Der Betrieb von Lukas Bitschnau liegt im Toggenburg. Der gelernte Landwirt absolvierte nach der Lehre ein Agrarstudium an der HAFL. Anschliessend arbeitete er beim St. Galler Bauernverband und übernahm 2014 mit seiner Ehefrau Isabelle den Familienbetrieb.
Zum landwirtschaftlichen Betrieb gehören nebst den Schweinen 32 ha Grünland und 11 ha Wald, 100 Hoch-stamm-Obstbäume, sowie 42 Kühe. Da alle Kälber im Alter von drei bis vier Wochen verkauft werden, erfolgt die Herdenerneuerung über den Zukauf von Kühen. Die Milch wird in der Käserei zu Appenzeller Käse verarbeitet.
Die Schweinehaltung auf dem Betrieb Bitschnau umfasst gut 35 Muttersauen, die als Primera Jungsauen zugekauft werden. Die Lieferung der Jungsauen erfolgt sechs Wochen vor dem geplanten Belegen, sodass erst die zweite Rausche nach der Transportrausche zum Decken genutzt wird. Die Sauen haben so genügend Zeit, um sich bis zum Belegen einzuleben. Lukas Bitschnau hat damit gute Erfahrungen gemacht und beobachtet schönere und vitalere Würfe. Alle eigenen Ferkel werden auf dem Betrieb bis zur Schlachtreife ausgemästet.
Seit wann und warum ist der Betrieb Mitglied im Schweinegesundheitsdienst (SGD)?
Lukas Bitschnau: Seit ich mich erinnern kann, ist unser Familienbetrieb im SGD. Bereits mein Vater profitierte von der Beratung und der Unterstützung durch den SGD und ich möchte dies weiterhin nutzen. Wir alle sollen und wollen unsere Tiere gesund und somit wirtschaftlich aufziehen und sollten hierfür auch Unterstützung von aussen annehmen. Durch meine Tätigkeit beim Bauernverband bin ich es gewohnt, für die Gemeinschaft ein Ziel zu verfolgen und daran zu arbeiten. Dadurch sehe ich auch, dass viele Arbeiten zum Wohl der Bauern und der Tiere durchgeführt werden.
Wo sehen Sie die Bedeutung des Suis-Sano-Programms für Ihren Betrieb bzw. für die Schweizerische Schweineproduktion?
Bitschnau: Für mich ist es ein grosses Anliegen, gesunde Schweine zu halten. Weiterhin möchte ich den Antibiotikaverbrauch auf ein Minimum reduzieren und nicht standardmässig oder gar vorbeugend einsetzen. Für uns Landwirte sollte die Sorge um die Tiere an erster Stelle stehen, weil gesunde Tiere ein Zeichen für Wertschätzung gegenüber dem Tier sind. Zum Respekt vor dem Tier gehört für mich auch, erkrankte Tiere gezielt zu behandeln, bei Bedarf auch mit Antibiotika. Dazu gehört, dies im EBJ zu dokumentieren. Kranke Tiere bewusst nicht zu behandeln, nur um kein Antibiotika einsetzen zu müssen, ist für mich keine Option.
Mein Fazit ist, nur zu medizinieren, wo es wirklich nötig ist und sich auf diesem Weg durch den SGD beraten lassen.
Wo sehen Sie Vorteile bei der Programmteilnahme?
Bitschnau: Am SuisSano Programm gefällt mir besonders, dass es aus der Branche gestartet und gestaltet wurde und nicht eine staatliche Massnahme ist. Wir Schweinehalter haben hier im Vergleich zu anderen Nutztierhaltern eine Vorreiterrolle geschaffen. Gegenüber den Konsumenten können wir klar kommunizieren. Wir Schweinehalter reduzieren den Antibiotikaeinsatz, ohne dabei Tierleid in Kauf zu nehmen. Und wir lassen uns dabei durch den unabhängigen SGD beraten. Hierzu erfassen wir alle Behandlungen in einer zentralen Datenbank.
