Die Revision des Raumplanungsgesetzes ist seit fast 20 Jahren ein Thema. Nach der ersten Etappe, die sich auf Bauzonen konzentrierte, wurde die zweite Etappe im Oktober 2023 von der Bundesversammlung beschlossen. Sie betrifft unter anderem die Stabilisierung der Anzahl Bauten ausserhalb der Bauzonen, den Vorrang der Landwirtschaft in der Landwirtschaftszone, die Nutzung erneuerbarer Energien und illegales Bauen. Die Verordnung dazu befindet sich noch in der Vernehmlassung. Gesetz und Verordnung sollen im Laufe des Jahres 2025 in Kraft treten.
Stabilisierungsziele
Beim ersten Ziel soll die Anzahl der Gebäude im Nichtbaugebiet konstant gehalten werden. Das zweite Ziel betrifft die Bodenversiegelung in den ganzjährig bewirtschafteten Landwirtschaftszonen. Als versiegelt gelten Gebäudeflächen oder Bodenflächen mit wasserundurchlässigem Belag wie Beton oder Asphalt, ausgenommen sind jedoch landwirtschaftlich zonenkonforme Bauten und Anlagen.
Für beide Ziele wird ein quantitativer Grenzwert festgelegt, sodass die zukünftige bauliche Entwicklung ausserhalb der Bauzonen maximal 101 Prozent des massgeblichen Referenzzustands vom 29. September 2023 erreichen darf. Dieses eine Prozent wird voraussichtlich, aufgrund der bestehenden Anzahl Gebäude und der durchschnittlichen Erhöhung der letzten Jahre, in zehn Jahren erreicht sein.
Die Kantone haben ihre Richtpläne innert fünf Jahren entsprechend anzupassen und ein Gesamtkonzept zur Realisierung der Stabilisierungsziele beizufügen. Darin muss auch die Ausrichtung und Finanzierung von Abbruchprämien enthalten sein.
Vorrang Landwirtschaft
Bei Um- und Einzonungen können die Kantone Gebiete als Bauzonen bezeichnen, in denen die Geruchsbestimmungen weiterhin der ursprünglichen Nutzung entsprechen, sodass bestehende landwirtschaftliche und gewerbliche Betriebe erhalten und erneuert sowie zugunsten des Tierwohls angepasst werden können, aber nicht müssen. Dies bedeutet, dass im Rahmen der kantonalen und kommunalen Planung durch die Landwirtschaft entsprechende Anträge und Forderungen zu stellen sind.
In der Landwirtschaftszone hat die Landwirtschaft Vorrang.
In der Landwirtschaftszone hat die Landwirtschaft Vorrang gegenüber nicht landwirtschaftlichen Nutzungen. Laut Gesetz legt der Bundesrat fest, in welchen Fällen Geruchs- und Lärmimmissionen aus der Landwirtschaft Erleichterungen vom Umweltschutzgesetz zulassen, um den Vorrang der Landwirtschaft zu gewährleisten.
Die Ausführungsbestimmungen der Verordnung schöpfen den rechtlichen Spielraum aus Sicht der produzierenden Landwirtschaft nicht aus. Daher wurde im Rahmen der Vernehmlassung zur Anpassung der Raumplanungsverordnung (RPV) vom Schweizer Bauernverband (SBV) eine vollständige Überarbeitung dieser Bestimmungen beantragt.
Nutzung erneuerbarer Energien
Die gesetzlichen Bestimmungen zur Bewilligungsfreiheit von Solaranlagen an Fassaden, zu Solaranlagen, die nicht von nationalem Interesse sind (autarke Systeme), sowie zu weiteren Bauten und Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien (z. B. Biogasanlagen auf Landwirtschaftsbetrieben) wurden ergänzt. Künftig gelten Bauten und Anlagen zu Energiegewinnung und -transport aus Biomasse auf einem Landwirtschaftsbetrieb als zonenkonform und unterliegen nicht der Planungspflicht, wenn Substratmengen bis 45 000 Tonnen pro Jahr verarbeitet werden.
Illegales Bauen
Die zuständigen Behörden müssen sicherstellen, dass unbewilligte Nutzungen in nützlicher Frist festgestellt und sofort untersagt werden. Rückbauten zur Wiederherstellung des rechtmässigen Zustands sind unverzüglich anzuordnen und durchzuführen. Illegale Bauten und Anlagen können nicht zur Erreichung des Stabilisierungsziels beitragen.
Der Anspruch auf Wiederherstellung des rechtmässigen Zustands verjährt nach 30 Jahren, sofern keine schutzwürdigen Interessen betroffen sind. Diese Handhabung, die vor wenigen Jahren aufgehoben wurde, wird nun gesetzlich verankert und gilt auch ausserhalb von Bauzonen.
Was ändert sich beim Wohnraum?
Zonenkonformer Wohnraum
Ein landwirtschaftliches Gewerbe gemäss dem Bundesgesetz über das bäuerliche Bodenrecht kann wie bisher landwirtschaftlich zonenkonformen Wohnraum erstellen, sofern nachgewiesen wird, dass die dauernde Überwachung am Betriebsstandort erforderlich ist und die Überwachung der Tiere oder Anlagen nicht von einer nahe gelegenen Bauzone aus erfolgen kann (Unentbehrlichkeit). Es gilt die Prioritätenfolge Einbau – Anbau – Neubau.
Der Umfang des bewilligungsfähigen Wohnraums bleibt wie bisher kantonal geregelt. In der Vernehmlassung zur Anpassung der RPV wurde vom SBV beantragt, auch Unterkünfte für Lernende und Praktikanten sowie temporäre Unterkünfte für Saisonarbeitende als zonenkonform zu bewerten. Unentbehrlich soll der Wohnraum nur noch für Gewerbe nach Art. 7 BGBB sein (mind. 1 SAK).
Altrechtlicher Wohnraum (rechtmässiger Bestand am 1. Juli 1972)
Wenn ein Landwirtschaftsbetrieb unterhalb der Gewerbegrenze liegt oder die Notwendigkeit des Wohnraums nicht nachgewiesen werden kann, greift die Besitzstandsgarantie. Betriebe mit älterem, rechtlich geschütztem Wohnraum können diesen künftig wieder erweitern, unabhängig davon, ob er für landwirtschaftliche Zwecke genutzt wird oder nicht. Dies ist möglich, da der bisherige Sachtitel von Artikel 24c RPG von «Bestehende zonenwidrige Bauten und Anlagen ausserhalb der Bauzonen» auf «Altrechtliche Bauten und Anlagen» geändert wurde. Der Verordnungstext dazu ist äusserst kompliziert formuliert und dürfte noch angepasst werden (Änderungsantrag SBV).
Neurechtlicher Wohnraum (Erstellt nach 1. Juli 1972)
Hier wird einzig die energetische Sanierung ergänzt.
Streusiedlungsgebiete
Die Regelungen zu Streusiedlungsgebieten, die bisher in der Verordnung standen, wurden nun ins Gesetz übernommen und um Bestimmungen zur Erschliessung ergänzt. Wie die Kantone und Gerichte diese Änderungen anwenden werden, ist noch unklar. Allerdings hat sich bereits gezeigt, dass das Bundesgericht in Beschwerdeverfahren besonders strenge Massstäbe gegenüber dem Bauen ausserhalb der Bauzone anlegt.