Quer gelesen
- Die Trächtigkeitstoxikose ist nach wie vor eine bedeutende Stoffwechselerkrankung in der Schafhaltung.
- Die Energieversorgung muss vor dem Ablammen an die Körperkondition der Auen angepasst sein.
- Spätestens einen Monat vor dem Ablammen sollten die Auen dieselbe Ration wie zu Laktationsbeginn erhalten.
Wer Schafe hält, weiss, dass nur eine gesunde Aue mit einer ansprechenden Milchleistung frohwüchsige Lämmer säugen kann. Um die Auen zu Beginn der Säugezeit möglichst gut zu unterstützen, muss die Fütterung in den letzten zwei Trächtigkeitsmonaten genau angeschaut werden. Nach wie vor ist die Trächtigkeitstoxikose eine der grossen Herausforderungen. Diese Stoffwechselkrankheit gilt es zu vermeiden, denn nur so bleiben Lämmer und Aue gesund.
Bei Trächtigkeitstoxikose schnell sein
Die Trächtigkeitstoxikose ist eine verbreitete Stoffwechselerkrankung und tritt besonders oft bei Schafen, aber auch bei Ziegen auf. Grundsätzlich kann die Trächtigkeitstoxikose mit der Ketose verglichen werden. Im Unterschied zum Milchvieh tritt diese Form jedoch bereits während der Trächtigkeit und nicht wie beim Milchvieh zu Laktationsbeginn auf. Betroffen sind vor allem ältere Tiere oder Tiere mit Mehrlingsträchtigkeiten.
Im französisch- und englischsprachigen Raum wird die Krankheit auch «Zwillings-lämmer-Krankheit» genannt. Aufgrund einer unzureichenden Energieversorgung vor dem Ablammen beginnt die Aue Körperfettreserven abzubauen, um den Energiebedarf zu decken. Der übermässige Fettabbau führt dazu, dass die Leber der Auen die freien Fettsäuren nicht in Glukose umwanden kann und stattdessen Ketonkörper produziert. Diese belasten schlussendlich den Stoffwechsel, wie auch das Nervensystem. Weiter baut die Leber die freien Fettsäuren zu Triglyceriden um und speichert diese. Diese Einlagerung führt zu einer Fettleber, was die Lebergesundheit stark verringert und somit den Energiestoffwechsel und die Bildung von Glukose weiter einschränkt.
Der Energiemangel kann diverse Ursachen haben, welche die Situation in Kombination zusätzlich verschlimmern. Zum einen wachsen die Föten der Lämmer im letzten Trächtigkeitsmonat am stärksten und benötigen entsprechend Energie für das Wachstum. Bedingt durch das Wachstum der Föten nimmt das Pansenvolumen drastisch ab. Ab dem fünften Trächtigkeitsmonat stehen der Aue, je nach Anzahl Lämmer, nur noch rund 50 Prozent des Pansenvolumens zur Verfügung, was den Verzehr und somit die Nährstoffgewinnung aus dem Futter reduziert. Zum anderen steht die Futterqualität im Fokus, denn mit nährstoffarmem Raufutter kann der erhöhte Bedarf ebenfalls nicht gedeckt werden. Tritt Trächtigkeitstoxikose auf, so sind ohne schnelle Behandlung Sterblichkeitsraten von 90 Prozent bei den Auen zu erwarten. Die Behandlung eines klinischen Falls führt nicht immer zum erhofften Resultat.
Risikofaktoren minimieren
Um Trächtigkeitstoxikose vorzubeugen, gilt es allgemeine Risikofaktoren zu minimieren. Dazu gehört beispielsweise eine gute Klauengesundheit und Klauenpflege, damit der Verzehr hoch bleibt und die Tiere sowohl auf der Weide wie auch im Stall viel stehen und fressen können.
Weiter sollten die Auen im letzten Trächtigkeitsmonat nicht gestresst werden. Dazu zählt auch Witterungsstress. Bei nassem und kaltem Wetter steigt der Energiebedarf für die Erhaltung, was die Energiebilanz zusätzlich negativ beeinflusst. Weitere Stressfaktoren sind zum Beispiel Transport, Neugruppierung oder das Schären. Einen weiteren Einfluss auf das Vorkommen von Trächtigkeitstoxikose hat die Rasse. Besonders fruchtbare Rassen mit vielen Mehrlingsgeburten und hohen Geburtsgewichten stehen hier im Fokus. Weiter steigt die Gefahr mit zunehmendem Alter der Auen.
