Seit Jahrzehnten werden die Pressschnitzel lose unter anderem per Bahn ausgeliefert. Die revisionsanfälligen Wagen wurden verschrottet und die verfügbare Anzahl nahm jährlich ab. Die SBB Cargo teilte im März unerwartet mit, dass per sofort keine Wagen mehr für den Pressschnitzeltransport zur Verfügung stehen.
Alternative Wagen wurden der Zuckerfabrik keine angeboten. Durch den europaweiten Wagenmangel sind die Offerten, welche die Schweizer Zucker AG selber einholte, zu teuer. Da die Wagen im Bahnverkehr sehr lange unterwegs sind, können diese nicht aus den limitierten Anzahl Wagen der Rübentransporte genommen werden. Somit kann die Auslieferung der Pressschnitzel per Bahn in der Kampagne 2019 nicht mehr angeboten und sichergestellt werden. Ausgeschlossen von dieser Änderung sind die Bahntransporte für Ballen. Diese werden, sofern die entsprechenden Bahnstationen noch bedient werden, weiterhin per Bahn ausgeliefert.
Zusammen mit der Schweizer Zucker AG hat die fenaco-LANDI Gruppe für die meisten Absatzgebiete eine Alternative gefunden, wie in den folgenden Interviews gelesen werden kann.
Produktionshinweise
Die konventionellen Zuckerrüben-Pressschnitzel bleiben unverändert. Die frisch gepressten «Original-Ballen» werden weiterhin ungefähr zehn Prozent Melasse und eine Trockensubstanz von zirka 33 Prozent aufweisen. Die Pressschnitzel lose enthalten etwa fünf Prozent Melasse und rund 30 Prozent Trockensubstanz.
Eine Änderung hingegen gibt es bei den Bio-Pressschnitzeln. Diese werden neu mit rund drei Prozent melassiert. Die Trockensubstanz bleibt unverändert bei zirka 25 bis 27 Prozent.
Vermarktung der Zukunft
Welchen Stellenwert haben die Zuckerrübenschnitzelprodukte?
Remo Schenkel: Die Viehzucht und Milchproduktion ist in unserem Gebiet stark verankert. Um Höchstleistungen zu erzielen, werden zu maisreichen Futtermischungen gerne Zuckerrübenschnitzel zugefüttert. Aus diesem Grund haben die Zuckerrübenschnitzel in unserem Gebiet einen hohen Stellenwert.
Martin Herrmann: Zuckerrübenschnitzelprodukte haben in der Fütterung in unserer Region traditionell einen hohen Stellenwert. Aufgrund der guten Maislage sind die Zuckerrübenschnitzelprodukte aber auch einer grossen Konkurrenz aus gesetzt und müssen sich im herausfordernden wirtschaftlichen Umfeld der Landwirtschaft bewähren. Die sinkende Anzahl Milchviehbetriebe limitiert das Absatz potenzial von Zuckerrübenschnitzelprodukten und der gleichzeitige Ausbau der Mais flächen erhöht den Druck zusätzlich.
Daniel Schmid: Die Zuckerrübenschnitzel sind in unserem Verkaufs gebiet von grosser Bedeutung, sei es in Form von Pressschnitzeln lose, Ballen oder Trockenschnitzeln. In der Milchwirtschaftszone mit Käseproduktion werden während dem ganzen Jahr Zuckerrübentrockenschnitzel zugefüttert.
Warum setzen Ihre Kunden Schnitzelprodukte ein und was sind deren Vor- und Nachteile?
Schenkel: Als Energieträger sind die Zuckerrübenschnitzel für Rinder und Milchkühe eine ideale Ergänzung zu proteinreichen Grundfuttermitteln. Die Schnitzel werden gerne von den Kühen gefressen und beugen Stoffwechsel erkrankungen wie Aceton vor.
Herrmann: Zuckerrübenschnitzelprodukte helfen, die Futtergrundlage auf den Betrieben zu verbessern. Sie stellen eine willkommene Abwechslung in der Rationsgestaltung dar. Als schmackhaftes Futter sind sie eine interessante Ergänzung in der Fütterung und helfen mit, den Verzehr der Kühe zu maximieren. Dank dem langsamen und gleichmässigen Abbau im Pansen ist das Produkt für die Wiederkäuerfütterung sehr geschätzt. Als Trockenprodukte können sie zudem auch auf Käsereibetrieben eingesetzt werden.
