Ist es HIS?
Immer wieder ist zu beobachten, dass die Abgangsrate im Mastschweinestall innert weniger Tagen massiv ansteigt. Bis anhin gesunde, schöne Mastschweine liegen tot in der Bucht, die Kadaver sind meistens blass und aufgetrieben.
In seltenen Fällen kann der Verlauf der Krankheit beobachtet werden: Auf Erbrechen, Blähung des Bauches, Wälzen ausgelöst durch heftigste Bauchschmerzen und leichten, unblutigen Durchfall folgt sehr schnell der Tod durch Kreislaufschock.
PET-Flaschen-Schnelltest für die Futterqualität
Eine PET-Flasche wird mit Futtersuppe gefüllt (aus der Futterleitung, im ersten Schritt möglichst tiernah) und mit Deckel oder mit einem aufgestülpten Luftballon verschlossen. Nach mindestens zwei Stunden bei Raumtemperatur wird die Flasche beurteilt: Ist die Flasche gebläht, respektive der Ballon aufgepumpt, muss unverzüglich eine Generalreinigung der Fütterungsanlage vorgenommen und/oder Konservierungsmittel eingesetzt werden.
Entstehung von HIS
Wenn in der Futtersuppe der pH-Wert durch Verderbnis zu hoch wird, vermehren sich Hefen und verdrängen die Milchsäurebakterien. Auch Coli- und Enterobakterien sowie Clostridium perfringens Typ A können sich bei höheren pH-Werten massiv vermehren und führen zusammen mit den gärenden Hefen zu einer Erweiterung des Magen-Darm-Traktes und zum typischen Sektionsbild:
• Einen ersten Hinweis auf HIS gibt der blasse Anschnitt eines grösseren Muskelpaketes.
• Das gesamte Paket von Dünn- und Dickdarm hat sich um deren Aufhängung, die vordere Gekrösewurzel, gedreht. Der Blutrückfluss insbesondere aus dem Dünndarm wird massiv behindert, so dass blutige Flüssigkeit in die Bauchhöhle austritt, und der dunkelrot verfärbte Darm stark erweitert, aufgegast und mit blutiger Flüssigkeit angefüllt vorgefunden wird. Das Schwein verblutet in den Darm und auch in die Bauchhöhle. Die Verdrehung der Gekrösewurzel kann beobachtet werden, wenn das Darmpaket angehoben wird. In etwa zehn Prozent der HIS-Fälle dreht sich das Darmpaket aber nach dem Tod des Tieres wieder zurück, aber auch dann ist das Bild typisch für HIS.
Risikofaktoren für HIS
• Verfütterung von gelagerter Schotte oder anderer Nebenprodukte aus der Lebensmittelverarbeitung (Kartoffelschäl-Abfälle etc.)
• Futterstruktur insgesamt zu fein oder grosse Unterschiede in der Struktur, die zur Entmischung bereits im Futtersilo führen.
• Nur zwei oder drei Mahlzeiten pro Tag, dadurch hastige Aufnahme von grossen Futtermengen aufs Mal, begleitet vom Abschlucken grosser Volumen Luft.
• Probleme mit der Fütterungshygiene, dadurch schnelle Vermehrung von Gärungskeimen (Hefe), Coli-Bakterien und Enterobakterien, die alleine kaum, aber in Kombination hochgefährlich sind.
Sobald die Diagnose HIS bestätigt ist, muss die Suche nach der Ursache erfolgen.
Fütterungshygiene und -technik
• Wird die korrekte Futterrezeptur von der Fütterungstechnik auch korrekt umgesetzt?
• Wird die Sauberkeit der Fütterungsanlage vom Futtersilo bis zum Trog und dessen Umgebung periodisch überprüft? Auch bei Trockenfütterung können Verschmutzungen vom Futtersilo bis zum Automaten vorkommen.
• Erfolgt die Reinigung der Fütterungsanlage nach einem anerkannten Hygienekonzept für Flüssigfütterungsanlagen?
• Wird der Petflaschen-Schnelltest (siehe Kasten)periodisch durchgeführt?
Wasserversorgung
• Sind genügend Tränkestellen vorhanden?
• Ist der Durchfluss genügend gross? (Mastschweine 1.5 Liter pro Minute).
• Sind die Tränkestellen hygienisch einwandfrei (z. B. Sauberkeit der Nippel).
Handeln ist gefragt
Sofortmassnahmen beim Auftreten von HIS gleichzeitig mit der Überprüfung von Futter, Fütterungstechnik und -hygiene.
Wasserversorgung sicherstellen.
Ballastfutter anbieten (Heu, Emd)
Keine abrupten Futterumstellungen.
Eventuell Futtermenge auf mehr tägliche Mahlzeiten verteilen.
Nächste Massnahmen:
• Eine auf den Betrieb abgestimmte Hygienestrategie muss konsequent und nach genauem Zeitplan durchgeführt werden.
• Die Fütterungssysteme nach Reinigung und Desinfektion mit Normalflora (käufliche Produkte, Joghurt) beimpfen.
• Stabilisierung der Futtersuppe mit Konservierungssäure (pH-Wert der Suppe ideal: 4.5 – 4.8).
Tierverluste durch HIS haben nicht nur grosse finanzielle Einbussen für den Schweinehalter zur Folge, sondern auch der Tierschutzaspekt ist zu berücksichtigen. Jeder vermiedene HIS-Fall erspart einem Schwein einen qualvollen Tod!
Beispiele aus der Praxis
Einige Beispiele von HIS-Einbrüchen aus der Praxis, die bei Problemen eventuell zu einem AHA-Erlebnis führen könnten:
• Ein Abgang der Futterleitung zum Trog wird aufgeschraubt; eine Alkoholfahne belegt vor dem Blick in die Leitung eine massive Hefegärung.
• Ein Tank mit flüssigen Kartoffelschäl-Abfällen weist eine schimmlige, übel riechende Oberfläche auf. Die schöne Herbstsonne hatte den schwarzen Tank aufgewärmt.
• Bei einem Breifutter-Automaten läuft aus dem Abflussloch für überschüssiges Wasser ein Brei, der sich ausserhalb der Futterschale sammelt und der normalen Reinigung nicht zugänglich ist, den neugierigen Zungen der Schweine aber schon.
• Der Tankanhänger mit Schotte hat auf dem Weg von der Alpkäserei zum Mastschweinestall im Tal einen Plattfuss und steht den Tag über an der heissen Augustsonne. Die Schotte wird trotzdem gefüttert, am nächsten Tag sind sieben von sechzig Mastschweinen tot.
• Die Wasserversorgung in einem Vormaststall ist absolut ungenügend: Neben dem spärlichen Wasserangebot im Breifutterautomat ist für 25 Schweine nur ein Tränkenippel vorhanden; Durchfluss 0.8 Liter pro Minute statt 1.5 Liter.
• Trockenfütterung: Der neue Wassernippel befindet sich direkt über der nicht entfernten Schale der bisherigen Tränke. In der Schale stinkt ein Brei aus Wasser (vom Nippel) und Futter (aus den Mäulern der trinkenden Schweine).
Die Beispielfälle im Kästchen waren allesamt leicht zu klären, und das Auftreten von HIS konnte mit geringem Aufwand eingedämmt werden. In der Mehrzahl der HIS-Probleme erschweren Kombinationen von oft versteckten Risikofaktoren die Problemfindung und das Beheben der Ursachen!
AutorJürg Reichert, SGD Büro Zürich-Ostschweiz