Herdenschutzmassnahmen sind dazu da, unliebsame Gäste wie Raubtiere (Bär, Wolf) oder unbefugte Personen (Kinder, Wanderer) von der Herde fernzuhalten. Sie sollen aber auch verhindern, dass die Herde ihren Weideplatz verlässt und zur Gefahr wird, zum Beispiel an Strassen oder Bahnlinien. Ausserdem sollen sie der Beschädigung von Dritteigentum vorbeugen. Versagen die Schutzmassnahmen, hat dies nebst finanziellen Konsequenzen weitere unangenehme Folgen wie zum Beispiel Mehraufwand, belastete Beziehungen zu Geschädigten oder Frust und Angst vor einer möglichen Wiederholung eines Schadenereignisses.
Herdenschutz mit Hunden
Im Sömmerungsgebiet werden zum Schutz vor Grossraubtieren Herdenschutzhunde gehalten. Aber auch im Talgebiet werden Hunde zum Treiben oder Hüten der Herde eingesetzt. Trotz guter Ausbildung und Erziehung kann es vorkommen, dass ein solcher Hund bei der Ausübung seiner Aufgaben einen Schaden verursacht.
Unabhängig vom Einsatzzweck ist für Hunde eine Haftpflichtversicherung empfehlenswert
Grundsätzlich besteht gemäss ZGB Art. 699 für Wald und Weide ein Zutrittsrecht für jedermann. Aufgrund der Tierhalterhaftpflicht gemäss OR Art. 56 muss der Halter grundsätzlich für das Risiko einstehen, dass sein Tier Dritte schädigen kann. Es handelt sich dabei um eine sogenannte Kausalhaftung, die kein entsprechendes schuldhaftes Verhalten voraussetzt. Da es in diesem Fall um eine milde Kausalhaftung geht, kann sich der Tierhalter von der Haftung befreien, wenn er nachweisen kann, dass er nach objektiven Kriterien alles unternommen hat, um den Schaden abzuwenden. Dazu gehören beispielsweise Warntafeln, die auf Herdenschutzhunde hinweisen.
Unser Tipp
Beim Erstellen von Weidezäunen sollte Folgendes beachtet werden:
- Die Empfehlungen der Beratungsstelle für Unfallverhütung zum Erstellen von Zäunen bilden eine Richtschnur. Ein guter Zaun ist auf die Tierart abgestimmt und wird regelmässig kontrolliert und unterhalten.
- Im Idealfall kann auf eine Weidehaltung in der Nähe von Hauptstrassen oder Bahnlinien verzichtet werden, da hier das Schadenpotenzial besonders gross ist und auch bei sehr guten Zäunen ein Ausbrechen nie zu 100 Prozent ausgeschlossen werden kann.
- Damit sich Passanten nicht an Zäunen verletzen, müssen diese entsprechend gestaltet und, insbesondere bei Elektrozäunen, mit Warntafeln versehen werden. Auch Vorrichtungen zum Passieren von Zäunen sind sicher zu gestalten.
- Grundsätzlich gilt bei Zäunen wie auch bei Hunden: Vorgängige Kommunikation und Information (Flyer, Warn- und Hinweisschilder), zum Beispiel bei Wanderern oder Nachbarn, kann helfen, Ärger und teure Schäden zu verhindern.
Weiterführende Links
- www.bul.ch ➞ Zäune
- www.agrisano.ch ➞ Sach- und Haftpflichtversicherungen
Versicherung gemäss Einsatzzweck
Bei der Beurteilung der Haftung von Schäden durch Hunde kommt es somit auch auf den Einsatzzweck des Hundes an. Die Anforderungen an den Entlastungsbeweis des Tierhalters sind bei Herdenschutzhunden tiefer als bei einem Familienhund, da sich ein Herdenschutzhund weitestgehend eigenständig bewegt – ohne Menschen, dafür im Verbund mit anderen Hunden.
Unabhängig vom Einsatzzweck ist für Hunde eine Haftpflichtversicherung empfehlenswert. Ein Hof- oder ein Herdenschutzhund, der für Arbeiten mit und am Tier eingesetzt wird, ist über die Betriebshaftpflicht zu versichern. Auch wenn der Betrieb nicht Eigentümer des Herdenschutzhundes ist, weil der Hund zum Beispiel dem Hirten gehört, sollte der Herdenschutzhund über die Betriebshaftpflicht versichert werden. Ist der Hund jedoch ein Familienhund und hat keinen Bezug zur landwirtschaftlichen Tätigkeit, so sind die Schäden über die Privathaftpflichtversicherung zu versichern.
Gesetzestexte
ZGB Art. 699, Betretungsrecht
1 Das Betreten von Wald und Weide und die Aneignung wildwachsender Beeren, Pilze u. dgl. sind in ortsüblichem Umfange jedermann gestattet, soweit nicht im Interesse der Kulturen seitens der zuständigen Behörde einzelne bestimmt umgrenzte Verbote erlassen werden.
2 Über das Betreten fremden Eigentums zur Ausübung von Jagd und Fischerei kann das kantonale Recht nähere Vorschriften aufstellen.
OR Art. 56, Haftung für Tiere
1 Für den von einem Tier angerichteten Schaden haftet, wer dasselbe hält, wenn er nicht nachweist, dass er alle nach den Umständen gebotene Sorgfalt in der Verwahrung und Beaufsichtigung angewendet habe, oder dass der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt eingetreten wäre.
2 Vorbehalten bleibt ihm der Rückgriff, wenn das Tier von einem andern oder durch das Tier eines andern gereizt worden ist.
OR Art. 58, Haftung des Werkeigentümers
1 Der Eigentümer eines Gebäudes oder eines andern Werkes hat den Schaden zu ersetzen, den diese infolge von fehlerhafter Anlage oder Herstellung oder von mangelhafter Instandhaltung verursachen.
2 Vorbehalten bleibt ihm der Rückgriff auf andere, die ihm hierfür verantwortlich sind.
Technischer Herdenschutz
Unter dem Begriff technischer Herdenschutz sind vor allem Zäune in allen Variationen gemeint, denkbar sind aber auch Vergrämungsmassnahmen. Insbesondere für Festzäune gelangt die Werkeigentümerhaftung gemäss OR Art. 58 zur Anwendung. Auch hier handelt es sich um eine einfache Kausalhaftung. Der Werkeigentümer haftet bei einem Unfall nur dann nicht, wenn bei der Erstellung und insbesondere beim Unterhalt des Werkes alle objektiv erforderlichen und zumutbaren Sicherheitsvorkehrungen getroffen wurden. Die Versicherung der Werkeigentümerhaftung gehört zur Grunddeckung der Betriebshaftpflichtversicherung.