Als Familie ein Unternehmen zu leiten und gemeinsam zu bewirtschaften, ist anspruchsvoll. Unstimmigkeiten und Blockaden wirken sich gleichzeitig auf die Familie und den Betrieb aus, da beide Systeme miteinander gekoppelt sind. Nährböden für Konflikte zwischen Geschwistern oder Generationen bieten insbesondere die Hofübergabe, eine Neuausrichtung oder Erbschaften. Rasch entwickelt sich so eine Dynamik mit hohen emotionalen und finanziellen Kosten.
Familien- und Unternehmenslogik
Die besondere Herausforderung von Familienunternehmen und Unternehmerfamilien gründet darin, dass Familien beziehungs- und damit personenorientiert sind, während das Unternehmen sach- und damit funktionsorientiert ist. Beide Orientierungen sind in sich logisch und rational, funktionieren jedoch nach ihren eigenen Spielregeln und geben den einzelnen Mitgliedern eigene Rollen, Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortungsbereiche. Diese Doppelrolle haben also alle inne (z. B. Mutter und Betriebsleiterin).
Wenn man sich nun der unterschiedlichen Spielregeln und Rollen nicht bewusst ist oder diese vermischt oder unbemerkt zwischen ihnen wechselt, führt dies zu Irritationen und Verwirrung bei den Beteiligten. Alle sind unsicher, aus welcher Rolle, mit welcher Erwartung, welchen Kompetenzen und Verantwortlichkeiten man miteinander spricht und verhandelt. Weil diese Rollenvermischungen meistens unbewusst ablaufen, können sie nicht gelöst werden und münden in Rollenkonflikte, Zuschreibung von schwierigen Charaktereigenschaften, Machtkämpfe und Blockaden. Entscheidungen sind dann nicht mehr möglich.
Erwartungen, Kränkungen, Emotionen
Ein Generationenwechsel ist besonders herausfordernd. Einerseits, weil damit so viel Gefühl und Geld verbunden sind, andererseits, weil gute Lösungen Zeit brauchen: Es geht ums Übergeben und Übernehmen eines Lebenswerkes, mit dem sich alle anders identifizieren. Darum ist es für alle gleichzeitig ein persönlicher und geschäftlicher Prozess. Der finanzielle Druck, das Wohnen unter einem Dach und die starke Bindung an Land und Hof erschweren den Prozess. Da hilft nur eines: «Me muess rede mitenang.» Das braucht Mut, eine offene Kommunikation und robuste Regeln in der Familie wie auch im Betrieb.
Es ist möglich, bestehende Muster aufzubrechen.
Unausgesprochene Erwartungen und Kränkungen können sorgfältig erarbeitete Nachfolgelösungen hintertreiben. Auch nach der Übergabe stören diese unterschwelligen Emotionen eine gute Arbeitsteilung in der Partnerschaft der Hofnachfolgerin oder des Hofnachfolgers, zwischen den Generationen oder die Beziehung zwischen den Geschwistern.
Selbstklärung aller Beteiligten
Unentschiedenheit oder Zwiespältigkeit auf beiden Seiten der übergebenden oder der übernehmenden Generation sind normal. Neben den Informationen über die unternehmerischen Fakten braucht es Motivation, Mut, Kompetenz, Vertrauen und ein klares Ja oder Nein. Dafür muss man bereit sein, sich mit den eigenen Ängsten, Unsicherheiten und Erwartungen auseinanderzusetzen. Manchmal spielen diese von beiden Seiten auch unbewusst zusammen und beeinträchtigen so unbemerkt die objektive Einschätzung der eigenen Kompetenz und die Bereitschaft zur Nachfolge.
Aufgaben und Kompetenzen klären
Mit einem neuen Chef oder einer neuen Chefin verändert sich der Betrieb. Das wirkt sich auch auf die zurückgetretene Generation, auf Mitarbeitende, Vertragspartnerinnen, Kunden und am Betrieb nicht beteiligte Familienmitglieder aus. Nur wenn sich die abtretende Generation hinter die Nachfolge stellt, kann der Übergabeprozess gelingen. Trotzdem klappt dies nicht immer in der ersten Runde. Ein häufiger Grund ist etwa, wenn Aufgaben und Kompetenzen unklar geblieben sind. So kann es beispielsweise sein, dass der jüngeren Generation die Notwendigkeit zeitgemässer Sicherheitsvorschriften ein Anliegen ist, die ältere Generation jedoch an riskanteren Arbeitsweisen festhält, weil sie diese als hinderlich für die Effizienz hält. Offene Fragen und Erwartungen anzusprechen und zu klären, ist ein Wagnis, welches sich dem Betrieb und der Familie zuliebe jedoch lohnt. Es geht darum, alle Beteiligten an den runden Tisch zu bringen, die Situation von allen Seiten zu beleuchten und ein gemeinsames Vorgehen zu planen.
Aufbrechen von Mustern
Die Familie ist und bleibt ein komplexes und zerbrechliches Gebilde mit scheinbar unbeweglichen, sich wiederholenden Kommunikations- und Konfliktmustern. Es ist jedoch möglich, bestehende Muster aufzubrechen und langsam in Bewegung zu bringen. Dazu bedarf es der Neugier und der Frage, was da eigentlich gerade mit einem geschieht, bevor man blind reagiert und sich hilflos von der wohlbekannten dramatischen Dynamik erfassen lässt.
Unser Tipp
Acht Empfehlungen für die tägliche Kleinarbeit
- Schmieden Sie das Eisen erst, wenn es kalt ist;
- Versuchen Sie das Problem vom Menschen zu trennen;
- Werden Sie sich klar, in welcher Rolle (Betrieb oder Familie) Sie ein Anliegen haben;
- Unterstellen Sie der anderen Seite immer (auch) gute Absichten;
- Hören Sie genau zu, fragen Sie nach und lassen Sie sich überraschen von den Ideen und Wünschen Ihres Gegenübers;
- Akzeptieren Sie, dass es tatsächlich mehrere Gerechtigkeiten gibt;
- Halten Sie fünf Sekunden inne, bevor Sie antworten;
- Atmen Sie tief durch, bevor Sie antworten.
Runder Tisch
Trotz intensiver Kleinarbeit kann eine Konfliktdynamik dramatisch werden. Am besten packt man dann den Stier bei den Hörnern und holt sich professionelle Unterstützung. Mitunter besteht aber auch der Wunsch nach einer stimmigen Nachfolgeplanung oder es geht darum, die Arbeitsorganisation sowie Zuständigkeiten und Kompetenzen in ihrem Familienbetrieb gemeinsam an einem runden Tisch zu verhandeln. Eine Mediation ist weder Beratung noch Therapie, sondern ein runder Tisch, an dem alle zu Wort kommen. www.hofkonflikt.ch
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