Die rote Vogelmilbe (lat. Dermanyssus gallinae) gehört zur Familie der Spinnentiere. Die weibliche Milbe ist ausgewachsen rund einen Millimeter gross und mit blossem Auge kaum erkennbar. Als nachtaktiver Parasit befällt sie die Hühner nur im Dunkeln, um sich dann mit Blut vollgesogen tagsüber in finsteren Spalten, Ritzen und Nestern zurückzuziehen. Aus diesem Grund ist es nicht ganz einfach, den Befall im Stall frühzeitig zu erkennen.
Quer gelesen
- Die rote Vogelmilbe ist nachtaktiv und befällt die Hühner nur im Dunkeln. Am Tag versteckt sie sich.
- Bei warmen Temperaturen vermehrt sich die Milbe exponentiell (ohne Behandlung). Ein Milbenbefall bedeutet Stress für die Hühner.
- Um einen Befall frühzeitig zu entdecken, ist ein gezieltes Milbenmonitoring notwendig.
Lebenszyklus
Die Vogelmilbe ist sehr widerstandsfähig und kann bis zu neun Monate ohne Blutmahlzeit überleben. Auch Temperaturen zwischen – 25 °C und + 45 °C vermag sie auszuhalten. Für die optimale Vermehrung braucht es allerdings Temperaturen zwischen 20 °C und 30 °C bei einer relativen Luftfeuchtigkeit von 70 bis 90 Prozent. Bei diesen idealen Bedingungen liegt die Generationsdauer bei sieben Tagen. Während den wärmeren Tagen im Jahr vermehrt sich die Milbenpopulation ohne Behandlung exponentiell.
Die Entwicklung der Vogelmilbe vollzieht sich über ein Larven- und zwei Nymphenstadien zur adulten Milbe. Bereits die Nymphenstadien benötigen eine Blutmahlzeit zur weiteren Entwicklung.
Die Stallhygiene ist ein zentraler Punkt in der Prophylaxe gegen die Ektoparasiten im Stall.
Die adulte Milbe ist im Verhältnis zu ihrer Grösse ziemlich flink und wandert nachts bis zu 80 cm von ihrem Tagesversteck aus, um die Hühner zu befallen. Ihr Versteck kennzeichnet sie mit Duftstoffen (Pheromonen). Dies ermöglicht ihr, nach der Blutmahlzeit den Weg nach Hause wieder zu finden und Kolonien zu bilden. Diese Kolonien sind im Stall als rot-schwarze Beläge mit blossem Auge sichtbar.
Symptome beim Befall
Ein Befall mit der roten Vogelmilbe bedeutet in der Geflügelproduktion immer Stress für die Tiere. Die Herde wird stets unruhiger und nervöser. Häufig verändert sich auch die Qualität des Federkleides und möglicherweise bepicken sich die Hühner gegenseitig. Ein massiver Milbenbefall kann auch zu Blutarmut führen, was an blassen Kopfanhängen zu erkennen ist. Durch den Stress ist ein Legeleistungsabfall und leichter Gewichtsverlust möglich. Als Überträger von Bakterien und Viren hat die Vogelmilbe eine negative Auswirkung auf die Tiergesundheit.
Die rote Vogelmilbe zählt zu den Zoonosen. Bei massivem Befall im Stall stehen den Milben zu wenig Wirte zur Verfügung, worauf sie auf andere warmblütige Organismen übergehen. Der Befall beim Menschen zeigt sich als unspezifische Hautentzündung (auch als Vogelhalter-Dermatitis bekannt) mit roten Stichquaddeln und Bläschenbildung, begleitet von Juckreiz.
Vorbeugende Massnahmen
Die Stallhygiene ist ein zentraler Punkt in der Prophylaxe gegen die Ektoparasiten im Stall. Vor allem während der Leerzeit sollte der gesamte Stall inklusive Vorräume gründlich gewaschen und desinfiziert werden. Dabei müssen möglichst alle Ritzen und Winkel in der Volière gereinigt werden.