Zum Programm gehören die Besuche durch meinen SuisSano Berater. Seit einigen Jahren ist dies Jürg Reichert. Er meldet sich bei mir an und kann sich im EBJ schon vorab informieren, welche Behandlungen ich bei welchen Tieren aus welchen Gründen durchgeführt habe. Beim Besuch spricht er diese Punkte gezielt an und kann mich beraten. Natürlich gehört auch ein Betriebsrundgang zum Besuch, um die aktuelle Situation der Tiere zu beurteilen.
Die Beratung des SGD schützt mich auch vor Betriebsblindheit. Jürg Reichert sieht viele Betriebe und kann Tipps und Empfehlungen, die woanders hilfreich waren, an mich weitergeben. Wenn ich Anpassungen vornehme, kontrollieren wir zu einem späteren Zeitpunkt zusammen, ob die Massnahmen erfolgreich waren und justieren je nachdem noch nach. Die Auswertungen des EBJ sehe ich hierfür als wichtiges Hilfsmittel. Wir können genauer und anhand von Fakten (tatsächliche Behandlungen) sehen, ob sich mein Betrieb im Zeitverlauf verbessert oder verschlechtert hat. Und ich sehe auch, wo ich im Vergleich zu Berufskollegen stehe (siehe Grafik). Das gibt mir zusätzliche Sicherheit.
Gab es grössere Herausforderungen? Haben Sie Abläufe angepasst?
Bitschnau: Das Erfassen der Behandlungen im EBJ war, wie alles Neue am Anfang, zeitintensiv und musste sich einspielen. Jetzt ist es für mich aber Routine. Das Anlegen von «Favoriten» im EBJ hat die Erfassung bei Routinebehandlungen erleichtert. Das Einrichten der Favoriten brauchte zu Beginn aber zusätzlich Zeit. Die App habe ich ausprobiert, aber die Eingabe am Handy ist nicht so meines. Ich gebe die Daten lieber regelmässig und zeitnah am PC ein. Vor allem die wiederkehrende Eingabe der Routinebehandlungen (Kastrationen, Eisengabe, Impfungen) finde ich etwas mühsam. Mir ist bewusst, dass die Datenerfassung mit dem elektronischen Behandlungsjournal vom Bund nur anerkannt wird, wenn alle Behandlungen erfasst sind, und dazu gehören auch die Routinebehandlungen. Trotzdem wäre ich froh, wenn die Eingabe solcher Behandlungen im EBJ technisch noch einfacher und schneller möglich wäre.
Kernaussagen vom Interview mit Lukas Bitschnau:
Ich kann die Teilnahme am SuisSano Gesundheitsprogramm nur empfehlen. Die verschiedenen Vorteile habe ich im Interview erwähnt, fasse sie hier aber gerne noch einmal zusammen:
- Es wird sowieso zur Pflicht, alle werden es machen müssen. Darum nehmt die Gelder, die es jetzt noch gibt.
- Die Beratungsbesuche helfen gegen Betriebsblindheit. Bei Fragen erhaltet ihr kompetente Unterstützung.
- Es bringt uns Schweinehalter weiter, weil wir den Medikamentenverbrauch gezielt, und ohne Tierleid in Kauf zu nehmen, weiter senken werden. So setzen wir uns aktiv für gesunde Schweine ein und nehmen die Sorgen der Bevölkerung (Antibiotikaresistenzen) ernst.
- Wir haben im weltweiten Vergleich schon extrem viel für Tierwohl beim Schwein durch tierfreundliche Ställe, Kastration, etc. getan. Beim Tierwohl haben wir eine Vorreiterrolle. Mit SuisSano streben wir das nun auch beim Antibiotikaverbrauch, der Dokumentation der Behandlungen und allgemein der Gesundheit der Schweine an.