Industriegemüse
Der Anbau von Drescherbsen für die Konserven- und Tiefkühlindustrie hat in der Schweiz eine lange Tradition. Verteilt über die Kantone Aargau, Solothurn, Bern, Zürich, Schaffhausen und Thurgau werden rund 800 ha angebaut. Mittlerweile gibt es noch drei Verarbeitungsbetriebe, welche Erbsen zu Tiefkühlprodukten oder Konserven verarbeiten. Dies sind die frigemo AG Produktion Mellingen in Mellingen, die Ditzler AG in Möhlin sowie die Hilcona mit Sitz in Schaan FL, welche für den Schweizer Markt produzieren.
Anbau
Die Erbse passt sehr gut in die Fruchtfolge von Ackerbaubetrieben, zum Beispiel bei solchen, die vorwiegend Getreide-betonte Fruchtfolgen aufweisen.
Botanisch gehört die Erbse in die Familie der Leguminosen, welche mit Hilfe von Knöllchenbakterien Stickstoff aus der Luft binden können. Mit einer Vegetationszeit von zirka 70 bis 90 Tagen gehört sie zu den schnellen Kulturen. Bezüglich Boden bevorzugt sie durchlässige und nicht allzu schwere Böden, die sich rasch erwärmen. Die Erbse reagiert empfindlich auf Verdichtungen und deren Begleiterscheinungen bei staunassen Böden mit schlechter Durchlüftung. Beachtung sollte auch dem ph-Wert geschenkt werden: liegt dieser nicht bei mindestens 6.5, sind gelbe Kümmerpflanzen die Folge. Ausserdem muss die Neigung des Feldes berücksichtigt werden, weil die Dreschmaschinen nicht für den Einsatz im Hang konstruiert sind. Da die Erbse nicht selbstverträglich ist, sind die Ansprüche an die Fruchtfolge relativ hoch. So ist eine Anbaupause von acht Jahren im ÖLN vorgeschrieben. Durch ihre frühe Feldräumung und Stickstoffbindung ist die Erbse eine sehr beliebte Vorfrucht für sämtliche anderen Ackerkulturen.
Saat
Die Aussaat wird von den Vertragsfirmen geplant und beginnt zirka Mitte März. Sie zieht sich von Region zu Region bis Mitte Mai hin. Dies ist unabdingbar, damit ein geordneter Ernteablauf gewährleistet werden kann. Für die Sortenwahl und die Organisation von Saatgut zeigen sich die Firmen verantwortlich. Die Saatbettbereitung sollte mit genügender Sorgfalt erfolgen. Fahrspuren, die bei der Aussaat entstehen, äussern sich negativ über die ganze Kulturzeit.
Gesät wird zirka 4 – 5 cm tief mit betriebsüblichen Sämaschinen in Drillsaat. Damit eine verlustarme und zügige Ernte vorgenommen werden kann, müssen die Felder eben und an der Oberfläche frei von Steinen sein. Ob mit Pflug oder pfluglos gearbeitet wird, ist nicht primär entscheidend.
Pflanzenschutz
Die Bestände müssen frei von Unkraut sein. Ein grosser Unkrautbesatz behindert die Ernte und schmälert die Qualität. Der Haupteinsatz mit Herbiziden erfolgt im frühen Nachauflauf mit einem Boden- und Kontaktmittel. In der Regel reicht eine Behandlung aus. Durchwuchs von Kamillen, Mohn, Disteln und schwarzem Nachtschatten sind jedoch sehr problematisch. Deren Blütenköpfe und Samen weisen ähnliche Grössen wie Erbsen auf und können maschinell nicht aussortiert werden. Felder und Erntegut mit Nachtschatten werden zurückgewiesen.
Gräsermittel gegen Hirsen müssen ebenfalls rechtzeitig appliziert werden. Problemunkräuter wie Winden, Disteln und Blacken sollten vorgängig eliminiert werden.
Hauptschädlinge sind die grünen Erbsen-Blattläuse. Ab Blühbeginn müssen diese kontrolliert und gegebenenfalls bekämpft werden. Ein grosser Blattlausdruck kann die Erntemenge und Qualität massiv mindern. Die Pflanzen, respektive Schoten können regelrecht zerstochen und leergesaugt werden. Des Weitern werden Viruskrankheiten auf diese Weise übertragen. Der Erbsenblattrandkäfer kann in Einzelfällen Schäden verursachen, seine Bedeutung ist jedoch eher gering.
Fruchtfolgen, die im Vorjahr oder generell Kartoffeln einplanen, müssen dem Kartoffelkäfer zusätzliche Aufmerksamkeit schenken. Das Problem liegt darin, dass die Käfer und grösseren Larven ebenfalls ins Erntegut gelangen können. Hier gilt eine Null-Toleranz! Fungizidbehandlungen erbringen keinen wirtschaftlich positiven Effekt.
Ernte
Für die Ernte ist die Verarbeitungsfirma direkt verantwortlich, sie bestimmt auch den Erntezeitpunkt. Gedroschen wird mit firmeneigenen Erntemaschinen. Diese werden meist von einem Lohnunternehmer unterhalten und betrieben. Des Weiteren ist er auch für den Abtransport zuständig.
Um die Qualität des Erntegutes zu erhalten, muss der Abtransport Hand in Hand mit der Ernte geplant und durchgeführt werden.
Abgerechnet wird über ein spezielles Abrechnungssystem. Nach dem Wiegen wird zuerst der Härtegrad der Erbsen bestimmt, der sogenannte Tendrometerwert (TM). Dieser wird aufgrund mehrerer Muster einer Anlieferung ermittelt. Anhand einer Skala wird der Preis pro Kilo entsprechend des gemittelten TM-Wertes festgelegt. Je weicher die Erbsen, desto höher der Preis und umgekehrt. Härtere Erbsen erbringen in der Regel höhere Erträge und diesem Umstand wird klar Rechnung getragen. Die Preise sowie die Vertragsbedingungen werden jährlich ge-samt-schweizerisch besprochen. Kommissionen des VSGP (Verband Schweizer Gemüseproduzenten) und der Verarbeitungsindustrie SCFA (Swiss Convenience Food Association) verabschieden diese jährlich.
Anbauwürdigkeit
Die Wirtschaftlichkeit hängt sehr stark vom Witterungsverlauf von der Saat bis zum Erntezeitpunkt ab. Extreme Nässe und Trockenheit sowie Hitze wirken sich klar negativ aus. Der Vergleich von Deckungsbeiträgen mit anderen Ackerbaukulturen sollte mindestens über einen Zeitraum von fünf Jahren erfolgen. Wenn alles rund läuft, liegen die Deckungsbeiträge von Drescherbsen über denjenigen von anderen Dreschkulturen. Für den Anbau von Drescherbsen werden jährlich neue Anbauverträge mit der Verarbeitungsfirma abgeschlossen. Der Standort der Parzelle sollte nach Möglichkeit im angestammten Anbaugebiet des Verarbeitungsbetriebes liegen. Eine Grundvoraussetzung, um einen Anbauvertrag abschliessen zu können, ist die Erfüllung des ÖLN, des SwissGAP Standards und den Vorgaben von Suisse Garantie. Wer Erbsen anbauen möchte und geeignete Parzellen besitzt, für den kann der Anbau eine willkommene Alternative zu anderen Ackerkulturen sein.
AutorThomas Kim, fenaco-Pflanzenschutz, Region Ostschweiz