühl auf dem Gipfel zu stehen und zu wissen, dass ich zurück im Leben bin. Wir alle sind viel stärker, als wir glauben. Deshalb ist es in schwierigen Situationen sehr wichtig, den Glauben an sich selber nicht zu verlieren», betonte Margrith Loretz.
Peter Kopp nutzte sein Referat, um auf die Sensibilisierungskampagne «Verantwortung wahrnehmen. Fürs Leben rüsten» aufmerksam zu machen. Von verschiedenen Organisationen lanciert, setzt sie sich für einen besseren Sozialversicherungsschutz der Bäuerin und der gesamten Bauernfamilie ein.
Am Schluss der Gesprächsrunde dankte Agnes Schneider, Mitglied des Organisations-Teams, den Diskussionsteilnehmenden für ihre offenen Worte. Das Schwyzerörgeli Trio «Churfirstengruess» um-rahmte den Tag der Bäuerin musikalisch.
Quelle: Genossenschaft OLMA Messen St. Gallen