Schmid: Unsere Kunden setzen dieses Produkt zur Optimierung ihres Grundfutters ein, welches auf den Betrieben produziert wird. In den letzten Jahren war in unserer Region das Futterangebot eher knapp. Die Zuckerrübenschnitzel sind eine gute Ergänzung zum Dürrfutter.
Wie hat sich die Schnitzelvermarktung in Ihrer LANDI aufgrund der Logistik verändert?
Schenkel: Der Transport ist ein wichtiger Bestandteil bei der Vermarktung von Produkten. Wenn der Transport nicht erwartungsgemäss ausgeführt wird, ist die Frustration für den Kunden und den Verkäufer gross. Die herausfordernden Bahntransporte für Zuckerrübenschnitzel lose wurden für die nächste Kampagne gestrichen. Dies erbringt uns die Möglichkeit, mit regionalen Transporteuren und eigenen Pressplätzen unsere Kundschaft zufriedenzustellen (keine Original-Ballen siehe Produktionshinweise).
Herrmann: Mit der Schliessung der Bahnstation für den Loseauslad, aber auch für die Ballen, mussten eingespielte Abläufe zwischen LANDI, Landwirt und involvierten Lohnunternehmern eingestellt und neue Wege der Logistik gesucht werden. Im letzten Jahr konnte sowohl ein Umschlagplatz für Ballen als auch einen für Loseschnitzel realisiert werden, ab welchen dann die Logistik auf die Höfe organisiert werden konnte. Auf Betrieben, wo die Zufahrt mit Sattelschleppern möglich ist, wurde auch direkt auf den Betrieb geliefert. Leider hatte die Schliessung der Bahnstationen eine Preisveränderung bei den Zuckerrübenschnitzelprodukten zur Folge.
Schmid: In unserer Region gab es einige Bahnschliessungen. Die Landwirte haben die Schnitzel danach lose franko Hof oder in Form von Ballen bezogen. Trotz dieser Veränderungen sind unsere Kunden den Produkten treu geblieben und haben sich den alternativen Möglichkeiten angepasst.
Wie kann in Zukunft der Einsatz von Schnitzelprodukten bei Ihren Kunden stabil gehalten werden?
Schenkel: Um die Kunden zufriedenzustellen, muss das Gesamtpaket stimmen. Wenn der tiefe Milchpreis und die Futterknappheit weiter anhalten, wird der eine oder andere Landwirt darauf verzichten, Raufutter zuzukaufen und wird weniger Kühe halten. Zudem führen verspätete Auszahlungen von anderen Kulturen zu finanziellen Engpässen. Neben Angebot und Preis, sind dies sicherlich die wichtigsten Einflussfaktoren, die uns in naher Zukunft beschäftigen werden. Die LANDI Aare organisiert Pressplätze nahe beim Landwirt und berücksichtigt regionale Transporteure. Damit sollen die Kunden auch in der nächsten Kampagne bestmöglich zufriedengestellt werden.
Herrmann: In erster Linie steht für die Landwirte im Fokus, dass sie ein gutes Produkt zu einem wirtschaftlichen Preis erhalten. Dies bedeutet, dass die Optimierungen im TS-Gehalt und Melassegehalt von der Zuckerfabrik nicht zu ihren Gunsten ausgereizt werden dürfen. Eine zuverlässige und problemlose Silierbarkeit beim Landwirt, muss in Zukunft, besonders auch im Fahrsilo, gewährleistet sein. Steigen die Kosten aufgrund der veränderten Logistik weiter an, so heben sich die Vorteile zu Alternativprodukten wie beispielsweise Mais auf. Sollte dies der Fall sein, wird der Einsatz auf einigen Betrieben sicherlich stark hinterfragt. Es wird deshalb entscheidend bleiben, dass die Zuckerrüben schnitzelprodukte weiterhin zu interessanten Preisen auf die Betriebe gebracht werden können.
Schmid: Damit der Einsatz stabil bleibt, ist es notwendig, dass der Preis nicht mehr zusätzlich steigt. Ausserdem sollten die Käsereien und verschiedene Labels den Einsatz von Trockenschnitzeln weiterhin erlauben. Nimmt der Zuckerrübenanbau jährlich ab, wird das eine Auswirkung auf das Angebot der Zuckerrübennebenprodukte haben.