Wenn wir uns und andere fragen, was wir von einem guten Stück Fleisch erwarten, lautet die Antwort meist: Zart, saftig und schmackhaft soll es sein. Entlang der Wertschöpfungskette der Schweinefleischproduktion, von der Besamung bis in die Verkaufstheke, sind die Vorstellungen von Qualität aber ganz andere und sehr verschieden. Robuste und fruchtbare Sauen, gesunde und frohwüchsige Mastschweine mit bester Futterverwertung, optimaler Fleischanteil und Zuschnitte, die sich mit möglichst wenig sichtbarem Fett in der Selbstbedienungstheke präsentieren, sind gängige Ansprüche. Diese haben aber wenig mit dem eigentlichen Genusswert des Fleisches zu tun – ja, können diesem sogar zuwiderlaufen.
Von grundlegender Bedeutung
Wichtige Qualitätsmerkmale wie Wasserbindungsvermögen, intramuskulärer Fettgehalt und Zartheit, welche für den Genusswert entscheidend sind, weisen eine erbliche Komponente auf. Darum bietet die Genetik wesentliche Ansatzpunkte, um eine solide Grundlage für eine gute Fleischqualität zu schaffen. Dies wurde im Schweizer Schweinezuchtprogramm nicht nur früh erkannt, sondern seither auch beherzt umgesetzt.
So wurde die genetisch bedingte Stressanfälligkeit, die zwar mit einem hohen Muskelfleischanteil verbunden ist, oft aber auch mit wasserlässigem Fleisch, das in der Pfanne zu einem zähen Klumpen zusammenschrumpft, konsequent aus der Zuchtpopulation eliminiert. Ein Blick in die Nachbarländer zeigt, dass es dort lange noch nicht so weit ist. Parallel dazu wurde der intramuskuläre Fettgehalt (die im Fleisch als feine Marmorierung sichtbaren Fettäderchen) auf ein als optimal anzusehendes Niveau von 2 bis 2,5 Prozent gehoben (siehe Grafik). Dies wirkt sich schon deutlich positiv auf den Genusswert aus, aber optisch noch nicht abschreckend bei den Konsumenten.
Neue Qualitätsmerkmale
Basierend auf diesen Errungenschaften der letzten Jahrzehnte wurden Methoden entwickelt, mit denen die Merkmale Zartheit und Kochverlust sehr direkt gemessen werden können. Die sogenannte Scherkraft, ein apparativ gemessener Wert für die Zartheit, und der Kochverlust wurden zu Beginn des Jahres 2020 in die Zuchtwertschätzung einge bunden, sodass für die Vaterlinien entsprechende Zuchtwerte zur Verfügung stehen. Alle diese Fleischqualitätsmerkmale weisen mittlere bis hohe Erblichkeiten auf und lassen sich somit über die Auswahl der richtigen Genetik beeinflussen.
Verschiedene Vaterlinien
In der Schweiz werden mehrere Eberrassen als Väter für Mastschweine eingesetzt. Die Suisag bietet einerseits Sperma von Premo-Ebern an, welche von acht Züchtern eigenständig gezüchtet werden. Daneben ist Sperma von Duroc-Ebern verfügbar, die von vier Züchtern erzeugt werden. Dazu wird Genetik aus Kanada zugeführt. Schliesslich bietet Suisag auch Sperma von Piétrain-Ebern an, die von zwei Züchtern erzeugt werden. Diese Rasse ist stark von Genetikimporten aus Bayern abhängig. Etwa jedes fünfte Mastschwein stammt von Deckebern aus dem Natursprung ab. Oft werden auch selbst erzeugte Kreuzungseber durch Ferkelerzeuger verwendet. Durch die diversen eingesetzten Vaterlinien streuen die Mast- und Schlachtschweine insgesamt stärker.
Endprodukteprüfung zeigt Unterschiede
Jeder neue Vaterlinien-KB-Eber der Suisag durchläuft die Endprodukteprüfung (EPP). Sein Sperma wird gezielt in sechs Betrieben eingesetzt, um sicher acht Würfe pro Eber zu erhalten. Nach der Geburt werden die Ferkel markiert und alle Daten an die Suisag weitergeleitet. Es handelt sich also um Mastschweine, bei denen Geburtsdatum, Geschlecht und Abstammung bekannt sind. Nachfolgend gehen vier Mal zwei Ferkel pro Vater an die Prüfanstalt, wo die Fleischqualität und die Futterverwertung gemessen werden.
Die restlichen Schweine werden bis zum Schlachthof verfolgt, sodass ihre Schlachtdaten (Schlachtgewicht und Magerfleischanteil) dem Tier und somit auch dem Vater zugeordnet werden können. Mastschweine von Pre-mo- und Duroc-Vätern überzeugen durch hohe Zunahmen und gute Fleischqualität (siehe Tabelle).
Mastschweine von Duroc weisen aber eine spürbar schlechtere Futterverwertung auf und fressen in der Mast etwa acht Kilogramm mehr Futter. Dies dürfte vor allem durch den geringeren Magerfleischanteil (MFA, auch Fleischigkeit genannt) bei Duroc bedingt sein. Wegen des niedrigeren MFA und der schlechteren Futterverwertung ist die Wirtschaftlichkeit der Mastschweine von Duroc-Vätern derzeit etwas geringer als bei den beiden anderen Rassen. Insbesondere bei Mastschweinen von Duroc-Vätern ist auf eine ausreichende Eiweissversorgung und frühe Schlachtung zu achten, um der Verfettung am Mastende entgegenzuwirken.
Mastschweine von Piétrain-Vätern haben grosse Karree (FlF), wachsen langsamer und weisen weniger intramuskuläres Fett (IMF) und mehr Tropfsaftverlust (DL) auf.
Alle von einem Vater?
Wenn alle Mastschweine nur von einem Vater abstammen, ist die Streuung der Mastschweine natürlich etwas geringer als bei Mastschweinen von diversen Vätern. Für geschlossene Zucht- und Mastbetriebe sowie Ferkelerzeuger mit festem Mäster ist es daher interessant, alle Besamungen mit nur einem EPP-geprüften KB-Eber durchzuführen. Denn erstens ist aus der EPP zuverlässig bekannt, dass dieser Eber gute Mastschweine erzeugt, und zweitens reduziert sich die Streuung. In Deutschland wählen zum Beispiel oft die Mäster die KB-Eber gemeinsam mit ihrem Ferkelerzeuger aus.