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Betriebsführung

Blick über den Kannenrand

Gesellschaft, Klima und Märkte stellen stetig höhere Anforderungen an die Landwirtschaft. Um innovativ und anpassungsfähig zu sein, benötigen zukünftige Landwirtinnen und Landwirte eine solide Ausbildung. Wichtig sind dabei Kommunikation, Betriebswirtschaft und Mut – Mut, den Blick zu öffnen und neue Wege zu gehen.

Joghurt direkt aus der Milchkanne

Joghurt direkt aus der Milchkanne: Durch die Zusammenarbeit mit den Bergbahnen und der Gastronomie kommen Ausflügler vor Ort in den Genuss der lokal ver arbeiteten Milch von 470 Kühen.

(Bild: Bergbahnen Flumserberg)

Publiziert am

Leiterin Agriprof und Sekretariat der OdA AgriAliForm

Auf dem Flumserberg haben 50 Bauern zusammen mit Ortsgemeinden ein Gemeinschaftsprojekt realisiert. Die Milch von neun Alpen wird in einer neuen Käserei verarbeitet. Über die eigene Marke werden die Produkte vertrieben. Die lokale Produktion wurde gestärkt, die Landwirte erzielen eine höhere Wertschöpfung und die Zukunft der Alpen ist gesichert. Im Jahr 2020 hat dieses innovative und berufsübergreifende Projekt den Agro-Preis der Emmental Versicherung gewonnen. Innovationen sind in der Landwirtschaft genauso wichtig wie in anderen Branchen. Was braucht es, damit solche entstehen können? Und hat die Berufsbildung etwas damit zu tun?

So wie einst, reicht nicht mehr

Wer als Landwirt oder Landwirtin im Wettbewerb bestehen will, braucht eine solide Ausbildung. Die Anforderungen an die Berufsleute in der Landwirtschaft steigen laufend, wie in anderen Branchen auch. An Weitermachen wie die Grosseltern ist nicht zu denken. Auch weiterzumachen wie die Eltern, liegt nicht mehr drin. Die Bevölkerung soll mit qualitativ hochwertigen und gesunden Nahrungsmitteln versorgt werden. Und im Sinne der Nachhaltigkeit gilt es, die Bodenfruchtbarkeit zu erhalten und die Biodiversität zu fördern. Daneben sind artgerechte Tierhaltung und Landschaftspflege wichtige Punkte. Das Ganze muss «marktgerecht» erfolgen, die Produktion ist an der Nachfrage auszurichten. Neben einer engen Beziehung zu Natur und Tieren braucht es also technisches Flair sowie Fähigkeiten im Management und im Verkauf. Das sind die notwendigen Grundlagen für angehende Landwirtinnen und Landwirte.

Bei der Landwirtschaft wollen alle mitreden

Steigende gesetzliche Anforderungen fordern Flexibilität und die Bereitschaft sowie den Mut, Neues auszuprobieren. Auch die Gesellschaft erwartet stetig mehr. Die Abstimmung über die Trinkwasser- und Pestizidinitiative hat gezeigt: Bei landwirtschaftlichen Themen sind alle überzeugt, mitreden zu können. Lebensmittel sind ein emotionales Thema. Zudem fühlen sich viele aufgrund der Steuergelder für die Landwirtschaft berechtigt, bei den Produktionsmethoden mitzureden.

Es ist leicht, das negativ zu werten. Die Chance aber ist: Die Situation zwingt uns, genau nachzudenken, warum wir etwas machen. Und das auch erklären zu können. Heutige Landwirtinnen und Landwirte brauchen folglich mehr Fähigkeiten in der Kommunikation. Konsumentinnen und Spaziergänger stellen Fragen und erwarten Antworten.

Landwirtinnen und Landwirte müssen die Märkte beobachten und Möglichkeiten erkennen sowie sich trauen, diese umzusetzen. Für den Berufsstand gibt es weder Netz noch doppelten Boden. Eine aus welchem Grund auch immer unverkäufliche Ernte bringt zwar Aufwand und Kosten, aber keine Einnahmen. Es ist also auch unabdingbar, betriebswirtschaftlich sattelfest zu sein.

Auf einem EFZ kann man sich nicht ausruhen

Überdurchschnittlich begabte Naturtalente gibt es immer wieder. Für die allermeisten wird es aber nicht möglich sein, all diese Kompetenzen in der Grundbildung zu erwerben. Für die Landwirtschaft gilt, was auch für den Rest der Gesellschaft gilt: Lebenslanges Lernen – es wird sich kaum mehr ein selbständiger Betriebsleiter auf seinem EFZ ausruhen können. Vielleicht haben Einzelne das Unternehmer-Gen bei der Geburt mitbekommen. Aber auch diese sind gut beraten, sich weiterzubilden. In den Modulen der Berufs- und Meisterprüfung lernt man alles für die strategische Unternehmensführung samt ökonomischer Planung und Finanzierung. Das sind wichtige Grundlagen, um einen Betrieb erfolgreich weiterzuentwickeln.

Weiterbildungen eignen sich ausserdem bestens dazu, sich mit Berufskollegen und -kolleginnen zu vernetzen und auszutauschen. Dabei erweitern wir unseren Horizont, holen uns neue Ideen und profitieren von den Erfahrungen der anderen. Das Vernetzen mit anderen Berufsleuten kann auch zu einer guten Zusammenarbeit führen – für Betriebe eine enorme Chance. Es lohnt sich, alle Möglichkeiten von der gemeinsamen Nutzung bestimmter Maschinen bis zur Betriebsgemeinschaft zu prüfen.

Quereinsteiger bringen Leben in die Bude

Auch in einem weiteren Bereich unterscheidet sich die Landwirtschaft nicht von anderen Branchen: Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger bringen neue Sichtweisen ein und beleben damit das Geschäft. «Das haben wir schon immer so gemacht» ist ihnen fremd und von «Das geht nicht» wissen sie auch nichts. Bei dieser Ausgangslage ist viel Platz für neue Ideen. Sicher fällt dabei ein grosser Teil in die Kategorie «Hirnfürze», und vieles ist tatsächlich nicht umsetzbar. Aber es stösst Gedanken an, gibt vielleicht Verbesserungen im Kleinen und hier und da entstehen daraus auch richtig innovative Projekte.

Für gute Ideen gilt es, den Blick zu öffnen, Kontakte zu pflegen sowie Erfahrungen auszutauschen. Und das Ganze nicht nur mit seinesgleichen.

Innovationen entstehen auf der Basis einer guten Ausbildung. Für gute Ideen gilt es dann, den Blick zu öffnen, Kontakte zu pflegen, Erfahrungen auszutauschen. Und das Ganze nicht nur mit seinesgleichen – es sind die kontroversen Diskussionen, die einen weiterbringen. Natürlich spielt auch das agrarpolitische Umfeld eine Rolle. Aber Spielräume erkennen und ausnutzen, das muss schon jede und jeder selbst machen.

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