Es ist allgemein bekannt, dass sich hohe Temperaturen im Sommer negativ auf die Gesundheit und die Leistung der Kühe auswirken. Einerseits führt Hitzestress zu unmittelbaren negativen Auswirkungen. Die Gefahr einer Pansenazidose steigt, weil die Kuh mittels reduzierter Futteraufnahme die Wärmeentwicklung aus der Pansenfermentation vermindern will. Hinzu kommt, dass durch die reduzierte Wiederkautätigkeit weniger Speichel produziert wird, der den Pansen puffern würde. Andererseits sind die Spätfolgen von Hitzestress nicht weniger wirtschaftlich relevant. Lahmheiten im Herbst können ihren Ursprung in Hitzephasen im Sommer haben. Dies, weil die Kühe während Phasen von Hitzestress mehr stehen, um mehr Wärme abgeben zu können. Die Belastung der Klauen ist somit grösser. Weiter wird durch die Pansenazidose die Pansenwand durchlässiger für Toxine, welche die Durchblutung der kleinen Blutgefässe beeinträchtigen. So werden die Klauen beispielsweise schlechter durchblutet. Auch bei einer reduzierten Fruchtbarkeit kann Hitzestress der Grund sein. So sind ein um 30 Prozent tieferer Erstbesamungserfolg, eine um 44 Prozent erhöhte Rate an stiller Brunst, eine um 50 Prozent höhere Anfälligkeit für Nachgeburtsverhalten und eine um einen Drittel kürzere Brunstdauer Folgen von Hitzestress.
Galtkühe nicht vergessen
Viele Betriebe sind sich der Problematik bewusst und treffen bauliche sowie fütterungsbedingte Massnahmen, damit die Leistung der Milchkühe nicht einbricht. Doch eine Gruppe geht dabei manchmal vergessen, nämlich die Galtkühe. Leiden Galtkühe unter Hitzestress, so sind nicht nur sie selbst davon betroffen, sondern auch ihre Nachkommen.
Viele Galtkühe werden im Sommer auf Weiden gehalten. Dies ist nicht unbedingt schlecht, denn viel Bewegung ist in dieser Phase sinnvoll. Dennoch fehlen auf vielen Weiden geeignete Möglichkeiten, damit Hitzestress nicht zum Problem wird. Weiter ist die Haltung der Galtkühe auf Tiefstroh bezüglich der Bewegungsfreiheit und des Kuhkomforts passend. Hier ist aber zu beachten, dass die Fermentation des Mists zusätzliche Wärme im Liegebereich generiert, was zu reduzierter Liegezeit führen kann.
Eine Studie verglich die Ergebnisse von insgesamt 15 internationalen Versuchen, welche alle die Auswirkungen von Hitzestress bei Galtkühen untersuchten. Bei der Milchleistung in der Folgelakta tion kamen diese zu eindeutigen Ergebnissen. Leiden Galtkühe unter Hitzestress, geben sie in der folgenden Laktation weniger Milch. Tritt Hitzestress in den letzten drei Wochen vor dem Abkalben auf, wird die Tagesmilchleistung um durchschnittlich sechs Prozent oder um 2,2 Liter Milch reduziert. Haben die Kühe bereits während der gesamten Galtzeit Hitzestress, so reduziert sich die Tagesmilchleistung um zwölf Prozent oder um vier Liter Milch pro Tag. Rechnet man das auf fünf Kühe mit einer Laktation von 305 Tagen auf, so sind dies total 6100 Liter weniger Milch.
Damit die Kühe optimal in die Laktation starten und nicht an Ketose erkranken, müssen sie in der Galtzeit einen hohen Verzehr aufweisen. Es konnte in mehreren Studien gezeigt werden, dass Hitzestress in der Galtphase zu einem tieferen Verzehr führt. Durchschnittlich fressen die Kühe 1,5 kg oder 13 Prozent weniger TS pro Tag. Weiter weisen einige Studien darauf hin, dass der Gehalt an Immunglobulinen im Kolostrum tiefer ist, wenn die Galtkühe unter Hitzestress gelitten haben. Hier ist sich die Wissenschaft aber nicht zu 100 Prozent sicher, da es auch Studien gibt, die das Gegenteil zeigen.
