Kühe fühlen sich bei Temperaturen zwischen dem Gefrierpunkt und 17 °C am wohlsten und müssen keine Anstrengungen unternehmen, um ihre Körpertemperatur konstant zu halten. Auch Temperaturen unter 0 °C meistern Kühe problemlos. Wird es jedoch wärmer, leiden Kühe relativ schnell an Hitzestress – und das oft früher, als man denkt.
Mit schneller Atmung beginnt es...
Die Symptome von Hitzestress sind vielfältig. Zu Beginn erhöht die Kuh ihre Atemfrequenz und sucht nach schattigen Plätzen. Bei mässigem Hitzestress (ab rund 25 °C) verstärken sich die oben erwähnten Symptome. Zudem geht der Futterverzehr zurück, die Milchleistung und -gehalte sinken merklich ab, die Tiere schwitzen und nehmen mehr Wasser zu sich. Ein weiterer heikler Punkt ist die Verschlechterung der Fruchtbarkeit im Zusammenhang mit Hitzestress.
Schneller betroffen sind Kühe, die viel Milch produzieren: Durch die hohe Futteraufnahme wird besonders im Pansen viel Wärme produziert, die bei warmen Umgebungstemperaturen abgegeben werden muss. In der abgebildeten Tabelle wird ersichtlich, ab welchen Temperaturen Hitzestress bei Kühen beginnt. Dabei ist es entscheidend, die relative Luftfeuchtigkeit miteinzubeziehen – denn je höher diese ist, desto stärker haben Kühe mit warmen Temperaturen zu kämpfen.
Sobald aufgrund von Hitzestress der Futterverzehr absinkt und selektiv gefressen wird (Kühe fressen bei Hitze bevorzugt stärkereiche, faserarme Komponenten), werden Ketosen und Pansenazidosen begünstigt. Beide Stoffwechselerkrankungen ziehen unter anderem Fruchtbarkeitsprobleme nach sich. Aber auch Hitze alleine reicht aus, um den Besamungserfolg drastisch zu verschlechtern: Durch den Stress wird einerseits die Hormonbildung gestört, andererseits scheint die Eizellenreifung und Einnistung des Embryos beeinträchtigt zu werden. Dadurch muss während Hitzeperioden nicht nur ein verringerter Milcherlös in Kauf genommen werden, sondern auch die Fruchtbarkeit verschlechtert sich. Doch was kann der Landwirt dagegen unternehmen?
Massnahmen im Stall
Um die Wärme aus dem Stall zu befördern, gibt es einige Möglichkeiten. Grosse Lüfter und Sprinkleranlagen haben sich auf vielen Betrieben etabliert. Besonders bei Sprinkleranlagen ist es aber wichtig, dass die Liegeboxen nicht feucht werden, da sich Bakterien unter feuchten Bedingungen vermehren und zu Mastitisproblemen führen können. Wichtig ist auch, dass die angefeuchtete Luft aus dem Stall abgeführt wird, nachdem sie sich erwärmt hat. Ansonsten kann durch das feucht-warme Klima der Hitzestress noch verstärkt werden! Weitere Massnahmen sind isolierte Dächer und offene Stallfronten.
Nur bestes Futter
Damit der Futterverzehr möglichst hoch bleibt, müssen die Kühe zum Fressen animiert werden: zwei Mal täglich frisches Futter vorlegen, regelmässiges Anschieben des Futters, qualitativ hochwertige Futtermittel, die Ration in den frühen Morgenstunden vorlegen, Futterreste täglich entfernen sowie Nacherwärmungen im Silo durch ausreichend Vorschub unbedingt verhindern. Durch Schwitzen verliert der Körper Wasser, Salz und Mineralstoffe. Deshalb ist es sinnvoll, die Salz und Mineralstoffgabe zu erhöhen. Der Wasserbedarf kann um bis zu 20 Prozent ansteigen.
Tiefe Milchinhaltsstoffe
Die Auswertungen der UHS-Betriebe zeigen deutlich, dass die Milchinhaltsstoffe in den Sommermonaten merklich tiefer sind als während der restlichen Jahreszeit. Vor allem auf Betrieben mit einem relativ hohen Anteil an Grünfutter, liegt der Milchfettgehalt teilweise markant tiefer. Gründe dafür sind der eben erwähnte Hitzestress, der reduzierte TS-Verzehr und das teilweise selektive Fressen. Der Milchfettgehalt setzt sich aus drei verschiedenen Quellen zusammen. Die Grösste sind die flüchtigen Fettsäuren im Pansen. Dabei sind Essigsäure und Buttersäure primäre Quellen für die Milchfettbildung. Je mehr von diesen Säuren gebildet wird, desto höher der Milchfettgehalt. Die zweite eher unerwünschte Quelle ist das Depotfett. Bei der Körperfettmobilisation steigt das Milchfett bekanntlich an. Das Fettgewebe wird jedoch während der ganzen Laktation umgebaut, so dass diese ebenfalls eine Quelle für den Milchfettgehalt ist. Der dritte Teil ist das zugesetzte Fett in der Ration. Dieses muss jedoch in geschützter Form verabreicht werden, um den gewünschten Effekt zu erzielen.