Eine gängige Art der Milbenbekämpfung ist der Einsatz von Silikatpulver (z. B. Kieselgur / Diatomeenerde). Dies ist eine biophysikalische Bekämpfungsmethode. Die Silikate werden vor dem Einstallen trocken oder flüssig auf die gesamte Stalleinrichtung aufgebracht. Das Pulver trocknet die Milben aus und verhindert somit die Ausbreitung der Population.
Durch gezieltes Mil-ben-Monitoring kann ein Milbenbefall möglichst früh erkannt werden. Dabei werden Milbenfallen im gesamten Stall ausgebracht und anschliessend im Labor ausgezählt. Die Fallen werden unterhalb von Sitzstangen entlang der nächtlichen Wanderwege der Milben befestigt.
Werden die Fallen in regelmässigen Abständen im Stall angebracht und ausgewertet, können sogenannte Hotspots eruiert werden. Diese Hotspots sind Stellen, an welchen bereits grosse Milbenpopulationen vorhanden sind. Bei frühzeitiger lokaler Behandlung dieser spezifischen Stallbereiche kann einer rasanten Ausbreitung entgegengewirkt werden. Als lokale Behandlung eignet sich auch eine Mischung aus zehn Liter Wasser, einem Kilogramm Schmierseife und einem Liter hochprozentigem Alkohol, welche mittels Sprühgerät aufgetragen wird.
Behandlung / Bekämpfung
Die gängigen Produkte zur Bekämpfung der roten Vogelmilbe teilen sich in chemische, biophysikalische und biologische Mittel auf. Zeigen die prophylaktischen Massnahmen nicht ausreichend Wirkung und steigt der Druck weiter an, können chemische oder biologische Mittel zum Einsatz kommen.
Zu den chemischen Mitteln zählen die Kontaktinsektizide. Diese werden auf die Stalleinrichtung aufgesprüht. Sobald die Milbe das Mittel berührt, kommt es zu einer Lähmung ihres Atemzentrums.
Mit dem Wirkstoff Fluralaner ist auch ein verschreibungspflichtiges Tierarzneimittel verfügbar, welches den Hühnern zweimalig im Abstand von sieben Tagen über das Trinkwasser verabreicht wird. Dieser Wirkstoff reichert sich nach Aufnahme im Blut des Huhns an. Saugt die Vogelmilbe Blut von behandeltem Geflügel, führt dies zum direkten Tod. Da nur die adulten Milben sowie die Nymphenstadien blutsaugend sind, muss die Behandlung nach sieben Tagen wiederholt werden, um auch die unterdessen weiterentwickelten Eier und Larvenstadien abzutöten. Voraussetzung für diese sehr potente, aber kostspielige Behandlung ist eine Mindesttemperatur von 20 °C. Bei kühleren Temperaturen verlangsamt sich der Entwicklungszyklus der Milbe und dauert somit länger als die sieben Tage.
Zu den biologischen Bekämpfungsmethoden zählt der Einsatz von sogenannten Raubmilben. Sie fressen die rote Vogelmilbe in allen Entwicklungsstadien vom Ei bis zum adulten Tier. Zu beachten ist dabei, dass die Raubmilben mindestens 12 °C benötigen und nässeempfindlich sind.
Rein physikalische Methoden im Kampf gegen Milben sind zum Beispiel das Aufheizen des gesamten Stalles in der Leerphase auf über 45 °C oder der Einsatz eines Milbenschutzgerätes, welches elektromagnetische Schwingungen erzeugt.
Vogelmilben immer bekämpfen
Es ist kaum möglich, den Stall während eines gesamten Umtriebes milbenfrei zu halten. Ein Befall sollte immer bekämpft werden, aus Gründen des Tierschutzes und um wirtschaftliche Verluste gering zu halten.
Nicht jede Methode ist für jeden Stall in jeder Jahreszeit geeignet. Einschränkungen bestehen vor allem in der kalten Jahreszeit. Biosicherheitsmassnahmen sollten gleichzeitig mit der Bekämpfung durchgeführt werden, um die Reinfektionsgefahr möglichst zu minimieren. Ein gezieltes Milbenmonitoring ermöglicht das frühzeitige Aufspüren von Hotspots im Stall, welche gezielt und lokal behandelt werden können.