Ganz am Anfang eines Projekts steht immer die Analyse der geografischen Lokalisation. Es ist wichtig, verschiedene Wettersituationen in Betracht zu ziehen und die Orientierung des Gebäudes entsprechend zu wählen. Der Stall soll weder zu Bisezeiten zum Windkanal noch im Sommer zum Backofen werden.
Ist einmal der Grundriss gesetzt, so müssen die Arbeitsabläufe im Stall mit in die Planung einfliessen. Unnötige Wege sollen vermieden werden. Tiere, welche eine häufige Beobachtung benötigen – wie neugeborene Kälber, Kühe um die Abkalbung oder kranke Tiere –, werden idealerweise an Orten aufgestallt, wo man sowieso häufig vorbeikommt.
Eine Wellnessoase für frischgekalbte Tiere
Es lohnt sich, um die Abkalbung alles richtig zu machen. Allfällige Probleme wirken sich bis weit in die Laktation hinein aus. Ideal ist eine geräumige Abkalbebox mit sauberer, trockener Tiefstreu ohne rutschige Laufflächen oder Absätze. Futter und Wasser müssen so günstig platziert sein, dass auch eine Kuh, die noch etwas unsicher auf den Beinen ist, ohne zu zögern fressen und trinken kann. Es sollte die Möglichkeit gegeben sein, das Tier schnell und unfallfrei für Behandlungen zu fixieren. Auch der Weg zum Melken sollte einfach zu bewältigen sein, eine Melkmöglichkeit in der Abkalbebox ist ein grosses Plus. Besonders Erstkalbinnen profitieren enorm, können sie sich doch in geschütztem Rahmen von der Geburt erholen.
Rindertypische Eigenschaften respektieren
Rinderklauen sind an weiche Böden angepasst, das dauernde Stehen auf Betonböden kann sie überlasten. Diese Situation kann durch den Einsatz von Gummimatten an Orten, wo Kühe lange stehen, wie im Wartebereich, entschärft werden. Bei der Konzeption der Laufgänge soll darauf geachtet werden, keine Sackgassen zu konstruieren und an neuralgischen Punkten wie vor der Fressachse, dem Tränkebecken und vor dem Roboter viel Platz zu lassen. Kühe sind vorsichtige Tiere. Müssen sie Angst haben, sich an einen Ort zu bewegen, werden sie es weniger häufig tun. Diese Tiere werden zu wenig fressen, zu wenig trinken und folglich auch weniger Milch geben.
Die Liegebox der Kuh anpassen
Wie lang ist eine liegende Kuh? Um eine gute Liegebox zu bauen, muss man diese Zahl kennen. Eine Kuh wird sich nicht ausreichend hinlegen, wenn ihre Box zu klein ist oder sie schlecht wieder aufstehen kann. Ist der Liegeplatz optimal, liegt eine Kuh etwa 14 Stunden pro Tag, bei schlechten Verhältnissen verkürzt sich diese Dauer auf rund 9 Stunden. Pro verlorene Stunde Liegezeit geht auch ein Liter Milchleistung verloren.
Die Kuh liegt länger in einer angepassten Liegebox.
Zurück zu den Zahlen: Eine Holsteinkuh misst etwa 200 cm von Schwanzansatz bis zum gebogenen Vorderbein. Mit dem Kopf kommen noch 70 cm dazu und zum Aufstehen, dort, wo sie den Kopf nach vorne schwingt, braucht sie weitere 75 cm. Dies ist die richtige Länge für wandständige Liegeboxen. Für gegenständige Boxenreihen kann der Schwungraum geteilt und entsprechend reduziert werden. Die ausreichende Kopffreiheit hat auch zur Folge, dass die Kühe sich gerade hinlegen und weniger in die Boxen koten. Das schräge Liegen ist eine Strategie der Kuh, mehr Platz zum Aufstehen zu gewinnen.
Unser Tipp
Damit es den Kühen gut geht
- Das Gebäude nach den vorherrschenden Winden ausrichten
- Stallbau an den Bedürfnissen der Tiere orientieren
- Arbeitsabläufe im Stall mit in die Planung einfliessen lassen
- Abkalbebox geräumig und ohne rutschige Laufflächen oder Absätze planen
- Gänge grosszügig und ohne Sackgassen anlegen
- Orte, wo Kühe lange stehen, mit Gummimatten versehen
- Liegeboxen mit genügend Schwungraum planen.
Die passende Einstreu finden
Die Haltung auf Tiefstreu ohne Boxen kommt dem natürlichen Ruheverhalten der Rinder am nächsten. Das ist sehr komfortabel und auch in der Konstruktion günstiger, der Unterhalt ist jedoch aufwendig. Für eine hygienische Oberfläche darf nicht mit Stroh gespart werden.
Punkto Kuhkomfort sind Tiefboxen mit Einstreu zu bevorzugen. Sand ist sehr hygienisch und kommt dadurch auf Platz eins aus tierärztlicher Sicht. Auch Kalk-Stroh-Matratzen sind bei gutem Unterhalt sehr komfortabel und hygienisch. Bei Kompost, Strohpellets, Sägespänen und Festmist ist es besonders wichtig, auf eine gute Ventilation im Stall zu achten, da diese Materialien bei Feuchtigkeit einen guten Nährboden für die Vermehrung von Bakterien bieten.
Die Kühe fragen
Dieser Artikel ist lange nicht abschliessend. Die erwähnten Beispiele sollen dazu anregen, sich beim Stallbau an den Bedürfnissen der Tiere zu orientieren. Bauen für gesunde Kühe macht nicht nur den Kühen Freude, es zahlt sich auch aus. Mit einem gut durchdachten Stallgebäude können effektiv Krankheiten vorgebeugt, die Lebensdauer verlängert und die Leistungsfähigkeit verbessert werden. Und schlussendlich: Geht es den Tieren gut, so macht auch die Arbeit mit ihnen mehr Freude.
Zur Autorin
Die Tierärztin Lara Moser ist in einer Tierarztpraxis in Develier-Dessus (JU) tätig. Seit einem Jahr ist Lara Moser anerkannte Ausbildnerin für die Methode «Kuhsignale» (Cow Signals) und bietet Workshops zum Thema «Auswirkungen von Gebäuden auf Tiere» auf Deutsch und Französisch an. Adresse: lara.moser@rgs-ntgs.ch