Lebendhefen federn Hitzestress ab
Verschiede Futterzusätze haben sich in der Praxis bewährt, um die Symptome und negativen Auswirkungen von Hitzestress zu reduzieren. Neben geschütztem Fett kommen immer wieder Lebendhefen zur Sprache, die den Pansen-pH stabilisieren, den Zellwandabbau fördern und den Futterverzehr erhöhen – alles Faktoren, die zwar das ganze Jahr über von grosser Bedeutung sind, jedoch bei Hitzestress entscheidend für die Tiergesundheit sein können.
Bestimmte Hefestämme fördern milchsäure- und zelluloseabbauende Mikroorganismen im Pansen. Durch den vermehrten Milchsäureabbau wird der pH-Wert im Pansen erhöht, durch den erhöhten Zelluloseabbau wird die Fütterungseffizienz gefördert. Die Mikroorganismen im Pansen sind grösstenteils anaerob, das bedeutet, dass sie nur überleben, wenn kein Sauerstoff in der Umgebung vorhanden ist. Durch die Fut-ter- und Wasseraufnahme gelangen aber stets geringe Mengen an Sauerstoff in den Pansen, welche die Pansenmikroben stören. Auch auf diesen Effekt haben Lebendhefen einen positiven Einfluss, da sie den Sauerstoff abbauen und für ein besseres Pansenmilieu sorgen. Diese Faktoren sorgen dafür, dass die Verdauung effizienter abläuft und der Trocken-substanz-Verzehr ansteigt (um 0.5 bis 1 kg TS/Kuh/Tag). Dadurch kann sich einerseits die Milchleistung bei gleichbleibenden Milchinhaltsstoffen erhöhen und/oder andererseits kann die Ausprägung der negativen Energiebilanz in der Startphase abgeschwächt werden, wodurch Stoffwechselstatus und Tiergesundheit verbessert werden können.
Versuch in der Praxis
Wie bereits angesprochen, haben Lebendhefen einen positiven Einfluss auf den Pansen-pH. In einem Praxisversuch wurde im Sommer 2016 untersucht, wie sich der pH-Wert durch die Zugabe von Lebendhefen in der Startphase verändert. Auf dem Praxisbetrieb wurden zwei Gruppen à je fünf Kühen gebildet und mit einem Sensor ausgestattet, der in regelmässigen Abständen den Pansen-pH ermittelte. Eine Gruppe diente als Kontrollgruppe, die zweite Gruppe erhielt den Zusatz Lebendhefen. Beide Gruppen erhielten exakt dieselbe Ration, nur dass bei der Lebend-hefe-Gruppe das Leistungsfutter UFA 243 mit Lebendhefen versehen war und bei der Kontrollgruppe nicht. Im und ausserhalb des Stalles wurden Messgeräte angebracht, die Temperatur und Luftfeuchtigkeit erfassten und daraus den THI berechneten.
Die Kühe, die Lebendhefen erhielten, wiesen mit 6.36 einen durchschnittlich höheren Pansen-pH auf als die Kontrollgruppe (6.28). Die Zeit in der der pH-Wert unter den kritischen Wert von 6 fiel, lag bei der Kontrollgruppe bei 108 Minuten und bei der Lebendhefe-Gruppe nur bei 13 Minuten pro Tag – also auch hier eine deutliche Verbesserung und Stabilisierung des Pansen-pHs.
Ein weiterer spannender Punkt ist der Einfluss des THI auf den Pan-sen-pH. Während der Versuchsperiode stieg der THI drei Mal über den kritischen Wert von 68 Punkten an, ab dem Kühe beginnen, unter Hitzestress zu leiden. Die Kontrollgruppe wies kurz nach den Hitzeperioden deutlich abgesenkte pH-Werte im Pansen während mehreren Tagen auf. Die Kühe mit der Lebend-hefe-Zugabe erreichten deutlich stabilere und höhere pH-Werte und der Wert fiel deutlich weniger lange unter den kritischen pH-Wert von unter 6 (Grafik).
Der Praxisversuch hat klar aufgezeigt, dass durch eine Lebend-hefe-Zugabe der Pansen-pH stabilisiert wird und der pH seltener unter den kritischen Wert von unter 6 fällt. Damit kann das Azidose-Risiko gesenkt und die Fütterungseffizienz gesteigert werden.
AutorenHansueli Rüegsegger, Leiter Milchvieh UFA AG, 3360 Herzogenbuchsee; Samuel Brunner, Ressortleiter und Milchviehspezialist im UFA-Beratungsdienst, 6210 Sursee
Versuchsbetriebe gesucht
Aufgrund der relativ häufigen Problematik von tiefen Milchinhaltsstoffen im Sommer hat UFA ein Versuchsfutter entwickelt, um der Problematik entgegenzuwirken. UFA 250 Speciflor dient als Basis des Futters. Dies bringt die Vorteile mit sich, dass der erhöhte Anteil an leicht verdaulichen Zellwänden bereits positive Eigenschaften mit sich bringt, um die Pansenaktivität zu steigern. Für den Versuch wurde «UFA 250 Speciflor Versuch» zusätzlich mit einem Zusatz ausgestattet, welcher vor allem den Fettgehalt positiv beeinflusst.
Wenn Sie Interesse haben, dieses Futter zu testen, dann melden Sie sich doch bei Ihrem UFA-Milchviehspezialisten.