Früh vorbereiten
Bei der Prävention gegen Trächtigkeitstoxikose müssen die Fütterungsmassnahmen bereits früh in der Trächtigkeit ergriffen werden. Besonders die Körperkondition zu Beginn der Trächtigkeit muss beachtet werden. So sind Auen, welche bereits ab Mitte der Trächtigkeit viel Körperfettreserven aufgebaut haben, ebenfalls gefährdet, an der Stoffwechselkrankheit zu erkranken. Deshalb sollte die Energieversorgung der Auen bis rund fünf Wochen vor dem Ablammen moderat sein, um eine Verfettung zu verhindern.
Auen sollen im letzten Trächtigkeitsmonat nicht gestresst werden.
Die Energieversorgung richtet sich bestenfalls nach der Anzahl Lämmer. Wer die Möglichkeit hat, die Auen nach Anzahl Föten zu gruppieren, sollte diese sehr gezielte Massnahme wahrnehmen. Voraussetzung dazu ist aber eine präzise Bestimmung der Anzahl Föten mittels Ultraschalluntersuchung. In verschiedenen Studien wurde gezeigt, dass die Bestimmung der Anzahl Föten zwischen dem 45. und 90. Trächtigkeitstag am genausten ist. In diesem Zeitraum sind die Föten bereits gut entwickelt und die Gebärmutter ist noch nicht zu gross, um die Darstellung zu verfälschen. Wenn die Gruppen eingeteilt sind, lässt sich auch die Fütterung dem Bedarf entsprechend anpassen. So können Auen mit einem Fötus etwas zurückhaltender gefüttert werden. Diejenigen mit Mehrlingsträchtigkeiten sollten etwas intensiver gefüttert werden.
Unser Tipp
- Frühzeitige Vorbereitung Die Energieversorgung der Auen sollte bereits früh in der Trächtigkeit überprüft werden, um Verfettung zu vermeiden. Je nach Körperkondition muss die Energieversorgung gesteigert oder reduziert werden.
- Stress vermeiden Im letzten Trächtigkeitsmonat ist es wichtig, Stressfaktoren wie Transport, Scheren, Neugruppierungen und Witterungseinflüsse zu minimieren, um die Energiebilanz der Auen nicht negativ zu beeinflussen.
- Hochwertiges Grundfutter bereitstellen Spätestens vier Wochen vor dem Ablammen sollte die Fütterung nährstoffdichter gestaltet werden, wobei hochwertiges Grundfutter wie junges Heu, Gras- oder Maissilage bevorzugt wird. Ergänzungsfutter sollte in mehreren Portionen gegeben werden, um pH-Schwankungen im Pansen zu vermeiden.
- Ration auf Laktationsbeginn abstimmen Im letzten Trächtigkeitsmonat sollte die Ration bereits jener zu Laktationsbeginn entsprechen, um eine stressfreie Phase rund um das Ablammen zu gewährleisten und das Pansenmilieu stabil zu halten.
Schlussspurt nicht verpassen
Die korrekte Vorbereitung auf das Ablammen ist ein entscheidender Punkt für eine erfolgreiche Säugezeit und gesunde Lämmer. Wann die Intensität der Fütterung gesteigert wird, hängt vor allem von der Körperkondition der Auen ab.
Grundsätzlich sollte die Fütterung jedoch mindestens vier Wochen vor dem Ablammen nährstoffdichter gestaltet werden. In dieser Phase sollte nur das beste Grundfutter verfüttert werden. Ebenfalls wichtig ist, dass die Auen im letzten Trächtigkeitsmonat dieselbe Grundration wie zu Laktationsbeginn erhalten. So kann eine Fütterungsumstellung in der stressigen Phase rund um das Ablammen vermieden werden. Nebst der Vermeidung von Stress hat dies auch zum Vorteil, dass sich die Pansenmikroben nicht anpassen müssen. Nur bei einem stabilen Pansenmilieu ist die Futterverwertung und Energieversorgung am höchsten.
Im letzten Trächtigkeitsmonat sollte die Ration insgesamt mindestens 6,0 MJ NEL und 155 g / kg TS Rohprotein enthalten. Je nährstoffärmer das Grundfutter ist (z. B. altes Heu, Ökoheu), desto nährstoffdichter sollte das Ergänzungsfutter sein. Bei der Ergänzungsfütterung ist darauf zu achten, dass nicht zu grosse Gaben auf einmal verabreicht werden. Je grösser eine Portion Ergänzungsfutter ist, desto grösser ist auch der Einfluss auf den pH-Wert im Pansen und somit auch auf das Pansenmilieu. Diese pH-Schwankungen gilt es zu vermeiden, ansonsten sinken der Gesamtverzehr und die Futterverwertung.