Unser Tipp
Massnahmen für Galtkühe bei Hitzestress
Im Stall
- Fütterung während der kühleren Tageszeiten (Morgen und Abend)
- Galtphasenration mit schmackhaften und gut verdaulichen Komponenten ad libitum anbieten
- Einsatz von Galtphasenfuttern mit Lebendhefen und natürlichen Antioxidantien für hohen Verzehr und starke Immunität
- Kühlmöglichkeiten wie Ventilatoren, Dusche oder Sprinkler im Stall anbieten (bei hohem Temperatur-Humiditäts-Index (THI) sollte beim Einsatz von Sprinklern die Luftfeuchtigkeit mit der Lüftung abtransportiert werden, damit der THI nicht noch weiter steigt)
- Weicher Liegebereich mit genügend Platz, damit die Galtkühe viel liegen
- Optimum bei Strohmenge finden, damit die Kühe nicht zu warm haben
- Bedarfsgerechte Mineralstoffversorgung, da durch die Transpiration mehr Mineralstoffe ausgeschieden werden
Auf der Weide
- Genügend Schattenplätze, wenn möglich natürliche Schattenplätze, da dort der Kühleffekt besser ist als unter einer Plane
- Viel frisches Wasser, da durch die Transpiration Flüssigkeit verloren geht
- Bedarfsgerechte Mineralstoffversorgung sichern, z. B. mit Boli, Micro-Feeder, Cake Bloc
- Drei Wochen vor dem Abkalben sollten die Kühe eingestallt und angefüttert werden
Nachkommen spüren die Folgen
Die Folgen von Hitzestress bei Galtkühen betreffen auch deren Nachkommen. Besonders auffällig sind die Geburtsgewichte. Kälber von Kühen, die in der Galtzeit unter Hitzestress litten, sind durchschnittlich 4,4 kg leichter. Dieser Unterschied wurde in diversen Studien nachgewiesen. So erstaunt es wenig, dass auch die Absetzgewichte von Kälbern, deren Mütter «gekühlt» wurden, rund 7 kg höher sind. Andere Studien verglichen lediglich den Geburtsmonat und zeigten, dass Kälber, die in den Wintermonaten geboren wurden, rund 3 kg schwerer sind als diejenigen, die im Sommer geboren wurden.
Die Ursachen der unterschiedlichen Geburtsgewichte werden verschieden begründet. Einerseits kann die tiefere Futteraufnahme bei Hitzestress dazu führen, dass die Nährstoffversorgung der ungeborenen Kälber geringer ist. Eine andere Ursache kann die geringere Durchblutung der Gebärmutter bei hohen Temperaturen sein. Auch hier werden weniger Nährstoffe zum Kalb transportiert. Andererseits schränkt die geringere Durchblutung der Gebärmutter die Entwicklung und das Wachstum der Plazenta ein und reduziert so wiederum die Nährstoffzufuhr zum Kalb.
Hitzestress als Generationenkonflikt
Noch spannender wird es, wenn betrachtet wird, welche Leistungen die Töchter und Enkeltöchter von Kühen erbringen, die in der Galtzeit unter Hitzestress litten. Dies hat die Universität Florida mit je 200 Kühen untersucht. Die eine Gruppe wurde während der Galtzeit ab 21 °C mit Sprinkleranlagen und Ventilatoren gekühlt. In der anderen Gruppe gab es keine Kühlmassnahmen. Von den je 150 Töchtern, die in die dritte Laktation kamen, wurden die Milchdaten erhoben. Alle Tiere wurden unter gleichen Umwelt- und Managementbedingungen gehalten. Die Töchter der von Hitzestress betroffenen Kühe gaben in der ersten Laktation 2,2 Liter und in der dritten Laktation gar 6,5 Liter weniger Milch pro Tag. Auch die Enkelinnen der «ungekühlten» Grossmütter gaben pro Tag 1,3 Liter weniger Milch in der ersten und 4,9 Liter weniger in der dritten Laktation.
Leiden Galtkühe unter Hitzestress, wirkt sich das auf die Töchter und Enkeltöchter aus.
Richtig handeln
All die genannten Einflüsse verdeutlichen, dass Galtkühe in jedem Fall vor Hitzestress geschützt werden sollen. Unabhängig von der Haltungsform ist ein gutes Management der Galtkühe wichtig für die Gesundheit von Kuh und Kalb. Hitzestress kann sowohl Kühe auf der Weide als auch solche im Stall betreffen. Es ist empfehlenswert, dass in beiden Systemen die Kühe rund drei Wochen vor der Abkalbung optimal versorgt und gekühlt werden.
Zentral ist auch die passende Mineralstoffversorgung, da durch die Transpiration mehr Mineralstoffe ausgeschieden werden. Mit der richtigen Mineralstoffversorgung kann Milchfieber effektiv vorgebeugt werden.
AGRAR-QUIZ
Hitzestress bei Milchkühen
Testen Sie Ihre Fachkenntnisse. Machen Sie mit beim Agrar-Quiz der UFA-Revue. Die Fragen drehen sich rund um die Ursachen und Auswirkungen von Hitzestress bei Kühen.